I. Jede anfechtbare Entscheidung

 

Rz. 3

Die Belehrungspflicht gilt umfassend für jede anfechtbare Entscheidung im RVG-Verfahren, wobei es nicht darauf ankommt, ob sie als Entscheidung im Beschlusswege erfolgt oder in sonstiger Weise.[3] Die Belehrung ist durch dasjenige Gericht zu erteilen, das die Entscheidung erlässt. Auch Entscheidungen im Rechtsbehelfsverfahren müssen eine Belehrung enthalten, soweit die Entscheidungen anfechtbar sind.

[3] Vgl. BT-Drucks 17/10490, S. 22 zu § 5b GKG.

II. Rechtsanwälte

 

Rz. 4

Die Belehrungspflicht bei jeder anfechtbaren Entscheidung gilt generell. Die Belehrungspflicht besteht auch gegenüber Rechtsanwälten. Die Belehrung ist unabhängig davon zu erteilen, ob in dem Verfahren ein Anwaltszwang besteht. Eine derartige Einschränkung, wie es sie in § 232 S. 2 ZPO gibt, ist für das RVG-Verfahren nicht vorgesehen. Denn das Schutzbedürfnis des Mandanten entfällt in den RVG-Verfahren mit Anwaltszwang nicht. Zwar ist der Rechtsanwalt gleichermaßen in der Lage, eine auf den konkreten Einzelfall zugeschnittene Beratung und Belehrung über die statthaften Rechtsbehelfe zu erteilen. Jedoch können in Kostenverfahren die Interessen des Rechtsanwalts und seines Mandanten auseinanderfallen.[4]

[4] Vgl. BT-Drucks 17/10490, S. 11.

III. Beispiele für anfechtbare Entscheidungen

 

Rz. 5

Beispiele anfechtbarer erstinstanzlicher RVG-Entscheidungen sind:

Vergütungsfestsetzung gegenüber der Staatskasse (§ 55),
Vergütungsfestsetzung gegenüber Mandaten (§ 11),
Gegenstandswertfestsetzung (§ 33 Abs. 1),
Ablehnung der Wiedereinsetzung (§ 33 Abs. 5).

IV. Rechtsbehelfe

 

Rz. 6

Zu belehren ist über sämtliche Rechtsbehelfe, insbesondere also über die

Erinnerung,
Rechtspflegererinnerung (§ 11 RPflG),
Beschwerde,
weitere Beschwerde,
sofortige Beschwerde (§ 11 Abs. 2 S. 3 RVG, § 567 ZPO),
Rechtsbeschwerde (§ 11 Abs. 2 S. 3 RVG, § 574 ZPO).

Da der Wortlaut der Vorschrift nur anfechtbare Entscheidungen erfasst, muss nicht belehrt werden, wenn kein Rechtsmittel und keiner der genannten Rechtsbehelfe statthaft, die Entscheidung also unanfechtbar ist.[5] Unanfechtbar sind z.B.

die Feststellung der Erforderlichkeit von Auslagen gem. § 46 Abs. 2,[6]
die Entscheidung des OLG über die Feststellung einer Pauschgebühr gem. §§ 42, 51 oder
die Entscheidung des OLG über die Erinnerung, §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 4 S. 3

Eine Negativbelehrung, dass ein Rechtsbehelf nicht gegeben ist, ist nicht geboten, kann aber "Dienst am Kunden" sein. Nicht erfasst werden von der Rechtsbehelfsbelehrungspflicht außerordentliche Rechtsbehelfe wie der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 33 Abs. 5 S. 1) oder die Anhörungsrüge (§ 12a). Ebenso wenig ist über die Möglichkeit zur Verfassungsbeschwerde zu belehren.[7]

 

Rz. 7

Ist gegen die Entscheidung eines LG die zulassungsabhängige Beschwerde gegeben (§§ 33 Abs. 6 S. 1, 56 Abs. 2 S. 1), muss über sie auch dann belehrt werden, wenn sie nicht zugelassen ist.[8] Die Erteilung einer Rechtsbehelfsbelehrung erlaubt allerdings nicht den Schluss, dass die weitere Beschwerde als zugelassen gelten soll.[9] Die Rechtsbehelfsbelehrung dient nicht der Ergänzung oder Interpretation der Entscheidung, sondern allein der Information der Beteiligten über einen bestehenden Rechtsbehelf.[10]

[5] Burhoff/Volpert, RVG, A Rn 1767.
[7] Burhoff/Volpert, RVG, A Rn 1766.
[8] A.A.: Zöller/Feskorn, § 39 FamFG Rn 4; Burhoff/Volpert, RVG, A Rn 1767; wohl auch BGH 20.7.2011 – XII ZB 445/10, NJW-RR 2011, 1569, Rn 16 f.; vgl. hingegen zum Begriff der (generellen) Statthaftigkeit: GMS-OGB NJW 1984, 1027; BGH 15.11.1989 – IVb ZR 3/89, NJW-RR 1990, 323; BGH 6.8.2008 – XII ZB 25/07, NJW-RR 2008, 1673.

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