Leitsatz (amtlich)

1. Erklärt ein Gläubiger die Kündigung, vermag der Schuldner den Fortbestand des Schuldenbereinigungsplans im Wege der Feststellungsklage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO vor dem Prozessgericht zu klären.

2. Der Inhalt eines Schuldenbereinigungsplans ist erforderlichenfalls durch Auslegung nach §§ 133, 157 BGB ausgehend vom Wortlaut und der zum Vertragsschluss führenden Begleitumstände und unter besonderer Berücksichtigung des Vergleichszwecks zu ermitteln.

3. Im Einzelfall kann die Auslegung des Schuldenbereinigungsplans ergeben, dass ein darin enthaltenes Kündigungsrecht nur von allen Gläubigern - wenn auch nicht notwendig durch gleichzeitige Erklärung - auszuüben ist.

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Aktenzeichen 1 O 361/17)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 21.12.2018 (Aktenzeichen 1 O 361/17) unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass der in dem Insolvenzeröffnungsverfahren über das Vermögen des Klägers vor dem Amtsgericht Saarbrücken (Aktenzeichen 116 IK 112/10) zu Stande gekommene Schuldenbereinigungsplan vom 30.01.2011 weiterhin wirksam ist.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

3. Das Urteil und nach Maßgabe der vorstehenden Ziffer 1. auch das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über den Fortbestand eines Schuldenbereinigungsplans.

Der Kläger, dessen Zunamen seinerzeit "Na." lautete, unterhielt bei der beklagten Sparkasse zwei Konten, aus denen eine Forderung in Höhe von insgesamt 14.977,31 EUR herrührte. Er beantragte die Eröffnung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens und unterbreitete den auf den 19.10.2010 datierten Schuldenbereinigungsplan (Bd. I Bl. 107 ff. d. A.), wonach auf die Forderung der Beklagten vergleichsweise eine Quote von 20,55 v. H., entsprechend einem Betrag von 3.078,34 EUR, gezahlt werden sollte. In der Anlage 7 B sind "Ergänzende Regelungen" enthalten, bei denen es unter anderem heißt:

"Der Gläubiger hat das Recht diesen Vergleich zu kündigen, wenn der Schuldner mit 2 vollen Monatsraten in Rückstand ist.".

Die Annahme des Schuldenbereinigungsplans "in der Fassung vom 30.01.2011" wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Saarbrücken vom 06.04.2011 (Aktenzeichen 116 IK 112/10) festgestellt. Die Raten für Juli und September 2013, Januar 2014, Oktober 2015, August 2016 und April 2017 zahlte der Kläger nicht. Die Beklagte holte mit Datum vom 26.10.2016 unter Verwendung des Zunamens "Na." eine Melderegisterauskunft ein, woraufhin sie am 03.11.2016 die Auskunft erhielt, die Person "N. N." (N. ist die jetzige Schreibweise des Zunamens des Klägers) wohne unter der vorliegend im Aktivrubrum angegebenen Anschrift. Die Beklagte erklärte mit Schreiben vom 30.05.2017 die Kündigung des Vergleichs gemäß Schuldenbereinigungsplan vom 30.01.2011, da der Kläger mit sechs Raten in Rückstand sei, und stellte die Gesamtforderung über 17.338,59 EUR zur sofortigen Rückzahlung fällig. Am 06.07.2017 beantragte die Beklagte die Pfändung der Forderungen des Klägers gegen seine Schwester aus auf deren Geschäftsgirokonto eingehenden Zahlungen, mit denen Ansprüche des Klägers erfüllt werden sollten. Daraufhin erließ das Amtsgericht Merzig einen entsprechenden Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 17.07.2017 (Aktenzeichen 2 M 1011/17). Mit Schreiben vom 12.07. und 25.09.2017 widersprach der Kläger der Kündigung vom 30.05.2017. Die Beklagte erklärte mit Schreiben an den Kläger vom 28.09.2017, am 30.05.2017 habe sie zur Sicherung ihrer Forderungen gegen den Kläger ihr Pfandrecht gemäß Nr. 21 AGB geltend gemacht. Da der Kläger die fällige Rückzahlung der Gesamtforderung nicht geleistet habe, sei die zur Sicherung einbehaltene Summe über 17.338,59 EUR am 26.09.2017 mit den den beigefügten Forderungsberechnungen zu entnehmenden Forderungen aufgerechnet worden. Mit Schreiben vom 07.01.2019 hat die Beklagte erneut die Kündigung des Schuldenbereinigungsplans erklärt. Danach hat der Kläger die offenen Raten ausgeglichen und sich auf Verwirkung des Rechts zur Kündigung berufen. Einkommensnachweise hat er nicht vorgelegt.

Der Kläger hat die Kündigung vom 30.05.2017 wegen Verwirkung für unwirksam gehalten, weil die Beklagte nach den ersten Ratenrückständen jahrelang zugewartet habe. Die letztlich erfolgte Kündigung sei nur damit zu erklären, dass die Beklagte auf diesem Wege eine fällige Gesamtforderung geschaffen habe, um von den Zahlungseingängen mit Empfangsbenennung des Klägers auf dem Geschäftsgirokonto zu profitieren, wobei diese beiden Zahlungen richtigerweise der Schwester zugestanden hätten. Der Kläger hat behauptet, er habe sich einer Kontaktaufnahme durch die Beklagte nicht entzogen, sondern bei Umzügen jeweils Nachsendeaufträge erteilt. Bestritten hat der Kläger, dass die Beklagte überhaupt einmal gemahnt habe. ...

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