Rz. 97

Nach Abs. 2 S. 2 hat das Gericht im Vergütungsrechtsstreit von Amts wegen ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen. Diese Verpflichtung besteht nur dann, wenn der Richter eine Herabsetzung beabsichtigt.[154] Sie besteht also nicht in der umfassenden Weise wie bei § 14 Abs. 3 (Abs. 2 a.F.), wonach das Gutachten bei einem Streit über die Gebührenhöhe immer einzuholen ist. Will das Gericht die Klage des Anwalts bereits aus anderen Gründen abweisen, etwa weil das Gericht nach § 4b von einer formwidrigen und daher nichtigen Vereinbarung ausgeht oder weil der Vergütungsanspruch bereits verjährt ist, bedarf es keines Gutachtens. Es ist auch entbehrlich, wenn das Gericht die vereinbarte Vergütung bestätigen will. Erst recht bedarf es nicht der Einholung eines Gutachtens, wenn sich die Parteien vergleichen oder der Anwalt die Herabsetzung anerkennt. Dagegen muss auch vor Erlass eines herabsetzenden Versäumnisurteils ein Gutachten eingeholt werden.

 

Rz. 98

Zuständig für die Erstellung des Gutachtens ist kammerintern nicht notwendig der Gesamtvorstand; es kann auch durch die Gebührenabteilung einer Rechtsanwaltskammer erstattet werden.[155] Sie besitzt insofern die Kompetenzen des Gesamtvorstandes (§ 77 Abs. 5 BRAO).

 

Rz. 99

Hat der Kammervorstand nach § 4 Abs. 3 S. 1 die Vergütung festgesetzt, ist die Einholung eines Gutachtens nicht vorgeschrieben (Abs. 2 S. 2, 2. Hs.). Anderenfalls müsste der Vorstand seine eigene Festsetzung begutachten. In anderen Fällen ist das Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer zwingend einzuholen. Zur Frage, ob die Nichteinholung einen Verfahrensmangel darstellt, der zur Zurückverweisung nach § 539 ZPO führt, siehe § 14 Rdn 122.

 

Rz. 100

Wegen der Einzelheiten des Verfahrens auf Einholung und Erstattung des Gutachtens wird Bezug genommen auf die Kommentierung zu § 14 (siehe § 14 Rdn 127 ff.). Die dortigen Ausführungen gelten entsprechend. Das Gutachten ist auch hier kostenlos zu erstatten (Abs. 2 S. 3). Es stellt insbesondere keine Sachverständigenleistung i.S.d. JVEG dar, weshalb eine Entschädigung für Gutachtertätigkeit nach § 9 JVEG nicht in Betracht kommt.[156]

 

Rz. 101

Das Gericht unterliegt keiner Bindung an das Kammergutachten; eine Abweichung vom Gutachteninhalt soll indes nur aus triftigen Gründen erfolgen[157] (siehe auch § 14 Rdn 149).

[154] OLG Köln AGS 1998, 66 = FamRZ 1998, 1030; LG Karlsruhe AnwBl 1986, 178.
[155] LG Karlsruhe AnwBl 1983, 178, 179.
[156] Vgl. LG Baden-Baden Rpfleger 2001, 324.
[157] Vgl. OLG Hamm AGS 2007, 550 m. Anm. Schons; KG NJW 1965, 1602, 1604; Krämer/Mauer/Kilian, Rn 730.

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