Rz. 93

Als ersatzpflichtige Dritte kommen insbesondere der unterlegene Prozessgegner in Betracht, aber auch sonstige Dritte, die kraft Vertrages haften, wie etwa der Arbeitgeber, der aus dem Arbeitsverhältnis auf Freistellung von Anwaltskosten haftet oder der Rechtsschutzversicherer.[178] Die Auffassung von Madert[179] und Hartmann,[180] ein Rechtsschutzversicherer sei insoweit nicht als Dritter anzusehen, ist nicht nachvollziehbar. Der Rechtsschutzversicherer ist niemals Auftraggeber; dies gilt selbst dann, wenn die Beauftragung des Anwalts unmittelbar durch die Versicherung erfolgt (siehe § 1 Rdn 25).[181] Dass er die Gebühr zu "ersetzen" und nicht zu "erstatten" habe, ist dabei irrelevant. Zudem widerspricht Madert sich selbst, indem er im Rahmen des Abs. 3 S. 1 den Rechtsschutzversicherer als Dritten ansieht und die Einholung eines Gutachtens für entbehrlich hält.[182] Dritter kann aufgrund gesetzlicher Kostenhaftung, z.B. nach § 467 Abs. 1 StPO, auch die Staatskasse sein.[183]

 

Rz. 94

Soweit ein Dritter die Gebühren ersetzen oder erstatten muss, liegt die Darlegungs- und Beweislast für die Unbilligkeit beim Dritten (Abs. 1 S. 4). Dies gilt namentlich, wenn der Dritte einen Ermessensmissbrauch einwendet.[184] Das bloße Bestreiten der vom Anwalt für die Gebührenbestimmung vorgebrachten Kriterien genügt nicht; diesen Angaben ist vielmehr grundsätzlich zu folgen.[185] Die Unbilligkeit muss daher vom Dritten substantiiert dargelegt und im Bestreitensfall bewiesen werden. Ist der erstattungspflichtige Dritte im Kostenfestsetzungsverfahren der vom Rechtsanwalt der erstattungsberechtigten Partei getroffenen Bestimmung nicht entgegengetreten, kann die getroffene Bestimmung vom Gericht nicht als unbillig bezeichnet werden. Das Gericht hat dann die geltend gemachte Rahmengebühr festzusetzen.[186]

 

Rz. 95

Hinsichtlich des Ermessensspielraums gelten die gleichen Grundsätze wie bei der Abrechnung gegenüber dem Auftraggeber.

 

Beispiel: Nach Freispruch beantragt der Anwalt in einer Strafsache für den Mandaten gegenüber der Staatskasse jeweils um 20 % erhöhte Mittelgebühren. Nach Auffassung des Gerichts ist lediglich eine Mittelgebühr angemessen. Die Bestimmung des Anwalts liegt nach h.M. noch im Toleranzbereich, so dass die Gebühr festzusetzen ist.

[178] AG Dieburg JurBüro 1998, 641; Bischof/Jungbauer, § 14 Rn 121.
[179] Gerold/Schmidt/Madert, 17. Aufl., § 14 Rn 7; nunmehr anders vertreten von Mayer (Gerold/Schmidt, § 14 Rn 9) in der 19. Aufl.
[180] Hartmann, § 14 RVG Rn 23.
[181] Kilian/vom Stein/Rick, § 29 Rn 282 m.w.N.
[182] Gerold/Schmidt/Madert, 17. Aufl., § 14 Rn 36.
[183] LG Cottbus AGS 2006, 129 m. Anm. N. Schneider; Hartmann, § 14 RVG Rn 23; Gerold/Schmidt/Mayer, § 14 Rn 7.
[184] LG Bochum NJOZ 2005, 3716, 3718.
[185] LG Cottbus AGS 2006, 129 m. Anm. N. Schneider.
[186] BGH 20.1.2011 – V ZB 216/10, RVGreport 2011, 145 m. Anm. Hansens.

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