Rz. 32

Folge der in § 83b AsylG vorgesehenen Gerichtskostenfreiheit (vgl. Rdn 1) ist, dass die ansonsten gemäß § 63 Abs. 2 S. 1 GKG zusammen mit der Sachentscheidung von Amts wegen vorzunehmende Streitwertfestsetzung entfällt. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird gemäß § 33 Abs. 1 nur auf Antrag durch Beschluss festgesetzt.

 

Rz. 33

Solange eine solche Wertfestsetzung nicht erfolgt ist, kann im Kostenfestsetzungsverfahren der Urkundsbeamte einen Streitwert annehmen, wenn sich ein Wert unmittelbar aus dem Gesetz ergibt.[26] Das ist mit § 30 Abs. 1 der Fall. Zudem entspricht es der gerichtlichen Praxis, am Ende der Gründe der Sachentscheidung die Sätze "Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 RVG. Gründe für eine Abweichung gemäß § 30 Abs. 2 RVG liegen nicht vor."[27] aufzunehmen.

 

Rz. 34

Dass sich nach § 30 Abs. 1 bei Beteiligung mehrerer Personen an demselben Verfahren der Gegenstandswert für jede weitere Person um 1.000 EUR bzw. 500 EUR erhöht, besagt nicht, dass das Interesse und die Beteiligung der weiteren Person geringer zu bewerten ist als das Interesse der ersten Person. Grundsätzlich ist von einer gleichen Beteiligung und einem gleichen Interesse aller Kläger auszugehen (vgl. § 100 ZPO entsprechend). Im Zusammenhang mit § 7 ist daher der h.M. zu folgen, dass der obsiegende Streitgenosse nur den seiner Beteiligung am Rechtsstreit entsprechenden Bruchteil der Anwaltskosten von dem Prozessgegner erstattet verlangen kann.[28]

 

Beispiel: Ein Ehepaar hat anwaltlich vertreten auf Feststellung von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 7 AufenthG geklagt. Das VG hat durch Urteil die Klage des Mannes abgewiesen und der Klage der Frau stattgegeben. Zu den Kosten hat das VG in dem Urteil entschieden, dass der Mann die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Klägerin und die Beklagte die außergerichtlichen Kosten der Frau zu tragen habe.

Die gesamten Anwaltskosten betragen bei einem Gegenstandswert von 6.000 EUR und in Ansatz zu bringender 1,3-Verfahrensgebühr i.H.v. 460,20 EUR, 1,2-Terminsgebühr i.H.v. 424,80 EUR und einer Auslagenpauschale von 20 EUR zzgl. 19 % Umsatzsteuer 1.076,95 EUR. Die auf die Frau davon entfallende Hälfte, die von der Beklagten zu erstatten ist, beträgt 538,48 EUR.

 

Rz. 35

Nach § 80 AsylG ist gegen Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach dem AsylG die Beschwerde ausgeschlossen. Dieser Beschwerdeausschluss soll nach ständiger Rechtsprechung vieler Oberverwaltungsgerichte auch die Beschwerde gegen die Festsetzung des Gegenstandswertes nach § 33 Abs. 1 erfassen.[29] Vorzugswürdiger erscheint die Gegenauffassung, nach der § 80 AsylG durch §§ 1 Abs. 3, 33 Abs. 3, 56 Abs. 2 RVG verdrängt wird.[30]

[26] Schoch/Schneider/Bier/Olbertz, VwGO, § 164 Rn 4; Jendrusch, NVwZ 2017, 516, 521.
[27] Vgl. BVerwG 21.5.2019 – 1 B 42.19, BeckRS 2019, 11120.
[28] VG Gießen 12.6.2007 – 9 J 1025/07.A; BGH 30.4.2003 – VIII ZB 100/02; OVG Münster NVwZ-RR 1992, 389.
[29] OVG Koblenz 3.9.2020 – 7 E 10537/20, BeckRS 2020, 22762; VGH München 28.5.2020 – 13a C 20.30392, BeckRS 2020, 14582; OVG Münster 27.2.2019 – 13 E 939/18, BeckRS 2019, 2954; VGH Baden-Württemberg 28.2.2017 – A 2 S 271/17; HessVGH 10.9.2018 – 7 E 928/18.A; OVG Hamburg 11.3.1999 – 4 So 15/99.A.
[30] OVG Berlin-Brandenburg 19.9.2019 – OVG 3 L 112.19, BeckRS 2019, 22385; VGH Kassel 7.8.2019 – 4 E 1311/19, NVwZ-RR 2020, 271; VG Karlsruhe 29.9.2020 – A 19 K 2489/20, BeckRS 2020, 27221.

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