Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuständigkeit der Einigungsstelle. kein erzwingbares Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates zur Ablösung einer nachwirkenden Gesamtbetriebsvereinbarung. Besetzung einer Einigungsstelle mit den Beteiligten:

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine Einigungsstelle im Betrieb ist offensichtlich unzuständig für die Ablösung einer nachwirkenden Gesamtbetriebsvereinbarung mit unternehmensweiter Geltung.

 

Normenkette

ArbGG § 98; BetrVG § 50 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Leipzig (Beschluss vom 29.01.2008; Aktenzeichen 3 BV 114/07)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin und Beteiligten zu 2. wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Leipzig vom 29.01.2008 3 BV 114/07 – teilweise abgeändert:

Die Anträge des Antragstellers und Beteiligten zu 1. werden insgesamt

z u r ü c k g e w i e s e n.

 

Gründe

1. Die Antragsgegnerin ist eine im Jahre 2007 aus der … AG als rechtlich selbständige GmbH ausgegründete Serviceeinheit für Call-Centerfunktionen. Der Antragsteller ist der für den Standort … der Antragsgegnerin gebildete Betriebsrat.

Am 20.12.1999 schlossen die Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin sowie deren Gesamtbetriebsrat eine „Gesamtbetriebsvereinbarung über die informationstechnische Unterstützung der Call Center bei der T-Mobil” (Bl. 8 bis 16 d. A.), welche im Jahre 2006 gekündigt wurde.

Zwischen den Beteiligten entstanden Meinungsverschiedenheiten über die Frage der weiteren Anwendbarkeit der Gesamtbetriebsvereinbarung Call Center (im Folgenden: GBV CC). Im August 2007 legte der Antragsteller der Antragsgegnerin den Entwurf einer Betriebsvereinbarung zur Anwendung u. a. der GBV CC vor (Bl. 23/24 d. A.), der in seinem § 2 die Anwendung der GBV CC für die Mitarbeiter des Standorts … bis zum Abschluss einer neuen GBV CC vorsah. Eine entsprechende Verhandlungsbitte des Antragstellers lehnte die Antragsgegnerin mit E-Mail vom 29.08.2007 (Bl. 50 d. A.) ab, ebenso auch eine erneute Bitte mit Schreiben vom 12.09.2007 (Bl. 51/52 d. A.). Bereits mit Beschluss vom 11.09.2007 hat der Antragsteller das Scheitern der Verhandlungen festgestellt und die Anrufung der Einigungsstelle, ggf. die Einleitung eines Beschlussverfahrens zur Einsetzung der Einigungsstelle mit der Beauftragung der nunmehrigen Verfahrensbevollmächtigten, beschlossen.

Mit am 07.12.2007 beim Arbeitsgericht eingegangenem Antrag hat der Antragsteller u. a. geltend gemacht, es bestünde ein Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs. 1 Nr 6 BetrVG, es bedürfe der Klarstellung, ob die GBV CC für den Standort … gelte. Daneben ging es um eine weitere Betriebsvereinbarung betreffend den Komplex ACCI.

Der Antragsteller hat folgende Anträge gestellt:

  1. Zur Regelung einer Betriebsvereinbarung bezüglich von After Contact Customer Interviews (ACCI) und der informationstechnischen Unterstützung des Call Centers wird eine Einigungsstelle mit jeweils 4 Beisitzern der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite eingesetzt.
  2. Zum Vorsitzenden der Einigungsstelle nach Ziffer 1 wird Vorsitzender Richter am Landesarbeitsgericht Thüringen a.D. … bestellt.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Nach Ansicht der Antragsgegnerin sei der örtliche Betriebsrat unzuständig. Auch sei die GBV CC zu keinem Zeitpunkt für den Standort … anwendbar gewesen. Die Regelungen der GBV CC seien in der Folgezeit auch durch andere kollektivrechtliche Regelungen überholt oder tarifvertraglich ersetzt worden. Es läge somit eine offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle vor.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 29.01.2008 die Einigungsstelle zur Regelung einer Betriebsvereinbarung bezüglich der informationstechnischen Unterstützung des Call Centers mit je 3 Beisitzern eingesetzt und zum Vorsitzenden den Direktor des Arbeitsgerichts Jena, Herrn …, bestellt. Im Übrigen hat das Arbeitsgericht den Antrag abgewiesen. Auf die Gründe der Entscheidung wird Bezug genommen.

Gegen diesen ihr am 30.01.2008 zugestellten Beschluss richtet sich die am 13.02.2008 beim Landesarbeitsgericht eingegangene und gleichzeitig ausgeführte Beschwerde der Antragsgegnerin. Die Antragsgegnerin führt aus: Die Einigungsstelle sei offensichtlich unzuständig. Der Antragsteller meine selbst, die gekündigte GBV CC sei nach wie vor anwendbar, er sehe nur einen „Regelungsbedarf”, ohne diesen zu substantiieren. Das, im Übrigen vom Antragsteller nicht näher bezeichnete, Mitbestimmungsrecht sei verbraucht. Im Übrigen sei der Gesamtbetriebsrat zuständig. Die bisherigen Regelungsgegenstände der hier in Rede stehenden Art seien ausschließlich mit dem Gesamtbetriebsrat behandelt worden. Der Antragsteller habe nicht substantiiert dargelegt, weshalb dennoch eine Regelungslücke vorhanden sein sollte. Die Einführungs- und Anwendungsfragen der EDV gehören grundsätzlich zur originären Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats. Im Übrigen hätten mehrere kollektivrechtliche Regelungen die frühere GBV CC abgelöst, so etwa die GBV BiC und die GBV SfG K sowie mehrere Tarifverträge. Dem sei der Antragsteller in erster Instanz auch nicht entgegengetreten...

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