Gesetzestext

 

(1) Soweit eine Sache an ein untergeordnetes Gericht zurückverwiesen wird, ist das weitere Verfahren vor diesem Gericht ein neuer Rechtszug.

(2) In den Fällen des § 146 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, auch in Verbindung mit § 270 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, bildet das weitere Verfahren vor dem Familiengericht mit dem früheren einen Rechtszug.

(3) Wird eine Folgesache als selbständige Familiensache fortgeführt, sind das fortgeführte Verfahren und das frühere Verfahren dieselbe Angelegenheit.

A. Regelungsgehalt

 

Rz. 1

Die Vorschrift des § 21 steht im Zusammenhang mit den Regelungen des § 15, die den Umfang des Gebührenrechtszugs (Angelegenheit) bestimmen.

 

Rz. 2

Die Regelung in Abs. 1 ist als eine Ausnahmevorschrift zu § 15 Abs. 2 zu verstehen, wonach der Anwalt die Gebühren in demselben Rechtszug grundsätzlich nur einmal erhält. Ohne Abs. 1 würde der Anwalt nach § 15 Abs. 2 i.V.m. § 15 Abs. 5 S. 1 bereits entstandene Gebühren nicht erneut erhalten. Soweit der Rechtsstreit an ein untergeordnetes Gericht zurückverwiesen wird, gilt aufgrund der Regelung des Abs. 1 das weitere Verfahren vor diesem Gericht jedoch gebührenrechtlich als neuer Rechtszug und damit als selbstständige Angelegenheit i.S.d. § 15. Im weiteren Verfahren nach Zurückverweisung können daher sämtliche Gebühren erneut anfallen; die Verfahrensgebühr des Ausgangsverfahrens wird in Angelegenheiten nach VV Teil 3 allerdings auf die Verfahrensgebühr, die nach Zurückverweisung entsteht, – vorbehaltlich der Fälle des § 15 Abs. 5 S. 2 – angerechnet (VV Vorb. 3 Abs. 6).

 

Rz. 3

Die Vorschrift des Abs. 2, 1. Alt. wiederum enthält für das Scheidungsverbundverfahren eine Ausnahme zu Abs. 1 und stellt damit den Grundsatz des § 15 Abs. 2 für die dort genannten Fälle wieder her. Sie ist nach Abs. 2, 2. Alt. in Verfahren nach dem LPartG entsprechend anzuwenden.

B. Zurückverweisung (Abs. 1)

I. Anwendungsbereich

 

Rz. 4

Abs. 1 gilt für alle gerichtlichen Verfahren, nicht nur für den Zivilprozess, sondern auch in Familiensachen (allerdings mit der Besonderheit des Abs. 2), Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, Strafsachen, Arbeitsgerichtsverfahren, verwaltungsgerichtlichen Verfahren, Finanzgerichtsverfahren, Sozialgerichtsverfahren und Verfahren anderer besonderer Gerichtsbarkeiten. Auf die jeweilige Verfahrensordnung kommt es nicht an. Darüber hinaus wird die Vorschrift auch angewandt, wenn ein Verfassungsgericht die Entscheidung eines anderen Gerichts aufhebt und die Sache an das Gericht zurückgibt, dessen Entscheidung aufgehoben worden ist.[1]

 

Rz. 5

Keine Anwendung findet die Vorschrift dagegen, wenn eine Sache vom Gericht an die Verwaltungsbehörde zurückgegeben wird. Ebenso wenig ist Abs. 1 auf die Rückgabe einer Strafsache vom Gericht an die Staatsanwaltschaft oder Bußgeldbehörde anzuwenden (siehe dazu VV 4141 Rdn 104).

[1] BGH 19.9.2013 – IX ZB 16/11, AGS 2013, 453 = RVGreport 2013, 465 = NJW 2013, 3453; OVG Lüneburg NJW 1966, 468.

II. Voraussetzungen

1. Derselbe Anwalt

 

Rz. 6

Die Vorschrift des Abs. 1 hat nur für den Anwalt Bedeutung, der auch schon im Verfahren vor Zurückverweisung tätig war. Anderenfalls ergibt sich schon aus den allgemeinen Vorschriften, dass der Anwalt im Verfahren nach Zurückverweisung sämtliche dort anfallenden Gebühren liquidieren kann.[2] Das gilt auch dann, wenn die Partei im Ausgangsverfahren von einer Sozietät vertreten wurde und sie sich im Verfahren nach Zurückverweisung aufgrund eines neuen Anwaltsvertrags von einem Einzelanwalt vertreten lässt, der im Ausgangsverfahren noch der Sozietät angehört und die Sache namens der Sozietät bearbeitet hatte.[3] Auf die Voraussetzungen des Abs. 1 kommt es in diesen Fällen erst gar nicht an. Dies wird zum Teil übersehen (vgl. Rdn 7 ff.).

Eine andere Frage ist, ob ein Anwaltswechsel zwischen der Beendigung des Ausgangsverfahrens und dem Beginn des Verfahrens nach Zurückverweisung notwendig war. Das richtet sich nach § 91 Abs. 2 S. 2 ZPO und betrifft nur die Frage, ob die angefallenen Mehrkosten erstattungsfähig sind.[4]

[2] BGH 21.7.2016 – IX ZR 57/15, AGS 2016, 502 = NJW-RR 2017, 374; OLG Celle 7.9.2015 – 2 W 194/15, AGS 2015, 492 = RVGreport 2015, 467 = NJW-Spezial 2015, 668.
[4] BGH 21.7.2016 – IX ZR 57/15, AGS 2016, 502 = NJW-RR 2017, 374; OLG Celle 7.9.2015 – 2 W 194/15, AGS 2015, 492 = RVGreport 2015, 467 = NJW-Spezial 2015, 668.

2. Dieselbe Angelegenheit gemäß § 15

 

Rz. 7

Als Ausnahmevorschrift zu § 15 Abs. 2 setzt Abs. 1 voraus, dass es sich bei dem weiteren Verfahren nach Zurückverweisung an sich – also ohne Anwendung des Abs. 1 – noch um dieselbe Angelegenheit i.S.d. § 15 handeln würde. Ist dies nicht der Fall, so erhält der Anwalt die Gebühren ohnehin erneut. Auf Abs. 1 kommt es dann gar nicht erst an.

 

Rz. 8

Liegt zwischen der Beendigung des erstinstanzlichen Verfahrens und der Zurückverweisung ein Zeitraum von mehr als zwei Kalenderjahren, gilt das weitere Verfahren bereits nach § 15 Abs. 5 S. 2 als eine neue A...

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