Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenübernahme. Pflegeheim. Rechtsschutzziel. Zeitraum. Pflegesatz. Zusatzleistung. Betreuung. Pflegeleistung. Nachrangigkeitsprinzip. Übernahme von Kosten für die Barbetragsverwaltung in einer vollstationären Einrichtung. Berufung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Aufwand für die Verwaltung eines einem Pflegebedürftigen gewährten Barbetrags nach § 21 Abs. 3 BSHG wird von der Hilfe zur Pflege durch eine vollstationäre Betreuung nach § 68 Abs. 2 Satz 2 BSHG i.V.m. § 28 Abs. 1 Nr. 8 SGB X umfasst.

2. Die soziale Betreuung i.S.v. § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB XI bezieht sich auf Dienstleistungen, die typischerweise durch die Familie oder sonst nahe stehenden Persoinen eines Hilfebedürftigen wahrgenommen weden und die nun die Einrichtung an derem Stelle für den Pflegebedürftigen wahrzunehmen hat.

3. Der sozialhilferechtliche Bedarfsdeckungsgrundsatz gilt auch in einem sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis, in dem der Träger der Sozialhilfe sich zur Erfüllung seiner Hilfeverpflichtung gegenüber dem stationär in der Einrichtung eines Dritten lebenden Hilfebedürftigen, der Hilfe des Dritten bedient.

 

Normenkette

VwGO § 86 Abs. 3, § 88; BSHG §§ 2-3, 21 Abs. 3, § 68 Abs. 1-2, §§ 90, 93 Abs. 1-2, 7, § 93a Abs. 1 S. 3; SGB X § 35 S. 1; SGB XI §§ 72, 84 Abs. 4

 

Verfahrensgang

VG Leipzig (Urteil vom 14.07.2004; Aktenzeichen 2 K 1533/03)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 14. Juli 2004 – 2 K 1533/03 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beklagte unter Aufhebung seines Bescheids vom 18. Dezember 2001 und Widerspruchsbescheids vom 2. September 2003 zur Übernahme der dem Kläger wegen der Barbetragsverwaltung von dem Pflegeheim „A.” im Zeitraum von November 2001 bis September 2003 in Rechnung gestellten Kosten in Höhe von 109,43 EUR verpflichtet ist.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der in einem Pflegeheim lebende Kläger begehrt die Verpflichtung des Beklagten zur Übernahme von Kosten, die ihm von dem Heim, dessen Träger bis 31.12.2003 die Beigeladene war, für die Verwaltung seines Barbetrages gesondert in Rechnung gestellt wurden.

Der … geborene Kläger leidet seit Februar 1994 als Folge eines Schädel-Hirn-Traumas an einem ausgeprägten organischen Psychosyndrom und ist dauerhaft sowohl hinsichtlich körperlicher wie auch geistiger Verrichtungen von der Hilfe anderer Personen vollständig abhängig; der Grad seiner Behinderung beträgt 100. Er ist auch nicht in der Lage, den ihm von dem Beklagten gewährten monatlichen Barbetrag selbst zu verwalten. Der seit dem 14.3.1996 in Pflegeheimen lebende Kläger wird seit dem 15.11.2000 in dem Pflegeheim „A.”, vollstationär gepflegt. Nachdem zunächst seine damalige Ehefrau zu seiner Betreuerin bestellt wurde, ist seit 31.1.1996 Herr S. sein Betreuer, dessen Aufgabenkreis auch die Vermögenssorge umfasst. Der der Pflegestufe I zugeordnete Kläger bezieht eine monatliche Rente in Höhe von etwa 562,00 EUR. Seit dem 14.3.1996 gewährt ihm der Beklagte, der zum 30.7.2005 von Landeswohlfahrtverband Sachsen in Kommunaler Sozialverband Sachsen umbenannt wurde, (ergänzende) Sozialhilfe durch Übernahme der Kosten für die Pflegeleistungen der Pflegeheime, verschiedene einmalige Leistungen und einen monatlichen Barbetrag von derzeit etwa 112,00 EUR.

Der Betreuer des Klägers hat mit dem Pflegeheim „A.” am 15.11.2000 einen Heimvertrag geschlossen. Eine ausdrückliche Bestimmung über die Verwaltung des Barbetrages für den Kläger enthält der Vertrag nicht. Gleichwohl übernahm das Pflegeheim zunächst diese Verwaltung, ohne hierfür gesonderte Kosten zu erheben.

Nachdem das Pflegeheim in der Folgezeit dem Betreuer einen neuen Heimvertrag anbot, wonach für verschiedene dort bezeichnete „Zusatzleistungen” eine gesonderte Berechnung und darunter für die Geldverwaltung ein monatlicher Betrag von 25,43 DM / 13,00 EUR vorgesehen war, bat der Betreuer den Beklagten mit Schreiben vom 2.9.2001 um Prüfung, ob das Heim hierzu berechtigt sei. Der Beklagte teilte dem Betreuer mit Schreiben vom 6.9.2001 daraufhin mit, dass eine rechtliche Prüfung nicht erfolgen könne, weil es sich bei dem Heimvertrag um einen privatrechtlichen Vertrag handle. Daraufhin beantragte der Betreuer mit Schreiben vom 24.11.2001 die Übernahme der Kosten für die Verwaltung des Barbetrages. Unter Bezugnahme darauf führte der Beklagte in seinem Schreiben vom 18.12.2001 aus, dass Zusatzleistungen nicht Bestandteil der Pflegevergütung seien und der Sozialhilfeträger nicht vorschreiben könne, inwiefern das Pflegeheim Verwahrkonten entgeltlich führe. Das Schreiben enthält weder einen ausdrücklichen Entscheidungssatz über den zuvor gestellten Antrag, noch eine Rechtsmittelbelehrung. Gegen dieses Schreiben erhob der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten am 18.12.2002 Widerspruch.

Mit Widerspruchsbescheid vom 2.9.2003 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, da...

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