Gesetzestext

 

Ist der Auftrag mehreren Rechtsanwälten zur gemeinschaftlichen Erledigung übertragen, erhält jeder Rechtsanwalt für seine Tätigkeit die volle Vergütung.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Die Vorschrift des § 6 betrifft diejenigen Fälle, in denen mehreren Rechtsanwälten jeweils eigene Aufträge erteilt worden sind und die Anwälte diese Aufträge gemeinschaftlich erledigen sollen.

 

Beispiele: Der Angeklagte bestellt im Strafverfahren drei Verteidiger.

In einem Zivilrechtsstreit zieht der Mandant zu seinem "Hausanwalt" einen "Spezialisten" hinzu.

 

Rz. 2

In solchen Fällen wird mit jedem der Anwälte ein eigener Mandatsvertrag geschlossen, der i.d.R. die gleiche Tätigkeit zum Inhalt hat. Daraus folgt nach den allgemeinen Vorschriften des BGB, dass jeder Anwalt auch einen eigenen Vergütungsanspruch hat. Der Vorschrift des § 6 bedarf es hierzu nicht. Diese Vorschrift regelt lediglich, dass es auch bei einer gemeinschaftlichen Beteiligung bei der vollen Vergütung jedes einzelnen Anwalts verbleibt und die Gebührentatbestände nicht etwa deswegen reduziert werden, weil sich mehrere Anwälte die Arbeit teilen. Nicht ausgeschlossen ist allerdings, dass im Einzelfall die Arbeitsteilung bei Rahmengebühren zu einer geringeren Bemessung nach § 14 Abs. 1 führt (vgl. § 14 Rdn 23 ff.). Auch bei einer Pauschvergütung kann zu berücksichtigen sein, dass mehrere Anwälte tätig waren und sich insoweit eine Arbeitsteilung ergeben hat.

 

Rz. 3

Abzugrenzen ist der Anwendungsbereich des § 6 von anderen Fällen, in denen mehrere Anwälte tätig werden:

 

Rz. 4

Ein Rechtsanwalt wird für einen anderen Anwalt als Stellvertreter tätig.
 

Beispiel: Der Rechtsanwalt bittet einen Kollegen, wegen einer Terminkollision für ihn einen Termin zur mündlichen Verhandlung wahrzunehmen.

Dieser Fall richtet sich nach § 5. Nur der beauftragte Rechtsanwalt erhält die Vergütung – hier die Terminsgebühr. Der Stellvertreter hat keinerlei Vergütungsanspruch gegen den Mandanten. Er kann allenfalls einen Vergütungsanspruch gegen den beauftragten Anwalt haben (siehe § 5 Rdn 20 ff.).
Verschiedene Anwälte sind mit verschiedenen Tätigkeiten beauftragt.
 

Beispiele: Der Auftraggeber beauftragt an seinem Wohnsitz einen Verkehrsanwalt und einen Prozessbevollmächtigten am auswärtigen Gerichtsort.

Der Angeklagte bestellt für die auswärtige Zeugenvernehmung vor dem ersuchten Richter einen Terminsvertreter.

In diesen Fällen liegen mehrere Aufträge und somit mehrere Anwaltsverträge vor. Diese Verträge sind jedoch nicht auf eine gemeinschaftliche Ausführung gerichtet; jeder Anwalt hat vielmehr seinen eigenen Aufgabenbereich, auch wenn sich gewisse Überschneidungen ergeben. Die Anwälte werden daher auch nach verschiedenen Gebührenvorschriften entlohnt (Prozessbevollmächtigter VV 3100 ff. – Terminsvertreter VV 3401, 3402 – Verkehrsanwalt VV 3400; Verteidiger VV 4100 ff. – Verkehrsanwalt VV 4301 Nr. 3 – Terminsvertreter VV 4301 Nr. 4).
Mehrere Anwälte werden nacheinander beauftragt.
 

Beispiele: Der Mandant kündigt seinem Anwalt das Mandat und beauftragt einen anderen Anwalt, den Rechtsstreit fortzusetzen.

Der Anwalt verstirbt; ein anderer Anwalt wird mit der Fortführung des Mandats beauftragt.

In einem Rechtsstreit vor dem LG Hamburg wird Rechtsanwalt A als Prozessbevollmächtigter bestellt; nach Verweisung an das LG München wird anstelle des A nunmehr der in München ansässige Anwalt B als Prozessbevollmächtigter bestellt.

Auch in diesen Fällen liegen verschiedene Anwaltsverträge vor. Der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit ist hier zwar der Gleiche, da beide Anwälte im selben Umfang tätig werden sollen. Ihnen ist jedoch nicht die gemeinschaftliche Ausführung übertragen. Vielmehr wird der zweite Anwalt erst tätig, nachdem die Arbeit des ersten Anwalts beendet ist.
Mehrere Anwälte sind in einer Sozietät oder in anderer Form zusammengeschlossen.
 

Beispiel: Der Mandant beauftragt die Anwaltssozietät A & B GbR mit seiner Vertretung.

Vertragspartei des Anwaltsvertrags ist hier die Sozietät als GbR. Sämtliche Mitglieder der Sozietät handeln für diese, unabhängig davon, ob es sich um eine örtliche oder eine überörtliche Sozietät handelt. Der Gebührenanspruch steht der Sozietät insgesamt nur einmal zu. Unerheblich ist dabei, wer von den soziierten Anwälten tätig wird und ob sich die Anwälte die Arbeit teilen, da die Anwälte nicht nebeneinander beauftragt sind[1] (zu den Ausnahmen siehe Rdn 48 ff.).
Mehrere Anwälte sind in einer Bürogemeinschaft verbunden. Bei einer bloßen Bürogemeinschaft kommt das Mandat nur mit dem betreffenden Anwalt zustande, nicht auch mit den übrigen Mitgliedern der Bürogemeinschaft, so dass § 6 ebenfalls nicht greift. Vertritt ein Mitglied einer Bürogemeinschaft ein anderes Mitglied, liegt ein Fall des § 5 vor.
Die beauftragten Anwälte sind in einer Partnerschaft zusammengeschlossen. Bei der Beauftragung einer Partnerschaft nach dem PartGG ist ebenfalls kein Fall des § 6 gegeben, da die Partnerschaft als solche Vertragspartner wird und nicht das einzelne Mitglied, das die Sache bearbeitet.[2]
M...

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