Rz. 95

Auch das Verfahren der Wertfestsetzung nach dem GNotKG entspricht im Wesentlichen demjenigen nach dem FamGKG und dem GKG.

1. Grundsätze bei der Wertfestsetzung

 

Rz. 96

In Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit richten sich die Gerichtsgebühren nach dem GNotKG (§ 1 Abs. 1 GNotKG), soweit keine anderweitigen Bestimmungen getroffen sind, wie z.B. in den Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, für die das FamGKG gilt (§ 1 Abs. 3 GNotKG, § 1 FamGKG). Die Gebühren nach dem GNotKG werden nach dem Wert berechnet, den der Gegenstand des Verfahrens oder des Geschäfts hat (Geschäftswert), § 3 Abs. 1 GNotKG.

 

Rz. 97

Auch die gerichtliche Wertfestsetzung nach dem GNotKG ist grundsätzlich für die Anwaltsgebühren (Abs. 1) bindend. Soweit die gerichtliche Wertfestsetzung ausnahmsweise für die Anwaltsgebühren nicht bindend ist, weil sie sich abweichend davon nach einem anderen oder aber gar nicht nach dem Wert berechnen, ist insoweit nach § 33 Abs. 1 die gesonderte Festsetzung des Gegenstandswerts zu beantragen (siehe dazu § 33).

 

Beispiel 1: Im Erbscheinverfahren vertritt der Rechtsanwalt einen von mehreren Miterben. Der Geschäftswert für die gerichtliche Verfahrensgebühr bemisst sich nach dem Wert des gesamten Nachlasses (§ 40 Abs. 1 Nr. 2 GNotKG). Für die Vergütung des Anwalts ist dagegen nur der Wert des Erbteils seines Mandanten für die Wertfestsetzung entscheidend,[30] so dass auf Antrag nach § 33 Abs. 1 eine gesonderte Wertfestsetzung vorzunehmen ist. Der im Erbscheinverfahren festgesetzte Wert ist daher für den Anwalt nicht bindend.

 

Beispiel 2: Der Anwalt vertritt den Mandanten in einer Freiheitsentziehungssache (§ 415 FamFG). Im Verfahren nach § 415 FamFG bemisst sich der Wert für die Gerichtsgebühren nach § 36 Abs. 3 GNoKG (Nr. 15212 Nr. 4 GNotKG-KostVerz.), während sich die Gebühren für den Anwalt nicht nach dem Wert bestimmen. In Freiheitsentziehungssachen werden für den Rechtsanwalt Gebühren nach Teil 6 (VV 6300 ff.) ausgelöst, das heißt es entstehen Betragsrahmengebühren, sodass durch die gerichtliche Wertfestsetzung insoweit keine Bindungswirkung nach Abs. 1 entstehen kann.

[30] BGH 30.9.1968 – III ZB 11/67, NJW 1968, 2334; BGH 11.11.1976 – III ZR 57/75, NJW 1977, 584.

2. Wertangaben bei Einreichung des Antrags

 

Rz. 98

Bei jedem Antrag ist der Geschäftswert und nach Aufforderung auch der Wert eines Teils des Verfahrensgegenstands schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle anzugeben, es sei denn,

der Geschäftswert entspricht einer bestimmten Geldsumme,
ein fester Wert ist gesetzlich bestimmt oder
ergibt sich aus früheren Anträgen (§ 77 S. 1 GNotKG).
 

Rz. 99

Die Angabe kann jederzeit berichtigt werden (§ 77 S. 2 GNotKG). Die Regelung des § 77 GNotKG entspricht § 53 FamGKG. Auf die Ausführungen wird Bezug genommen (siehe Rdn 75 ff.).

 

Rz. 100

Bei der Pflicht zur Wertangabe nach § 77 S. 1 GNotKG handelt es sich lediglich um eine Sollvorschrift. Unmittelbare Sanktionen sind an die Verletzung der Obliegenheit zur Wertangabe nicht geknüpft. Mittelbar können sich allerdings Nachteile ergeben, wenn sich das Gericht infolge der unterlassenen Wertangabe veranlasst sieht, ein Sachverständigengutachten einzuholen (§ 80 GNotKG), oder wenn es einen zu hohen Wert ansetzt und der Antragsteller gegebenenfalls Beschwerde gegen die Anordnung einer Vorauszahlung nach § 82 GNotKG erheben muss, die zumindest Anwaltsgebühren auslöst (§ 18 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. VV 3500).

 

Rz. 101

Soweit der Antrag in einer bestimmten Geldsumme besteht, bedarf es keiner vorläufigen Wertangabe. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um eine Geldsumme in deutscher oder ausländischer Währung handelt (vgl. auch § 77 S. 1 GNotKG). Eine Einschränkung wie in § 79 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 GNotKG für eine auf EUR lautende Währung findet sich in § 77 GNotKG nicht.

 

Rz. 102

Festwerte kennt das GNotKG z.B. in Angelegenheiten, die die Annahme als Kind betreffen (§ 101 GNotKG). Hier wird eine Wertangabe bei Antragseinreichung entbehrlich sein.

 

Rz. 103

Kostenfreiheit eines Antragstellers nach § 2 GNotKG entbindet das Gericht nicht von einer Wertangabe. Auch im Falle der Kostenfreiheit eines Beteiligten muss nach § 79 GNotKG ein Wert festgesetzt werden. Selbst wenn vom Antragsteller keine Gebühren erhoben werden dürfen, können andere Beteiligte zu einem späteren Zeitpunkt für die Kosten haften und dementsprechend in Anspruch genommen werden.

 

Rz. 104

§ 77 GNotKG entspricht § 53 FamGKG. Auf die Ausführungen wird Bezug genommen (siehe Rdn 75 ff.).

3. Erforderlichkeit der Wertfestsetzung

 

Rz. 105

Eingeführt durch das GNotKG worden ist – abweichend zur KostO – der Grundsatz, dass der Geschäftswert von Amts wegen festzusetzen ist (§ 79 Abs. 1 GNotKG).

4. Schätzung durch Sachverständige

 

Rz. 106

Insoweit eine Schätzung des Geschäftswerts durch Sachverständige gemäß § 80 GNotKG erforderlich wird, ist in dem Beschluss über die Wertfestsetzung auch über die Kosten der Schätzung mit zu entscheiden. Diese Kosten können ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegt werden, der durch Unterlassung der Wertangabe, durch unrichtige Angabe des Werts, durch unbegründetes Bestreiten des angegebenen Werts oder durch unbegründete Beschw...

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