Leitsatz (amtlich)

1. Ein Erbschein ist vom Nachlassgericht einzuziehen, wenn er, falls nunmehr über die Erteilung zu entscheiden wäre, nicht mehr erteilt werden dürfte.

2. Die formelle Vaterschaft des Erblassers als Voraussetzung der gesetzlichen Erbfolge nach § 1924 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass dieser zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet war, die Vaterschaft anerkannt hat oder seine Vaterschaft gerichtlich festgestellt ist (§ 1592 BGB). Fehlt es daran, kommt eine inzidente Prüfung der Vaterschaft im Erbscheinverfahren grundsätzlich nicht in Betracht.

 

Verfahrensgang

AG Ottweiler/Saar (Aktenzeichen 15 VI 162/07)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners zu 2. gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Nachlassgericht - Ottweiler vom 28. August 2018 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 12.500,- Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Mit notarieller Urkunde des Notars Dr. M. B., N., vom 18. Mai 2007 (UR XXXX/XXXX) beantragten die Beteiligten des vorliegenden Verfahrens die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins entsprechend der gesetzlichen Erbfolge nach dem am 8. Juli 2004 verstorbenen Ehemann der Antragsgegnerin zu 1. (im Folgenden: Erblasser). In der Urkunde heißt es u.a. (Bl. 4 GA):

Weiterhin versichere ich, die Erschienene zu 1. (= die hiesige Antragsgegnerin zu 1.) an Eides statt, dass der unter 2a genannte J. K. (der hiesige Antragsgegner zu 2.) der Sohn meines verstorbenen Ehemannes H. W. K. ist. Dass dies so ist, hat der verstorbene Herr H. W. K. auch dadurch dokumentiert, dass Herr J. K. den Namen "K." als Geburtsnamen erhielt und in der gemeinsamen Familie aufgewachsen ist.

Über die Strafbarkeit einer vorsätzlich oder fahrlässig falsch abgegebenen eidesstattlichen Erklärung sind wir belehrt.

Die Eheleute heirateten am 8. Juni 1962 (Bl. 6 GA). Der Antragsgegner zu 2. war zuvor, am 12. Oktober 1961, als Sohn der Antragsgegnerin zu 1. geboren worden (Bl. 46 GA). Mit Erklärung vom 28. November 1962 gegenüber dem Standesbeamten erteilte der Erblasser als Ehemann der Mutter dem Antragsgegner zu 2. seinen Familiennamen (Bl. 46 Rs. GA). Die Einbenennung gemäß § 1706 BGB wurde am 7. Februar 1963 im Familienstammbuch vollzogen (Bl. 8 GA).

Unter dem 31. Mai 2007 erteilte das Amtsgericht - Nachlassgericht - in Ottweiler den beantragten Erbschein, wonach der Erblasser von seiner Ehefrau, der Antragsgegnerin zu 1., zu 1/2-Anteil sowie von der Antragstellerin und dem Antragsgegner zu 2., dessen Kinder, zu je 1/4-Anteil beerbt worden sei (Bl. 13 GA).

Mit Schriftsatz vom 8. Juni 2018 beantragte die Antragstellerin u.a. die Einziehung des vorgenannten Erbscheins, weil der Antragsgegner zu 2. weder das leibliche noch das adoptierte Kind des Erblassers sei. Ihre Mutter habe ihr Kenntnis von einer Geburtsbescheinigung sowie von Abstammungs- und Geburtsurkunde verschafft, aus denen sich ergebe, dass der Antragsgegner zu 2. nicht der Sohn des Erblassers sei, sondern lediglich nach der Eheschließung auf den Namen des Ehemannes der Kindesmutter einbenannt worden sei (Bl. 16 f. GA). Die Antragsgegnerin zu 1. hat im Rahmen ihrer Anhörung schriftlich erklärt, die Angaben der Antragstellerin, ihrer Tochter, seien zutreffend. Bei Abgabe ihrer eidesstattlichen Versicherung habe sie nur zum Ausdruck bringen wollen, dass der Antragsgegner zu 2. zur Familie gehöre, nicht jedoch, dass es sich um den leiblichen Sohn des Erblassers handele (Bl. 25 f. GA). Der Antragsgegner zu 2. ist der Einziehung entgegengetreten (Bl. 34 f., 47 ff. GA). Anlass für den Antrag sei, dass die Antragstellerin mittlerweile mit ihm im Streit stehe. Seine Mutter habe mit dem Erblasser bereits zwei Jahre vor seiner Geburt mit den Eltern des Erblassers in einem Haus zusammengelebt, was gemäß § 1600d Abs. 2 und 3 BGB eine gesetzliche Vermutung der Vaterschaft begründe. Soweit die Antragsgegnerin zu 1. dies jetzt anders darstelle, bestünden auch Zweifel daran, dass dies unbeeinflusst und aus eigenem Willen heraus geschehen sei.

Mit dem angefochtenen Beschluss (Bl. 51 ff. GA) hat das Amtsgericht den Erbschein vom 31. Mai 2007 eingezogen, weil dieser nach § 2361 BGB unrichtig geworden sei. Gegen diesen, seiner Verfahrensbevollmächtigten am 3. September 2018 zugestellten Beschluss (Bl. 60 GA) richtet sich die am 4. Oktober 2018 eingelegte Beschwerde des Antragsgegners zu 2, der unter Hinweis auf die eidesstattliche Versicherung der Antragsgegnerin zu 1., der der Inhalt der Geburtsurkunde nicht widerspreche, sowie vermeintliche wirtschaftliche Interessen der Antragstellerin weiterhin behauptet, der Sohn des Erblassers und folglich dessen Miterbe nach der gesetzlichen Erbfolge zu sein (Bl. 87 ff. GA).

Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 27. November 2018 nicht abgeholfen (Bl. 113 f. GA) und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die gemäß §§§§ 58 ff., 63 Abs. 1 FamFG zulässige, insbesondere fristgemäß eingelegte sofortige Beschwerde des Antragsgegners zu 2. bleib...

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