Entscheidungsstichwort (Thema)

Unanfechtbarkeit der Entscheidung über die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts nach § 769 ZPO ist analog § 707 Abs. 2 S. 2 ZPO ausgeschlossen.

 

Normenkette

ZPO §§ 769, 707 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Leipzig (Beschluss vom 12.11.2008; Aktenzeichen 14 Ca 1399/08)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin/Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Leipzig vom 12.11.2008 – 14 Ca 1399/08 – wird auf Kosten der Beklagten als unzulässig

verworfen.

2. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 720,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die sofortige Beschwerde ist unzulässig bzw. unstatthaft. Ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts nach § 769 ZPO ist analog § 707 Abs. 2 Satz 2 ZPO ausgeschlossen.

1. Das Beschwerdegericht folgt der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darin, dass gegen Entscheidungen des Gerichts nach § 769 Abs. 1 ZPO ein Rechtsmittel nicht gegeben ist.

a) Der Bundesgerichtshof (Beschluss vom 21.04.2004, XII ZB 279/03, NJW 2004, 2224 ff.) führt hierzu aus, dass sich dies aus einer Auslegung des § 769 Abs. 1 ZPO im Kontext der allgemeinen Vorschriften zur Zwangsvollstreckung, insbesondere der §§ 707 Abs. 2 Satz 2, 792 ZPO ergebe. In § 769 Abs. 1 ZPO sei eine Anfechtungsmöglichkeit nicht ausdrücklich geregelt. Ob daher die allgemeine Beschwerdemöglichkeit nach § 793 ZPO gegeben sei oder zur Schließung einer planwidrigen Regelungslücke eine Analogie zu § 707 Abs. 2 ZPO, müsse die Auslegung des § 769 ZPO ergeben. Gegen die Heranziehung der Vorschrift des § 793 ZPO spreche schon der Anwendungsbereich der Vorschrift, die ein Rechtsmittel gegen Entscheidungen des Vollstreckungsgerichts eröffne, während die Vorschriften der §§ 704 ff. ZPO auch das Verfahren des Prozessgerichts regeln. Gerade § 769 Abs. 1 ZPO ermögliche es dem mit Einwendungen gegen den Vollstreckungstitel befassten Prozessgericht, die Zwangsvollstreckung einzustellen. Insoweit sei das Verfahren mit den in § 707 ZPO aufgeführten Verfahren vergleichbar, in denen ebenfalls ein schon vollstreckbarer Titel abgeändert werden solle. Wie in jenen Verfahren sei es auch bei § 769 ZPO geboten, die Entscheidung in der Hauptsache nicht durch Rechtsmittel gegen die Nebenentscheidung über die vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung zu verzögern. auch die Interessenlage sei bei der Einstellungsmöglichkeit nach § 769 Abs. 1 ZPO und bei § 707 ZPO vergleichbar. Nach der gesetzgeberischen Wertung könne das mit der Hauptsache befasste Gericht am besten beurteilen, ob und ggf. welche einstweilige Regelung zu treffen sei. Außerdem ende die einstweilige Maßnahme ohnehin mit der Entscheidung in der Hauptsache. Dem schließt sich die Beschwerdekammer ohne Einschränkungen an (so auch OLG Dresden vom 10.09.1998, 14 W 487/98, JurBüro 1999, 270; LAG Nürnberg vom 28.06.2001, 6 Ta 121/01, n. v.; LAG Hessen vom 05.08.2002, 16 Ta 339/02; OLG Karlsruhe vom 24.09.2003, 15 W 2/03; OLG Stuttgart vom 18.11.2003, 16 WF 112/03; OLG München vom 20.05.2005, 21 W 1548/05, jeweils zit. nach JURIS; Zöller/Herget, ZPO, 27. Auflage 2005, § 769 Rdnr. 13; Lackmann in Musielak, ZPO, 4. Auflage 2005, § 769 Rdnr. 6 und § 707 Rdnr. 12; Putzo in Thomas/Putzo, ZPO, 28. Auflage 2007, § 769 Rdnr. 18; umfassend Schmidt in MK-ZPO, 2. Auflage 2000, § 769 Rdnr. 33 m. Nachw. auch zur Gegenmeinung; a. A. vgl. etwa Hartmann in Baumbach/Lauterbach, ZPO, 66. Auflage 2008, § 769 Rdnr. 12).

Der Auffassung, dass wegen des Fehlens des Verweises auf § 707 Abs. 2 ZPO ein Rechtsmittel grundsätzlich (LAG Hamburg vom 29.01.2003, 5 Ta 21/02; OLG Zweibrücken vom 01.03.2004, 2 WF 4/04, jeweils zit. nach JURIS) oder ausnahmsweise im Falle greifbarer Gesetzeswidrigkeit oder gänzlicher Verkennung des Ermessensspielraums (etwa LAG Berlin vom 28.04.1986, 9 Ta 5/86, LAGE § 62 ArbGG 1979 Nr. 16; LAG Nürnberg vom 07.05.1999, 7 Ta 89/99, BB 1999, 1387; OLG Köln vom 17.07.2002, 14 WF 118/02; OLG Celle vom 02.04.2003, 18 WF 12/03; OLG Schleswig-Holstein vom 18.08.2003, 16 W 110/03; OLG Frankfurt vom 14.05.2003, 9 W 9/03; OLG Sachsen-Anhalt vom 19.01.2004, 5 W 3/04; OLG Hamm vom 17.08.2004, 11 WF 152/04, jeweils zit. nach JURIS; Hartmann in Baumbach/Lauterbach a. a. O., § 769 Rdnr. 12; Schuschke in Schuschke/Walker, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz, Band 1, 3. Auflage 2002, § 769 Rdnr. 14) zulässig sei, folgt das Beschwerdegericht in Übereinstimmung mit dem LAG Nürnberg vom 05.01.2006 – 6 Ta 255/05 – aus den vom Bundesgerichtshof aufgeführten Gründen nicht. Auch die Tatsache, dass die ZPO vielfach und zuletzt mit Wirkung zum 01.01.2002 umfassend geändert worden ist, erfordert eine solche Auslegung nicht (BGH, a. a. O.).

b) Dieser Ausschluss der Beschwerdemöglichkeit gilt auch für das Verfahren vor den Arbeitsgerichten. Eine andere Betrachtungsweise ist insbesondere nicht deswegen veranlasst, weil § 62 Abs. 1 Satz 3 ArbGG nur auf § 707 Abs. 1 ZPO verweist, nicht aber ...

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