1. Überblick

 

Rz. 327

Bei Klageänderungen muss danach unterschieden werden, ob wirtschaftlich ein neuer selbstständiger Gegenstand eingeführt wird und sich damit der Gegenstandswert erhöht oder ob sich der Gegenstand wirtschaftlich betrachtet nicht ändert und damit keine Werterhöhung eintritt.

2. Übergang von Herausgabe zum Schadensersatz

 

Rz. 328

Wird von einer Herausgabe- zur Schadensersatzklage übergegangen, liegt zwar nach § 264 Nr. 3 ZPO keine Klageänderung vor. Es ändert sich jedoch der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit.

 

Beispiel: Der Kläger klagt auf Herausgabe eines Pkw im Wert von 7.000 EUR. Als sich im Berufungsverfahren herausstellt, dass der Pkw untergegangen ist, stellt er die Klage auf Schadensersatz i.H.v. 7.000 EUR um. Das Berufungsgericht verweist die Sache zurück.

Die Änderung des Gegenstands hat keine Wertänderung gebracht, da wirtschaftliche Identität besteht. Die Gebühren nach Zurückverweisung berechnen sich aus dem Wert von 7.000 EUR. Die Verfahrensgebühr entsteht nicht erneut.

 

Rz. 329

Eine Änderung tritt jedoch ein, wenn gleichzeitig die Klage erweitert wird.

 

Beispiel: Der Kläger stellt die Klage im Berufungsverfahren auf Schadensersatz i.H.v. insgesamt 8.000 EUR um (7.000 EUR Fahrzeugwert plus 1.000 EUR Nebenkosten für Überführung, Zulassung etc.). Das Berufungsgericht verweist die Sache zurück.

Die Gebühren des Ausgangsverfahrens berechnen sich aus 7.000 EUR, die des Verfahrens nach Zurückverweisung aus 8.000 EUR. Die Verfahrensgebühr wird nur nach 7.000 EUR angerechnet.

I. Ausgangsverfahren (Wert: 7.000 EUR)

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100   579,80 EUR
2. 1,2-Terminsgebühr, VV 3104   535,20 EUR
3. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.135,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   215,65 EUR
Gesamt   1.350,65 EUR

II. Verfahren nach Zurückverweisung (Wert: 8.000 EUR)

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100   652,60 EUR
2. gem. VV Vorb. 3 Abs. 6 anzurechnen, 1,3 aus 7.000 EUR   – 579,80 EUR
3. 1,2-Terminsgebühr, VV 3104   602,40 EUR
4. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 695,20 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   132,09 EUR
Gesamt   827,29 EUR

3. Übergang von Feststellungsklage zur Leistungsklage

 

Rz. 330

Geht der Kläger von einer Feststellungsklage zu einer Leistungsklage über, so ist ebenfalls nur nach dem geringeren Wert anzurechnen.

 

Beispiel: Der Kläger klagt auf Feststellung, dass ihm ein Pflichtteilsanspruch i.H.v. einem Viertel des Nachlasses zustehe. Das Gericht setzt den Streitwert auf 40.000 EUR fest – ausgehend von einem geschätzten Wert des Pflichtteils i.H.v. 50.000 EUR und einem Feststellungsabschlag von 20 %. Gegen das abweisende Urteil legt der Kläger Berufung ein, worauf das Berufungsgericht die Sache zurückverweist. Nunmehr geht der Kläger zur Leistungsklage über und verlangt die Zahlung von 50.000 EUR; es wird erneut verhandelt.

I. Ausgangsverfahren (Wert: 40.000 EUR)

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100   1.452,10 EUR
2. 1,2-Terminsgebühr, VV 3104   1.340,40 EUR
3. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 2.812,50 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   534,38 EUR
Gesamt   3.346,88 EUR

II. Verfahren nach Zurückverweisung (Wert: 50.000 EUR)

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100   1.662,70 EUR
2. gem. VV Vorb. 3 Abs. 6 anzurechnen, 1,3 aus 40.000 EUR   – 1.452,10 EUR
3. 1,2-Terminsgebühr, VV 3104   1.534,80 EUR
4. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.765,40 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   335,43 EUR
Gesamt   2.100,83 EUR

4. Austausch von Klagepositionen

 

Rz. 331

Wechselt der Kläger den Streitgegenstand aus, so ist nur teilweise anzurechnen, und zwar auch dann, wenn sich der Verfahrensstreitwert nicht ändert.

 

Beispiel: Der Kläger klagt auf Zahlung der Mieten für die Monate Januar und Februar i.H.v. jeweils 1.000 EUR. Im Berufungsverfahren ändert er die Klage und verlangt anstelle der Januarmiete die Miete für den Monat März i.H.v. ebenfalls 1.000 EUR.

Der Gegenstandswert des Ausgangsverfahrens beläuft sich auf 2.000 EUR; der Wert im Berufungsverfahren beläuft sich auf 3.000 EUR (vgl. § 22 Rdn 14). Im Verfahren nach Zurückverweisung beläuft sich der Wert wiederum auf 2.000 EUR. Allerdings liegt dem Verfahren zum Teil ein anderer Streitgegenstand zugrunde als dem Ausgangsverfahren. Der Anwalt erhält hier daher sowohl für das Verfahren vor Zurückverweisung als auch für das Verfahren nach Zurückverweisung die Vergütung aus 2.000 EUR. Hinsichtlich der Verfahrensgebühr findet eine Anrechnung allerdings nur nach einem Wert von 1.000 EUR statt, da nur hinsichtlich der Februarmiete eine Zurückverweisung vorliegt.

I. Ausgangsverfahren (Wert: 2.000 EUR)

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100   215,80 EUR
2. 1,2-Terminsgebühr, VV 3104   199,20 EUR
3. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 435,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   82,65 EUR
Gesamt   517,65 EUR

II. Verfahren nach Zurückverweisung (Wert: 2.000 EUR)

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100   215,80 EUR
2. gem. VV Vorb. 3 Abs. 6 anzurechnen, 1,3 aus 1.000 EUR   – 114,40 EUR
3. 1,2-Terminsgebühr, VV 3104   199,20 EUR
4. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 320,60 EUR  
5. ...

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