Rz. 120

Entscheidet sich der Anwalt für die Interessenvertretung von mehreren Personen, sollte er mit jeder einen eigenen Geschäftsbesorgungsvertrag schließen. Zum einen schuldet der Vertretene für die zu seinen Gunsten erbrachten anwaltlichen Leistungen grundsätzlich nur als Auftraggeber eine Vergütung, zum anderen haftet der Anwalt nur einem Vertragspartner wegen Schlechterfüllung oder bei sonstigen Störungen, falls nicht für den Vertretenen die Grundsätze des Vertrages (mit Schutzwirkung) zugunsten Dritter eingreifen.

 

Rz. 121

Die Beauftragung des Anwalts durch alle Mandanten qualifiziert sich nicht etwa schon deshalb als unnötig kostentreibend i.S.v. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO, weil sämtliche Personen eine von ihnen mit der Wahrnehmung aller Interessen beauftragen könnten und der Anwalt dann nur mit dieser einen Vertrag schließen müsste. Diese Ansicht wurde früher gelegentlich geäußert, soweit es um mehrere Forderungsinhaber ging, damit die Erhöhung der Gebühr nach § 6 BRAGO vermieden wurde (vgl. VV 1008 Rdn 14),[148] und ist sogar vom BGH (II. ZS) aufgegriffen worden. Ihr steht allerdings die Erwägung entgegen, dass grundsätzlich niemand ohne seinen Willen verpflichtet sein kann, ein eigenes Recht – und sei es auch nur zur Ausübung – auf einen Dritten zu übertragen. Zudem gilt das Gebot der sparsamen Prozessführung nur für die Art und Weise der eigenen Rechtswahrnehmung, nicht hingegen vermag es diese schon dem Grunde nach zu erschweren, indem die eigennützige Beauftragung eines Anwalts als erstattungsrechtlich zweifelhaft dargestellt wird. Lediglich bei besonderen Fallkonstellationen, die sich aus der materiellen Rechtslage ergeben (das Vertreterbestimmungsrecht liegt allein beim Versicherer) oder als missbräuchliche Rechtsausübung qualifizieren, besteht eine Pflicht der Streitgenossen zur Anwaltskoalition.

[148] OLG Hamm JurBüro 1981, 696 und JurBüro 1983, 225 – auf diese Weise ist auch heute noch eine Vermeidung der Erhöhung nach VV 1008 möglich, weil der Tatbestand mindestens zwei Auftraggeber voraussetzt.

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