1. Vertretung im Gerichtstermin

a) Bloße passive Anwesenheit

 

Rz. 105

Nach Abs. 3, 1. Var. entsteht die Terminsgebühr für die Wahrnehmung von gerichtlichen Terminen, mit Ausnahme von bloßen Verkündungsterminen. Voraussetzung für die Entstehung einer Terminsgebühr ist also zunächst, dass der Anwalt den Termin für seinen Mandanten wahrnimmt. Dies setzt voraus, dass er sich aktiv an der gerichtlichen Verhandlung beteiligt. Für seine bloße passive Anwesenheit erhält er dagegen keine Terminsgebühr. Von einer solchen nur passiven Anwesenheit wird man z.B. immer dann sprechen können, wenn der Rechtsanwalt zwar bei Aufruf der Sache[117] im Gerichtssaal anwesend ist, jedoch nicht die Absicht hat, sich an dem Termin zu beteiligen.[118] Denkbar ist diese Konstellation etwa dann, wenn der Rechtsanwalt seinem Mandanten zuvor mitgeteilt hat, dass er den Termin z.B. wegen rückständiger Gebühren nicht wahrzunehmen gedenke oder dem Gericht nur seine Mandatsniederlegung mitteilt. Eine passive Anwesenheit liegt auch dann vor, wenn der Rechtsanwalt im Gerichtssaal ist, ihm jedoch wegen fehlender Aufmerksamkeit entgeht, dass es sich bei der aufgerufenen Sache um das von ihm vertretene Mandat handelt. Keine Terminsgebühr entsteht auch dann, wenn der Anwalt zwar zur Terminsstunde bei Gericht erschienen ist, auf die Mitteilung, dass der Termin sich verzögern werde, das Gericht aber wieder verlassen hat.[119]

 

Rz. 106

Grundsätzlich wird man davon ausgehen können, dass eine die Terminsgebühr auslösende Wahrnehmung erst dann anzunehmen ist, wenn das Protokoll der Verhandlung – sofern ein solches geführt wird – den Rechtsanwalt als anwesend bezeichnet. In der Praxis wird man zur Vermeidung von Schwierigkeiten zum einen darauf zu achten haben, dass ein solches Protokoll geführt wird, auch wenn dies im Einzelfall nicht vorgeschrieben ist. Zum anderen sollte der Rechtsanwalt Wert darauf legen, dass seine Anwesenheit und Teilnahme in dem Protokoll korrekt vermerkt werden.

[117] OLG Stuttgart AGS 2005, 256 = JurBüro 2005, 303: Wird der Termin nicht mehr aufgerufen, weil die Parteien sich bereits in einem anderen Verfahren verglichen haben, entsteht die Terminsgebühr nicht.
[118] Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, VV Vorb. 3 Rn 66; Riedel/Sußbauer/Ahlmann, RVG, VV Teil 3 Abschnitt 1 Rn 30; OLG Koblenz JurBüro 1982, 1675; OLG Zweibrücken JurBüro 1982, 1029.

b) Aktive Anwesenheit

 

Rz. 107

Es kommen je nach Art der Verhandlung unterschiedliche Beteiligungsformen in Betracht, von der ausdrücklichen Antragstellung in einer streitigen Verhandlung bis hin zur bloßen Stellungnahme zu einem Antrag oder Ausführungen des Gegners bzw. dem Stellen nur von Hilfsanträgen zur Hauptsache.[120] Für die Entstehung der Terminsgebühr ist die jeweilige Art der Beteiligung an dem gerichtlichen Termin unerheblich, solange darin zum Ausdruck kommt, dass der Anwalt für seinen Mandanten den Termin wahrnimmt. Von einer aktiven Anwesenheit kann auch dann gesprochen werden, wenn der Rechtsanwalt im Termin keinerlei Ausführungen gemacht hat, weil das Gericht sich mit seinen Ausführungen nur an die Gegenseite gewandt hat. In einem solchen Fall ist davon auszugehen, dass der Rechtsanwalt durch seine Kenntnisnahme der gerichtlichen Ausführungen und der Bereitschaft, mit der Gegenseite über die Rechtsauffassung des Gerichts zu streiten, für seinen Mandanten den Termin wahrgenommen hat. Auch dann, wenn der Anwalt bei Aufruf der Sache für seine Partei erscheint und sodann erklärt, er trete heute nicht auf, entsteht die volle 1,2-Terminsgebühr.[121]

 

Rz. 108

Schließlich kann eine Terminsgebühr in Verfahren ohne Anwaltszwang auch dann entstehen, wenn der Anwalt nicht nach außen tätig wird,[122] beispielsweise weil die Partei selbst alle prozesserheblichen Erklärungen in der mündlichen Verhandlung persönlich abgibt und der Anwalt nur unterstützend und beratend anwesend ist, im Notfall jedoch auch eingreifen soll und kann.[123] In einem derartigen Fall kann davon ausgegangen werden, dass der Rechtsanwalt für seinen Mandanten den Termin aktiv wahrgenommen hat.

 

Rz. 109

Eine einmal entstandene Terminsgebühr entfällt nicht dadurch, dass die Anträge wieder zurückgenommen werden[124] oder der Rechtsanwalt mitteilt, dass er seine Teilnahme am Termin beende.[125] Insofern kann auch die sog. Flucht in die Säumnis (vgl. Rdn 113) nicht zu einem Wegfall der bereits durch die vertretungsbereite Anwesenheit des Anwalts bei Aufruf der Sache entstandenen Terminsgebühr führen.

[120] OLG Hamm JurBüro 1976, 338.
[121] OLG Köln AGS 2008, 439 = RVGreport 2008, 306; KG AGS 2006, 117.
[122] Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, VV Vorb. 3 Rn 67.
[123] Abw. zu § 31 BRAGO OLG München AGS 1994, 9 = JurBüro 1994, 218.
[124] Vgl. Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, VV Vorb. 3 Rn 61 ff.
[125] Insofern ist die sog. Flucht in die Säumnis gebührenrechtlich nicht mehr relevant (vgl. OLG Koblenz JurBüro 2005, 360; Zorn, RVGprof. 2005, 152).

c) Schweigen des Beklagtenvertreters auf Klagerücknahme

 

Rz. 110

Nimmt der Kläger die Klage im Verhandlungstermin zurück, so ist für beide Anwälte durch die Wahrnehmung des Termins eine 1,2-Terminsgeb...

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