Entscheidungsstichwort (Thema)

Belehrung des Notars über Anfall von Schenkungssteuer

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Notar hat bei der Beurkundung eines Vertrages auf die Möglichkeit des Anfalls von Schenkungssteuer hinzuweisen.

2. Der Grundstückserwerb durch den früheren Eigentümer des Veräußerers im Rahmen des Zugewinnausgleichs stellt keine Schenkung dar. Das gilt aber nicht beim Erwerb durch die Schwiegermutter.

 

Verfahrensgang

LG Flensburg (Urteil vom 11.04.2002; Aktenzeichen 4 O 425/01)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 11.4.2002 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des LG Flensburg geändert:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 24.428,05 Euro nebst Jahreszinsen i.H.v. 5 % über dem jeweils gültigen Zinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungs-Gesetzes seit dem 24.10.2001 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin jeden weiteren materiellen Schaden aus seiner Amtspflichtverletzung im Zusammenhang mit der von ihm zur Urkundenrolle Nr. 170/1996 durchgeführten Beurkundung des Grundstücksübergabevertrages mit Auflassung zu ersetzen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Streithelfers.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin und des Streithelfers gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin oder der Streithelfer vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 25.706,28 Euro (darin 1.278,22 Euro für den Feststellungsantrag).

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt den Beklagten aus Notaramtspflichtverletzung in Anspruch. Der Sohn der Klägerin, der Zeuge Dieter H., schloss am 11.1.1994 mit seiner damaligen Ehefrau, der Zeugin Do.H., einen Ehescheidungsfolgenvergleich ab, aufgrund dessen sich die Zeugin u.a. verpflichtete, dem Zeugen das Grundstück S-Straße 46 in F. zu Eigentum zu übertragen. Nachdem sich der Zeuge Dieter H. in der Folgezeit wirtschaftlich in Schwierigkeiten befand, wollte er einen sofortigen Übergang des Grundstücks in sein Eigentum zunächst vermeiden. Am 18.10.1996 beurkundete der Beklagte zu seiner Urkundenrolle Nr. 170/1996 einen "Übergabevertrag mit Auflassung", durch den die Zeugin Do.H. der Klägerin - ihrer Schwiegermutter - das Grundstück S.-Straße 46 in F. zu Eigentum übertrug. Hinsichtlich der Einzelheiten des Vertragsinhaltes wird auf die Kopie Bl. 9-17 der Gerichtsakten Bezug genommen.

Die Klägerin wurde als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen. Der Zeuge Dieter H., ihr Sohn, bewohnte das Grundstück weiter, wie er es auch schon zuvor getan hatte. Er trug alle insoweit anfallenden Kosten und Lasten. Mit notariellem Vertrag vom 10.3.2000 übertrug die Klägerin das Grundstück schließlich dem Zeugen Dieter H. zu Alleineigentum.

Am 19.10.2000 erließ das Finanzamt gegen die Klägerin einen Schenkungssteuerbescheid, in dem es den Vertrag vom 18.10.1996 als Schenkung wertete und die Schenkungssteuer in einer Höhe von 41.480 DM festsetzte.

Die Klägerin hat den Beklagten auf Ersatz dieses zwischenzeitlich bestandskräftig festgesetzten Schenkungssteuerbetrages zzgl. Steuerberatungskosten und bislang entstandener Säumniszuschläge und Steuerzinsen in Anspruch genommen. Sie hat dem Beklagten vorgeworfen, sie und ihren Sohn bei Abschluss des Vertrages vom 18.10.1996 falsch beraten zu haben. Er habe nämlich auf die ihm mehrfach gestellte Frage hin, ob durch die beabsichtigte Übertragung des Grundstücks auf sie, die Klägerin, keine Schenkungssteuer ausgelöst werde, wiederholt versichert, dass das nicht der Fall sei.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens und der Anträge der Parteien erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils einschließlich sämtlicher dortiger Bezugnahmen Bezug genommen.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Es hat offen gelassen, ob der Beklagte eine notarielle Pflicht verletzt habe. Der Klägerin stünde jedenfalls eine anderweitige Ersatzmöglichkeit i.S.v. § 19 Abs. 1 S. 2 BNotO gegen ihren Sohn D.H. zu. Dieser Anspruch ergebe sich aus § 11 des von dem Beklagten beurkundeten Vertrages, wonach nämlich der Zeuge D.H. die Kosten dieses Vertrages und seiner Durchführung zu tragen habe. Unschädlich sei, dass insoweit die Übernahme einer etwa anfallenden Schenkungssteuer nicht gesondert erwähnt sei. Die genannte Vertragsbestimmung müsse im Sinne einer umfassenden Kostentragungspflicht des Herrn D.H. ausgelegt werden. Die Eigentumsübertragung sei nur deshalb erfolgt, um das Grundstück bzw. den Übertragungsanspruch des Zeugen aus dem Scheidungsfolgenvergleich dem evtl. Zugriff seiner Gläubiger zu entziehen.

Gegen dieses ihr am 22.4.2002 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 21.5.2002 Berufung eingelegt und diese Berufung nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 22.8.2002 mit einem am 21.8.2002 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Klägerin mach...

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