Leitsatz (amtlich)

Bei einer Stufenklage ist Prozesskostenhilfe grundsätzlich einheitlich für sämtliche Anträge zu bewilligen oder zu versagen. Soweit aber zu dem für die Bewilligung maßgeblichen Zeitpunkt keine hinreichende Erfolgsaussicht für den Auskunftsantrag besteht, ist die Bewilligung entsprechend einzuschränken.

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Aktenzeichen 16 O 50/19)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 26.6.2019 wird der Beschluss des Landgerichts Saarbrücken vom 29.5.2019 - 16 O 50/19 - dahingehend geändert, dass der Klägerin für ihre Stufenklage Prozesskostenhilfe für die erste Instanz ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Herrn Rechtsanwalt ... pp. bewilligt wird bei der Annahme der Angabe eines vorläufigen Streitwertes von 5.000,00 EUR durch die Klägerin und mit Ausnahme des Auskunftsantrages, der mit 1/5 des Leistungsantrages bewertet wird, so dass sich die Prozesskostenhilfebewilligung insgesamt auf einen Streitwert von 4.000,00 EUR erstreckt.

Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt Prozesskostenhilfe für eine Stufenklage, mit der sie vom Beklagten als Erben Auskunft, Abgabe einer Eidesstattlichen Versicherung und Zahlung verlangt. Den Streitwert hat sie mit 10.000,00 EUR angegeben.

Nach Klageerhebung, aber noch im Rahmen der Stellungnahme zum Prozesskostenhilfeantrag der Klägerin ergänzte der Beklagte seine Auskünfte, insbesondere auch zu lebzeitigen Schenkungen der Erblasserin, der Mutter der Parteien. Danach errechnet sich kein höherer Pflichtteilsanspruch der Klägerin als 5.000,00 EUR.

Die Klägerin hält die Auskünfte nach wie vor für unzureichend, weil nicht ausreichend erklärt sei, wie die Vermögensschrumpfung von Juli 2012 bis zum Jahr 2016 in Höhe von rund 27.000 EUR erklärt werden könne. Der Beklagte hat dazu behauptet, die Erblasserin habe die Kosten im Pflegeheim in den letzten Lebensjahren nicht aus ihren monatlichen Einkünften decken können, sodass Vermögen habe eingesetzt werden müssen.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 29.5.2019 verweigerte das Landgericht der Klägerin Prozesskostenhilfe, weil das Auskunftsbegehren, auf das es für die Beurteilung der begehrten Prozesskostenhilfe ankomme, keine Aussicht auf Erfolg biete.

Gegen diesen Beschluss legte die Klägerin am 26.6.2019 sofortige Beschwerde ein. Das Landgericht half der Beschwerde nicht ab und legte die Sache dem Saarländischen Oberlandesgericht vor.

II. Die zulässige sofortige Beschwerde ist teilweise begründet. Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO), soweit es um die Stufenklage als solche geht. Allerdings waren der Auskunftsantrag auszunehmen und Prozesskostenhilfe nur insoweit zu bewilligen, als Prozesskosten bei der Angabe eines vorläufigen Streitwertes von 5.000,00 EUR entstanden wären.

(1.) Für die Entscheidung über die Bewilligung beantragter Prozesskostenhilfe ist grundsätzlich der Sach- und Streitstand im Zeitpunkt der Entscheidung selbst maßgeblich. Anders sind nur die Fälle zu beurteilen, in denen das Gericht die Bewilligungsentscheidung durch nachlässige oder fehlerhafte Sachbearbeitung verzögert. Nur dann ist der Zeitpunkt der Bewilligungsreife entscheidend (Geimer in: Zöller, ZPO, 32. Aufl., § 119 Rn. 45; OLG Köln, JurBüro 2006, 657; OLG Dresden, MDR 1998, 185).

Danach war auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem das Gericht nach erfolgter Stellungnahme des Beklagten über den Prozesskostenhilfeantrag der Klägerin entscheiden konnte. Die Auskunft war zu diesem Zeitpunkt durch den Beklagten erteilt. Das hat das Landgericht Saarbrücken richtig gesehen. Auf die Frage einer Mutwilligkeit kommt es allerdings nicht an, weil Verschlechterungen der Erfolgsaussichten während des PKH-Verfahrens ohnehin zulasten des Antragstellers gehen. Dieses Risiko geht der Antragsteller ein, wenn er sofort Klage erhebt und einen Prozesskostenhilfeantrag erst im Klageverfahren stellt.

Die Auskunft muss die zur Durchsetzung der Gläubigerinteressen notwendigen Informationen enthalten. Dazu ist eine geordnete Zusammenstellung der Aktiva und Passiva des Nachlasses im Zeitpunkt des Erbfalls mitzuteilen, die auf Richtigkeit und Vollständigkeit überprüfbar sein und das Nachvollziehen des Ergebnisses ohne Beiziehung sachverständiger Hilfe erlauben muss. Geschuldet sind daher zum einen die nähere Bezeichnung der einzelnen Nachlassgegenstände und zum anderen die Informationen in Bezug auf die Nachlassgegenstände, die der Gläubiger zur Durchsetzung seines Anspruchs benötigt (Herzog in: Staudinger, BGB, 2015, § 2314 Rdn. 61; Lange in: MünchKomm(BGB), 2017, § 2314 Rn. 23ff).

Die Auskunftspflicht des Erben erstreckt sich nicht nur auf den tatsächlich im Zeitpunkt des Erbfalls vorhandenen, sondern darüber hinaus auch auf den fiktiven Nachlass. Zum fiktiven Nachlass gehören anrechnungs- (§ 2315) und ausgleichungspflichtige (§ 2316) Zuwendungen. Die Auskunftspflicht nach § 2314...

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