Rz. 8

Nach VV 3105 kommt eine Reduzierung der 1,2-Terminsgebühr auf eine 0,5-Terminsgebühr in personeller Hinsicht nur dann in Betracht, wenn ein Termin stattgefunden hat, in dem

entweder eine Partei nicht erschienen oder
eine Partei nicht ordnungsgemäß vertreten ist.
 

Rz. 9

Im Umkehrschluss bedeutet dies für die Terminsgebühr:

Sind im Anwaltsprozess beide Parteien selbst zwar nicht erschienen, jedoch anwaltlich vertreten, d.h. ihre Rechtsanwälte anwesend, steht beiden Rechtsanwälten die volle 1,2-Terminsgebühr zu, auch wenn ein Versäumnisurteil ergeht. Auf eine Erörterung oder Verhandlung kann hier nicht abgestellt werden, da das Gesetz diese Tätigkeiten zur Entstehung der 1,2-Terminsgebühr nicht verlangt.[6] Sind im Anwaltsprozess beide Parteien anwaltlich vertreten, erscheint aber im Termin eine Partei ohne ihren Anwalt, kann für den Prozessbevollmächtigten der anderen Partei – vorbehaltlich der sonstigen Voraussetzung nach VV 3105 – nur eine reduzierte 0,5-Terminsgebühr nach VV 3105 entstehen, da der Gegner nicht ordnungsgemäß vertreten ist. Das bloße Erscheinen der Partei ist verfahrensrechtlich unbeachtlich. Dies gilt auch dann, wenn im Termin mit der Partei die Vorschrift des § 78 ZPO erörtert wird. Denn dies ist lediglich der gerichtliche Hinweis an die ohne Anwalt erschienene Partei, dass sie als säumig zu behandeln ist.[7] Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn das Gericht in einem solchen Fall mit dem erschienenen Anwalt die schriftsätzlich angekündigten Sachanträge oder die Zulässigkeit der Klage erörtert oder der Prozessbevollmächtigte mit der persönlich anwesenden Partei Möglichkeiten einer einvernehmlichen Regelung bespricht.[8] Denn in diesem Fall hat der anwesende Prozessbevollmächtigte mehr getan, als lediglich einen Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils oder zur Prozess-, Verfahrens- oder Sachleitung gestellt.

 

Rz. 10

Sind im Parteiprozess beide Parteien anwaltlich vertreten und erscheinen beide Prozessbevollmächtigte, entsteht regelmäßig eine volle 1,2-Terminsgebühr nach VV 3104, und zwar auch dann, wenn später nur ein Versäumnisurteil ergeht.[9] Ist im Parteiprozess nur eine Partei anwaltlich vertreten und erscheinen im Termin sowohl für die eine Partei deren Rechtsanwalt als auch die andere Partei persönlich, verdient der erschienene Rechtsanwalt eine volle 1,2-Terminsgebühr nach VV 3104, auch wenn ein Versäumnisurteil ergeht.

 

Rz. 11

Der Gesetzgeber geht dabei davon aus, dass bei gleichzeitiger Anwesenheit bzw. Vertretung beider Parteien in dem Termin in der Regel ein Mehr an Tätigkeit erfolgt, so dass die Reduzierung nur gerechtfertigt ist, wenn die gegnerische Partei nicht erschienen oder nicht ordnungsgemäß vertreten ist. Dadurch soll sichergestellt werden, dass in den Fällen, in denen im Termin trotz Erlass eines Versäumnisurteils verhandelt bzw. erörtert werden konnte, weil die Parteien erschienen oder ordnungsgemäß vertreten waren, nicht nur die verminderte Terminsgebühr nach VV 3105 anfällt.[10]

 

Rz. 12

Die Reduzierung der Terminsgebühr findet also gemäß VV 3105 nur statt,

im Parteiprozess: wenn eine Partei nicht anwaltlich vertreten ist und im Termin auch selbst nicht erscheint,
im Anwaltsprozess: wenn eine – auch evtl. persönlich anwesende – Partei im Termin durch ihren Anwalt nicht vertreten wird, dieser also nicht anwesend ist,

und jeweils zusätzlich

lediglich ein Antrag auf Versäumnisurteil oder zur Prozess-, Verfahrens- oder Sachleitung gestellt wird.

In allen übrigen Fällen steht dem anwesenden Rechtsanwalt eine volle 1,2-Terminsgebühr gemäß VV 3104 zu.

[6] BT-Drucks 15/1971, S. 213 zu VV 3105; LG Gera 15.5.2020 – 6 O 581/17, Rn 68.
[7] OLG Köln 19.12.2006 – 17 W 265/06, AGS 2007, 238; OLG Köln 7.12.2005 – 17 W 263/05, AGS 2006, 277 m. Anm. Schons.
[9] LG Gera 15.5.2020 – 6 O 581/17, Rn 68.
[10] BT-Drucks 15/1971, S. 212 zu VV 3105.

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