I. Wahrnehmung eines Termins

 

Rz. 5

Die reduzierte Terminsgebühr nach VV 3105 setzt – ebenso wie die volle Terminsgebühr nach VV 3104 – zunächst voraus, dass der Anwalt einen Termin wahrnimmt. Gemeint ist damit ein Termin zur mündlichen Verhandlung, denn es muss bei Säumnis des Gegners ein Antrag auf Versäumnisurteil gestellt werden können. Insofern kommt bei Wahrnehmung eines Sachverständigentermins oder eines Besprechungstermins die Gebührenreduzierung nach VV 3105 nicht in Betracht.[4] Hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals "Wahrnehmung" bestehen im Übrigen keine Besonderheiten gegenüber der Vorschrift des VV 3104, so dass auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden kann.

 

Rz. 6

Gibt der Rechtsanwalt einer Partei im Termin zwar keine Erklärungen ab, ist er aber ebenso wie die andere Partei oder der andere Prozessbevollmächtigte vertretungsbereit anwesend, entsteht für beide Rechtsanwälte eine volle 1,2-Terminsgebühr nach VV 3104 (siehe Rdn 9). Die reine Anwesenheit beider Prozessbevollmächtigten im Termin ohne Abgabe irgendwelcher Erklärungen reicht für das Entstehen der vollen Terminsgebühr aus, und zwar auch dann, wenn trotz der Anwesenheit des vertretungsbereiten Prozessbevollmächtigten einer Partei gegen diese ein Versäumnisurteil ergeht. Die Reduzierung der Terminsgebühr von 1,2 auf 0,5 beruht nämlich nicht nur auf der verminderten Tätigkeit des Anwalts im Termin, sondern ebenso auf der Säumnis des Gegners. Dies ist bei der Abgrenzung zwischen VV 3104 und VV 3105 zu beachten: Sind beide Anwälte im Termin vertretungsbereit anwesend, kommt es für die Entstehung der vollen Terminsgebühr in Höhe von 1,2 nicht mehr darauf an, ob überhaupt und welche Anträge gestellt werden. Ist dagegen eine Partei selbst oder im Anwaltsprozess ihr Rechtsanwalt nicht anwesend und ergeht deswegen gegen sie antragsgemäß ein Versäumnisurteil, so erhält der Prozessbevollmächtigte der anderen Partei nur eine reduzierte 0,5-Terminsgebühr nach VV 3105.

 

Rz. 7

Der Ermäßigungstatbestand von VV 3105 findet auch dann keine Anwendung, wenn der Anwalt nach Säumnis der Gegenseite im ersten Termin auch an einem zweiten Termin teilnimmt. Aus dem Wortlaut von VV 3105 – "Wahrnehmung nur eines Termins" – folgt, dass diese Ausnahmeregelung nicht gilt, wenn der Anwalt an mehreren Terminen teilgenommen hat. Dem steht auch nicht entgegen, dass mit der verminderten Terminsgebühr dem in der Regel verminderten Aufwand des Anwalts Rechnung getragen werden soll, da die Vorbereitung und Präsenz in einem zweiten Termin zur mündlichen Verhandlung deutlich den von VV 3105 jedenfalls typischerweise unterstellten Arbeitsaufwand des Anwalts übersteigt.[5] (siehe Rdn 20).

[4] Riedel/Sußbauer/Ahlmann, RVG, VV 3105 Rn 2; a.A. Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, VV 3105 Rn 5.
[5] BGH 7.6.2006 – VIII ZB 108/05; vgl. auch BGH 26.9.2006 – XI ZB 19/06; BGH 18.7.2006 – XI ZB 41/05.

II. Eine Partei erscheint nicht oder ist nicht ordnungsgemäß vertreten

 

Rz. 8

Nach VV 3105 kommt eine Reduzierung der 1,2-Terminsgebühr auf eine 0,5-Terminsgebühr in personeller Hinsicht nur dann in Betracht, wenn ein Termin stattgefunden hat, in dem

entweder eine Partei nicht erschienen oder
eine Partei nicht ordnungsgemäß vertreten ist.
 

Rz. 9

Im Umkehrschluss bedeutet dies für die Terminsgebühr:

Sind im Anwaltsprozess beide Parteien selbst zwar nicht erschienen, jedoch anwaltlich vertreten, d.h. ihre Rechtsanwälte anwesend, steht beiden Rechtsanwälten die volle 1,2-Terminsgebühr zu, auch wenn ein Versäumnisurteil ergeht. Auf eine Erörterung oder Verhandlung kann hier nicht abgestellt werden, da das Gesetz diese Tätigkeiten zur Entstehung der 1,2-Terminsgebühr nicht verlangt.[6] Sind im Anwaltsprozess beide Parteien anwaltlich vertreten, erscheint aber im Termin eine Partei ohne ihren Anwalt, kann für den Prozessbevollmächtigten der anderen Partei – vorbehaltlich der sonstigen Voraussetzung nach VV 3105 – nur eine reduzierte 0,5-Terminsgebühr nach VV 3105 entstehen, da der Gegner nicht ordnungsgemäß vertreten ist. Das bloße Erscheinen der Partei ist verfahrensrechtlich unbeachtlich. Dies gilt auch dann, wenn im Termin mit der Partei die Vorschrift des § 78 ZPO erörtert wird. Denn dies ist lediglich der gerichtliche Hinweis an die ohne Anwalt erschienene Partei, dass sie als säumig zu behandeln ist.[7] Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn das Gericht in einem solchen Fall mit dem erschienenen Anwalt die schriftsätzlich angekündigten Sachanträge oder die Zulässigkeit der Klage erörtert oder der Prozessbevollmächtigte mit der persönlich anwesenden Partei Möglichkeiten einer einvernehmlichen Regelung bespricht.[8] Denn in diesem Fall hat der anwesende Prozessbevollmächtigte mehr getan, als lediglich einen Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils oder zur Prozess-, Verfahrens- oder Sachleitung gestellt.

 

Rz. 10

Sind im Parteiprozess beide Parteien anwaltlich vertreten und erscheinen beide Prozessbevollmächtigte, entsteht regelmäßig eine volle 1,2-Terminsgebühr nach VV 3104, und zwar auch dann, wenn später nur ein Versäumnisurteil ergeht.[9] Ist im Parteiprozess nur eine Partei anwaltlich vertret...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge