Leitsatz (amtlich)

Die beurkundende Notarin hat einen Anspruch auf Erteilung einer Abschrift des von ihr für ihren Mandanten beantragten und ausgestellten nur der Verfügung über Grundstücke oder im Grundbuch eingetragene Rechte oder zur Berichtigung des Grundbuchs dienenden Erbscheins.

 

Verfahrensgang

AG Neunkirchen (Beschluss vom 18.07.2011; Aktenzeichen 16 VI 131/11)

 

Tenor

Der Beschluss des AG Neunkirchen vom 18.7.2011 - 16 VI 131/11 - wird aufgehoben. Das AG wird angewiesen, der Beschwerdeführerin die beantragte Abschrift zu erteilen.

 

Gründe

I. Am 8.4.2011 beantragte der Antragsteller unter Vorlage einer notariellen Urkunde vom selben Tage (Bl. 2 ff. d.A.) die Erteilung eines Erbscheines zu Händen seiner Verfahrensbevollmächtigten zum Zwecke der Vorlage beim Grundbuchamt. Ausweislich Seite 3 der notariellen Urkunde versicherte er, "dass der Erbschein gem. § 107 Abs. 3 KostO nur zur Verfügung über den im Grundbuch des AG Saarbrücken, Saarländisches Grundbuchamt, von Neunkirchen Blatt 11111 und 2222, verzeichneten Grundbesitz der Erblasserin benötigt wird". Nach Anhörung der weiteren Beteiligten erteilte das AG Neunkirchen am 4.5.2011 einen gemeinschaftlichen Erbschein zum ausschließlichen Gebrauch für das Grundbuchberichtigungsverfahren zu ermäßigten Gebühren (Bl. 20 d.A.). Mit Verfügung vom selben Tage (Bl. 19 GA) ordnete es die Übersendung einer Ausfertigung dieses Erbscheines an das Grundbuchamt in Saarbrücken an und teilte dem Antragsteller mit, dass die Erbscheinsausfertigung an das Grundbuchamt übersandt worden sei. Für die Erteilung des Erbscheines wurden nach §§ 107, 107a KostO ermäßigte Gebühren erhoben.

Mit Schreiben vom 12.5.2011 wandte sich die Beschwerdeführerin an das AG und bat um Übersendung einer "Abschrift" des beantragten Erbscheines. Zugleich teilte sie mit, dass sie mit gleicher Post den Antrag auf Grundbuchberichtigung an das Grundbuchamt weitergeleitet habe. Auf Hinweis des AG (Bl. 23 d.A.), es könne weder eine Ausfertigung noch eine Abschrift des Erbscheins erteilt werden, da dieser zum ausschließlichen Gebrauch für das Grundbuchberichtigungsverfahren erteilt worden sei, reagierte sie mit Schreiben vom 23.5.2011 (Bl. 24. d.A.) und erklärte, eine Rechtsgrundlage für diese Ansicht sei nicht ersichtlich; wäre sie zutreffend, wäre § 107a KostO unsinnig.

Mit Beschluss vom 18.7.2011 (Bl. 29 d.A.) hat das AG den Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers sei am 4.5.2011 mitgeteilt worden, dass der Erbschein antragsgemäß erteilt und an das Grundbuchamt gesandt worden sei. § 107a KostO biete jedoch keine Rechtsgrundlage für die Erteilung einer Abschrift des gebührenermäßigten Erbscheins an den Notar.

Gegen diesen Beschluss hat die Beschwerdeführerin am 17.8.2011 Beschwerde eingelegt (Bl. 32 d.A.) und diese mit Schriftsatz vom 16.9.2001 (Bl. 34 f. d.A.) begründet. Darin vertritt sie die Ansicht, es bestehe ein Anspruch des den Erbscheinsantrag beurkundenden Notars auf Erteilung einer Abschrift des Erbscheines, da nach der Rechtsprechung des BGH eine Amtspflicht des Notars bestehe, den erteilten Erbschein zu prüfen, ob er dem beantragten entspreche. Die Mitteilung des AG, der Erbschein sei wie beantragt erteilt, genüge hierzu nicht. Ein Anspruch auf Abschrifterteilung bestehe auch für einen nach § 107 Abs. 3 KostO für einen bestimmten Zweck beantragten, gebührenermäßigten Erbschein. § 107 Abs. 3 KostO wolle Missbrauch verhindern, welcher bei Abschrifterteilung an einen Notar jedoch nicht zu befürchten sei.

Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II. Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Die Beschwerdeführerin hat einen Anspruch auf Erteilung der beantragten Abschrift.

1. Die Beschwerde ist zulässig.

a) Die Beschwerdeführerin hat das Rechtsmittel in eigenem Namen eingelegt. Zwar handelt eine von einem aus Anlass der Beantragung des Erbscheines bevollmächtigte Notarin grundsätzlich im Namen des Antragstellers, sofern sie nicht ausdrücklich etwas anderes angibt (vgl. u.a. BGH, Beschl. v. 18.5.1989 - V ZB 4/89, NJW 1989, 2059). Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist aber die Versagung der Erteilung des beschränkten Erbscheines beantragten Übermittlung einer Abschrift dieses Erbscheines zum Zwecke der Überprüfung durch die Notarin. Sie hat - plausibel - geltend gemacht, sie wolle damit eigene Amtspflichten erfüllen. In einem solchen Fall, in dem die Verletzung eigener Rechte einer Notarin nicht auszuschließen ist, steht ihr auch ein eigenes Beschwerderecht zu, dessen Genehmigung auch konkludent - durch die Erwähnung des Zwecks der Interessenverfolgung - zum Ausdruck gebracht werden kann (vgl. allg. BGH, Beschl. v. 1.3.2011 - II ZBG/10 - NJW 2011, 1809).

b) Die Beschwerde ist auch statthaft.

Die Entscheidung über ein Akteneinsichtsgesuch in einer Nachlasssache (§ 342 Abs. 1 Nr. 6 FamFG) nach § 13 FamFG ist kein Akt der Justizverwaltung, sondern zählt zur Verfahrensführung durch das Gericht, so dass sich die Anfechtbarkeit der Entscheidun...

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