Rz. 45

Gelangt der beigeordnete oder bestellte Anwalt zu der Erkenntnis, dass die vertretene Rechtsposition auf der Grundlage des vorhandenen Sach- und Streitstandes voraussichtlich nicht durchgreifen wird, gehört es mit zu seinen Aufgaben, etwaige Möglichkeiten der Informationsbeschaffung aufzuzeigen sowie danach zu beurteilen, ob und mit welchem Aufwand sich die von ihm für erforderlich gehaltenen Fakten wohl ermitteln lassen werden. Veranlasst er sodann Aufklärungsmaßnahmen, die er bei objektivierender Betrachtung für erforderlich halten durfte, kann er die insoweit anfallenden Auslagen ebenfalls von der Staatskasse ersetzt verlangen.[83]

 

Rz. 46

Das erscheint unproblematisch bei geringfügigen Maßnahmen wie etwa einer EMA-Anfrage[84] zur Ermittlung einer Zeugenanschrift oder der Einholung einer Auskunft aus dem Handelsregister zur Feststellung der Kaufmannseigenschaft. Bedeutung erlangt die Frage des Auslagenersatzes jedoch regelmäßig in den Fällen, wo sich eine weitere Aufklärung im Interesse der Partei als relativ teuer und/oder unsicher darstellt.

 

Rz. 47

Geht es dem Anwalt um die Einschaltung einer Detektei oder die Beauftragung eines Sachverständigen,[85] um der ansonsten verloren geglaubten Sache doch noch zum Erfolg zu verhelfen, ist er in einer schwierigen Lage. Auch wenn hier im Festsetzungsverfahren (§ 55) der nämliche Prüfungsmaßstab anzulegen ist wie bei sonstigen Auslagen (vgl. Rdn 5 ff.), kann er jedenfalls bei hohen Kosten darauf nicht vertrauen. Vielmehr muss er damit rechnen, dass die Neigung zur Anlegung eines strengen Maßstabes mit der Höhe der Auslagen zunimmt.[86] Deshalb kann er versuchen, eine Vorabklärung nach Abs. 2 zu erreichen (vgl. Rdn 55 ff.). Sinnvoller dürfte allerdings eine Vorschussanforderung gem. § 47 sein (vgl. Rdn 76). Unterlässt der Anwalt die Sicherstellung einer Kostenübernahme durch die Staatskasse, geht er mit der Auftragserteilung zugleich das Risiko ein, letztlich auf den Detektiv- oder Sachverständigenkosten hängen zu bleiben, soweit die vertretene Person nicht zahlen muss oder kann. Entscheidet er sich gleichwohl für die Durchführung der Maßnahme, spricht das allerdings zu seinen Gunsten für die gesetzliche Vermutung (Abs. 1), dass diese aus damaliger Sicht objektiv erforderlich, insbesondere verhältnismäßig gewesen ist.

[83] A.A. OLG Hamm (NJW 1965, 2123) mit der eigenwilligen Begründung, dass es sich um Auslagen des Beschuldigten handele.
[84] Eine solche Anfrage erfüllt keinen gesonderten Gebührentatbestand (BGH 25.11.2003 – VIII ZB 69/03, AGS 2004, 151 = NJW-RR 2004, 501; BGH 12.12.2003 – IXa ZB 234/03, AGS 2004, 99 = NJW 2004, 1101).
[85] Vgl. hierzu OLG Hamm BeckRS 2013, 9680.
[86] Vgl. OVG Niedersachsen JurBüro 1995, 526.

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