Entscheidungsstichwort (Thema)

Einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung. Zwangsvollstreckung. Einstellung. Nachteil. Beschwerdemöglichkeit. Vollstreckungsgegenklage. Sonstiges

 

Leitsatz (amtlich)

1. Gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts über die vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.

2. Dies gilt auch für einen im Rahmen der Vollstreckungsgegenklage des § 767 ZPO gestellten Einstellungsantrag nach § 769 ZPO.

3. Für eine Einstellung nach § 769 ZPO gelten dieselben Voraussetzungen wie für die Einstellung nach §§ 707, 719 ZPO; entscheidend ist also das Drohen eines nicht zu ersetzenden Nachteils im Falle der Vollstreckung.

 

Normenkette

ArbGG § 62 Abs. 1 S. 3, Abs. 2 S. 1; ZPO §§ 769, 793, 707, 719

 

Verfahrensgang

ArbG Würzburg (Beschluss vom 21.11.2005; Aktenzeichen 10 Ca 2485/05)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Würzburg vom 21.11.2005 – Az. 10 Ca 2485/05 – in der Fassung des Beschlusses vom 08.12.2005 wird als unzulässig verworfen.

2. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 443,20 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Parteien streiten darüber, ob im Rahmen einer Vollstreckungsgegenklage die Zwangsvollstreckung aus einem arbeitsgerichtlichen Vergleich vorläufig einzustellen ist.

Die Parteien haben im Verfahren 10 Ca 1171/05 vor dem Arbeitsgericht Würzburg einen widerruflichen gerichtlichen Vergleich geschlossen, durch den sich die jetzige Klägerin – damals Beklagte – verpflichtet hat, an den Kläger als Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung in Höhe von 3.500,– EUR zu zahlen. Dieser Vergleich wurde mit Ablauf des 26.07.2005 rechtskräftig. Der damalige Kläger ließ der jetzigen Klägerin mit Schreiben vom 12.10.2005 mitteilen, wenn der Abfindungsbetrag nicht bis 21.10.2005 überwiesen sei, werde er Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einleiten.

Die jetzige Klägerin erhob daraufhin unter dem 21.10.2005 Vollstreckungsgegenklage gegen den damaligen Kläger mit der Begründung, sie habe rechtswirksam mit Gegenansprüchen aus Ansprüchen über Leistungen aufgerechnet, die sie dem damaligen Kläger als ehemaligem Mitarbeiter im Rahmen der Sanierung seines privaten Wohnhauses erbracht habe. Der damalige Kläger, jetziger Beklagter, hat eingewandt, die Forderungen seien zum großen Teil unberechtigt, er schulde der Beklagten nur einen Betrag in Höhe von 1.284,02 EUR, so dass ihm aus dem Abfindungsbetrag noch ein Teilbetrag in Höhe von 2.215,98 EUR zustehe. Insoweit sei die Vollstreckungsgegenklage unbegründet.

Die jetzige Klägerin hat ihren Antrag auf vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung damit begründet, sie wolle vermeiden, dass der jetzige Beklagte durch Vollstreckung des im Vergleich vereinbarten Betrages vollendete Tatsachen schaffe.

Das Arbeitsgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 21.11.2005 abgelehnt mit der Begründung, nach § 62 Abs. 1 S. 2 ArbGG sei die Einstellung der Zwangsvollstreckung nur möglich, wenn der Schuldner glaubhaft mache, dass ihm die Zwangsvollstreckung einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringe; diese Voraussetzungen habe die jetzige Klägerin weder aufgezeigt noch glaubhaft gemacht (Beschluss vom 21.11.2005, Bl. 116 f. d.A.).

In seinem den Vertretern der Klägerin ausweislich des Empfangsbekenntnisses am 25.11.2005 zugestellten Beschluss hat das Arbeitsgericht als Rechtsmittelbelehrung angeführt, es könne sofortige Beschwerde innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen eingelegt werden.

In ihrer am 06.12.2005 beim Arbeitsgericht eingegangenen sofortigen Beschwerde hat die Klägerin die Abänderung des Beschlusses und die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung begehrt. Sie hat – unter Vorlage einer Entscheidung des LAG Nürnberg vom 07.05.1999 – geltend gemacht, auf die Frage eines nicht zu ersetzenden Nachteils komme es nicht an. § 62 Abs. 1 S. 3 ArbGG verweise gerade nicht auf die hier einschlägige Vorschrift des § 769 Abs. 1 ZPO. Es sei anders als beim Rechtsmittel gegen ein Urteil oder bei der Wiederaufnahme des Verfahrens nach den Vorschriften der §§ 707 und 719 ZPO ein neuer Umstand zu berücksichtigen, der beim Zustandekommen des Titels noch nicht vorgelegen habe und noch nicht durch das Gericht berücksichtigt worden sei.

Das Arbeitsgericht hat durch Beschluss vom 08.12.2005 (Bl. 132 f. d.A.) der sofortigen Beschwerde mit der Begründung nicht abgeholfen, das Erfordernis des nicht zu ersetzenden Nachteils, welches § 62 Abs. 1 S. 2 ArbGG aufstelle, finde auch auf das Verfahren nach § 769 ZPO Anwendung; eine ohne diese Einschränkung mögliche Einstellung wäre mit dem System der Zwangsvollstreckung im arbeitsgerichtlichen Verfahren, das gerade durch § 62 Abs. 1 S. 3, S. 2 ArbGG geprägt sei, nicht zu vereinbaren. Beim Fehlen des Verweises auf § 769 ZPO handele es sich um ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers.

Die Klägerin hat sich gegen diese Auffassung unter Zitierung etlicher Gegenmeinungen gewandt und die Meinung vertreten, der Gesetzgeber habe sich gerade im Bereich des § 769 ZP...

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