Leitsatz (amtlich)

1. Wer eine nachträglich zwischen den Parteien vereinbarte Vertragsänderung behauptet, ist hierfür beweisbelastet.

2. Das Berufungsgericht ist nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO grundsätzlich an die erstinstanzlichen Feststellungen gebunden. Eine fehlerhafte Beurteilung des materiellen Rechts wie auch Verfahrensfehler können Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen nahe legen. Entsprechendes gilt, wenn die Beweiswürdigung an revisionsrechtlich beachtlichen Fehlern leidet, weil die Beweisaufnahme nicht erschöpfend war, die protokollierte Aussage im Widersprach zu den Urteilsgründen ist oder Verstöße gegen Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze vorliegen.

 

Normenkette

ZPO § 529

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Aktenzeichen 7 III O 54/00)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das am 10.5.2002 verkündete Urteil des LG in Saarbrücken – 7 III O 54/00 – wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Klägerin zur Last.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 8.000 Euro abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

4. Der Wert der durch diese Entscheidung begründeten Beschwer der Klägerin und der Streitwert des Berufungsverfahrens werden auf jeweils 51.014,34 Euro festgesetzt.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin, ein Bauunternehmen slowakischen Rechts, war für die Beklagte, ein in der Rechtsform einer GmbH geführtes Bauunternehmen, verschiedentlich als Subunternehmerin tätig.

Die Schlussrechnung der Klägerin für das Bauvorhaben Multiplex-Kino in D. vom 22.10.1999 (fortan: Schlussrechnung: vgl. Bl 58 ff., 111 ff. d.A.) kürzte die Beklagte um 51.014,34 Euro (99.775,38 DM). Gegenstand der erstinstanzlichen Klage waren neben dieser Kürzung weitere Zahlungsansprüche der Klägerin i.H.v. insgesamt 533.390,96 DM.

Das LG, auf dessen tatsächliche Feststellungen gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat der Klage durch das angefochtene Urteil (Bl. 285 ff. d.A.) lediglich i.H.v. 10.460,86 Euro (20.459,68 DM) stattgegeben. Aufgrund der Aussagen der Zeugen W. und P. (Bl. 208 f., 235 ff. d.A.) ist das Erstgericht zu der Auffassung gelangt, dass die Parteien die Schlussrechnung einvernehmlich um den Betrag von 51.014,34 Euro (99.775,38 DM) reduziert haben (Bl. 3000 d.A.).

Mit ihrer Berufung rügt die Klägerin ausschließlich die Billigung der Kürzung ihrer Schlussrechnung um 51.014,34 Euro durch das LG, das rechtsfehlerhaft von einer einvernehmlichen Preisermäßigung ausgegangen sei. Im Rahmen der Beweiswürdigung sei die Aussage des Zeugen W. überbewertet, indes die gegenteilige Darstellung des Zeugen P. nicht hinreichend berücksichtigt worden. Schließlich könne angesichts der kurzen Dauer der zwischen den Zeugen geführten Unterredung nicht davon ausgegangen werden, dass sie eine detaillierte Preisvereinbarung über die gesamte Schlussrechnung getroffen hätten.

Die Klägerin beantragt (Bl. 374, 336 d.A.), unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 51.014,34 Euro zzgl. 17 % Zinsen seit dem 25.1.2000 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt (Bl. 374, 329 d.A.), die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung und macht geltend, das LG sei zu dem zutreffenden Ergebnis einer einvernehmlichen Abrede der Parteien über eine Verminderung der Schlussrechnung gelangt.

Im Übrigen wird auf die in dieser Instanz gewechselten Schriftsätze der Parteien verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht eingelegte sowie ordnungsgemäß begründete Berufung der Klägerin ist zulässig, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg.

I. Der Klägerin steht ein weiterer Zahlungsanspruch i.H.v. 51.014,34 Euro (99.775,38 DM) gegen die Beklagte nicht zu.

1. Nach der Rechtsprechung hat grundsätzlich derjenige, der an einen bestimmten Sachverhalt eine für ihn günstige Rechtsfolge anknüpft, dessen tatsächliche Voraussetzungen zu beweisen. Aus dem Grundsatz folgt, dass bei der Behauptung einer Vertragsänderung die Beweislast grundsätzlich denjenigen trifft, der aus ihr Rechte herleiten will (BGH v. 11.10.1994 – X ZR 30/93, MDR 1995, 348 = NJW 1995, 49 f. m.w.N.; OLG Saarbrücken v. 21.2.2001 – 1 U 372/00 - 85, OLGReport Saarbrücken 2001, 209 [211]; v. 12.5.1999 – 1 U 501/98 - 91, OLGReport Saarbrücken 1999, 413 f.).

2. Nach diesen Grundsätzen ist die Beklagte für die von ihr behauptete nachträgliche Preisanpassung, die eine Vertragsänderung darstellt, darlegungs- und beweispflichtig. Die Beklagte hat jedoch nach der Überzeugung des LG den Beweis erbracht, dass sich die Parteien über eine Reduzierung der Schlussrechnung in Höhe der Klageforderung geeinigt haben.

II. Der Senat ist nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO grundsätzlich an die Feststellungen des LG gebunden, dass die Parteien eine vertragliche Einigung über eine Ermäßigung der Schlussrechnung i.H.v. 51.014,34 Euro (99.775,38 DM) erzielt haben. Konkrete Anh...

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