Leitsatz (amtlich)

Bestellt sich ein Rechtsanwalt bei Aufruf der Sache für seine Partei und erklärt anschließend, er werde weder erörtern noch verhandeln, so dass nunmehr Versäumnisurteil zugunsten des Prozessgegners ergeht, dann ist eine 1,2 Terminsgebühr angefallen; eine Reduzierung auf 0,5 findet nicht statt.

 

Normenkette

ZPO §§ 91, 333; RVG-VV Nrn. 3104-3105

 

Verfahrensgang

LG Köln (Beschluss vom 11.12.2007; Aktenzeichen 83 O 3/07)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers beim LG Köln vom 11.12.2007 - 83 O 3/07 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Auf Grund des Versäumnisurteils der 3. Kammer für Handelssachen des LG Köln vom 17.4.2007 - 83 O 3/07 - sind von der Beklagten an den Kläger 1.437,35 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 26.4.2007 zu erstatten.

In diesem Betrag sind 408 EUR an Gerichtskosten enthalten.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beklagte.

Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren: 281,55 EUR

 

Gründe

I. Für den 17.4.2007 hatte das LG Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt. Ausweislich des Sitzungsprotokolls erschienen bei Aufruf der Sache der Kläger persönlich, für diesen Rechtsanwalt I und für die Beklagte Rechtsanwalt E. Sodann heißt es im Protokoll weiter: "Ohne vorherige Erörterung erklärt der Beklagtenvertreter, dass er heute nicht auftritt." Es erging anschließend antragsgemäß ein inzwischen rechtskräftig gewordenes Versäumnisurteil gegen die Beklagte.

Zur Festsetzung angemeldet hat der Kläger u.a. eine 1,2 Terminsgebühr nach Nr. 3104 RVG-VV. Der Rechtspfleger hat lediglich eine 0,5 Terminsgebühr nach Nr. 3105 RVG-VV festgesetzt und zur Begründung ausgeführt, infolge der Erklärung des Beklagtenvertreters im Termin vor jeglicher Erörterung, er trete nicht auf, sei die Beklagte nicht ordnungsgemäß vertreten gewesen. Deshalb sei auch nur eine auf 0,5 reduzierte Terminsgebühr angefallen und festzusetzen.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seinem Rechtsmittel. Er ist der Ansicht, die Beklagte sei ausweislich des Verhandlungsprotokolls bei Aufruf der Sache, ordnungsgemäß anwaltlich vertreten gewesen. Dass ihr Rechtsvertreter sodann erklärt habe, er trete nicht auf, sei prozessrechtlich im Hinblick auf den Erlass eines Versäumnisurteils relevant, nicht aber gebührenrechtlich, weil zu diesem Zeitpunkt eine 1,2 Terminsgebühr bereits entstanden gewesen sei, da sich Rechtsanwalt E zuvor bereits im Termin für die Beklagte bestellt gehabt habe.

Die Beklagte tritt der Auffassung des Rechtspflegers bei und behauptet, ihr Rechtsanwalt sei weder zu Beginn noch während des Termins als ihr Bevollmächtigter aufgetreten, habe dies auch ausdrücklich kundgetan.

Der Rechtspfleger hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Sache dem Senat vorgelegt.

II. Die gem. § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO i.V.m. § 11 Abs. 1 RpflG statthafte und auch ansonsten verfahrensrechtlich unbedenklich zulässige sofortige Beschwerde hat auch in der Sache selbst vollen Erfolg.

Die Nichtfestsetzung einer 1,2 Terminsgebühr durch den Rechtspfleger widerspricht der einhelligen Ansicht in Rechtsprechung und Literatur, was sich bereits aus den von dem Beschwerdeführer angeführten Literaturstellen zweifelsfrei ergibt. Eine Reduzierung der Terminsgebühr auf 0,5 nach Nr. 3105 RVG-VV findet im Anwaltsprozess nur dann statt, wenn eine Partei entweder nicht anwaltlich oder lediglich durch einen nicht postulationsfähigen Rechtsanwalt vertreten wird und zusätzlich lediglich ein Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils oder nur Anträge zur Prozess- und Sachleitung gestellt werden. In allen anderen Fällen steht dem anwesenden Rechtsanwalt eine volle 1,2 Terminsgebühr gem. Nr. 3104 RVG-VV zu (OLG Köln, Beschl. v. 20.11.2006 - 17 W 239/06; Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG, 17. Aufl., Nr. 3105 Rz. 11; Hartmann, Kostengesetze, 38. Aufl., Nr. 3105 RVG-VV Rz. 3 a.E.; Henke AnwBL 2005, 43; Madert AGS 2006, 118; Riedel/Sußbauer/Keller, RVG, 9. Aufl., VV Teil 3 Abschnitt 1 Rz. 61 = S. 555; Schneider/Wolf/Onderka, RVG, 3. Aufl., Nr. 3105 VV Rz. 8 - 11; Zöller/Herget, ZPO, 26. Aufl., § 330 Rz. 10).

Meldet sich für eine Partei zunächst ein Rechtsanwalt, der aber sodann erklärt, er werde in der Sache selbst weder verhandeln noch erörtern - und so liegt der Fall hier -, dann ist Nr. 3105 RVG-VV nicht einschlägig, wie sich aus Abs. 3 dieser Vorschrift ohne weiteres ergibt. Denn dort wird § 333 ZPO (Nichtverhandeln der erschienenen Partei) ausdrücklich für nicht anwendbar erklärt. Auch wenn es prozessrechtlich fingiert wird, dass die Partei in einem solchen Fall im Anwaltsprozess nicht ordnungsgemäß vertreten ist mit der Folge, dass auf entsprechenden Antrag hin bei Vorlage der Voraussetzungen im Übrigen ein Versäumnisurteil erlassen wird, so ist die Partei gebührenrechtlich, wenn sich der Rechtsanwalt bei Aufruf der Sache zunächst für seine Partei meldet, insoweit trotzdem ordnungsgemäß vertreten, auch wenn er keine weiteren Handlu...

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