Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückständiger Unterhalt: Voraussetzungen für den Eintritt von Verzug

 

Leitsatz (amtlich)

Unterhalt für die Vergangenheit kann nur von der Zeit eingefordert werden, zu welcher der Verpflichtete in Verzug gekommen ist. Eine verzugsbegründende Mahnung ist nicht aufgrund der Fälligkeitsvorschrift des § 1612 Abs. 3 BGB entbehrlich.

 

Normenkette

ZPO §§ 114, 127; BGB §§ 286, 1612 Abs. 3, § 1613 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Saarlouis (Beschluss vom 02.11.2009; Aktenzeichen 21 F 305/09 UK)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Saarlouis vom 2.11.2009 - 21 F 305/09 UK - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin beabsichtigt mit am 30.9.2009 eingegangenem Schriftsatz, den Antragsgegner auf Zahlung von Volljährigenunterhalt für die Zeit von Januar 2008 bis einschließlich Juni 2008 in Anspruch zu nehmen, und hat um Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe nachgesucht.

Das Familiengericht hat, nachdem es mit prozessleitender Verfügung vom 13.10.2009 um weiteren Sachvortrag zu bestimmten - im Einzelnen genannten - Umständen gebeten hat (Bl. 4 d.A.), mit Beschluss vom 2.11.2009, auf den Bezug genommen wird (Bl. 12 ff. d.A.), den Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zurückgewiesen.

Gegen den ihr am 9.11.2009 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin mit am 9.12.2009 eingegangenem Faxschreiben sofortige Beschwerde eingelegt (Bl. 15 ff. d.A.).

Das Familiengericht hat dem Rechtsmittel gem. Nichtabhilfevermerk vom 15.12.2009 nicht abgeholfen und die Sache dem Saarländischen OLG zur Entscheidung vorgelegt (Bl. 19 d.A.).

Die Antragstellerin hat zu dem Nichtabhilfevermerk des Familiengerichts Stellung genommen (Bl. 25 f.f/36 d.A.).

II. Das gem. §§ 76 Abs. 2 FamFG, 127 Abs. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsmittel der Antragstellerin hat keinen Erfolg.

Gemäß §§ 76 Abs. 1 FamFG, 114 ZPO kann einer Partei nur dann Verfahrenskostenhilfe bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung der Antragstellerin bietet indes keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Die Antragstellerin beansprucht von dem Antragsgegner Volljährigenunterhalt für die Vergangenheit, nämlich die Zeit von Januar bis einschließlich Juni 2008.

Nach § 1613 Abs. 1 BGB kann für die Vergangenheit Unterhalt nur von der Zeit an gefordert werden, zu welcher der Verpflichtete in Verzug gekommen (§ 286 BGB) oder der Unterhaltsanspruch rechtshängig geworden ist.

Im Streitfall liegen die Voraussetzungen, unter denen Unterhalt für die Vergangenheit begehrt werden kann, insgesamt nicht vor. Insoweit bedurfte es einer - hier nicht entbehrlichen - Mahnung. Eine wirksame, den Antragsgegner in Verzug setzende Mahnung liegt indes nicht vor.

a) Ein Verzug ohne Mahnung aufgrund der Vorschrift des § 286 Abs. 2 BGB (Kalenderfälligkeit) setzt bei familienrechtlichen Unterhaltspflichten voraus, dass dem Verpflichteten seine Schuld sowohl nach ihrer Existenz als auch nach ihrem Umfang, also nach der Höhe des geschuldeten Betrages, bekannt ist, wie es insb. bei vertraglich vereinbarten Unterhaltsleistungen oder auch nach gerichtlicher Verurteilung der Fall ist (so bereits zu § 284 BGB a.F.: BGH, Urt. v. 26.1.1983 - IVb ZR 351/81, MDR 1983, 651, m.w.N.). Eine derart vermittelte Kenntnis des Antragsgegners von seiner Unterhaltsschuld durch vereinbarte Unterhaltsleistung oder vollstreckungsfähigen Titel für den in Rede stehenden Zeitraum ist nicht festzustellen.

b) Eine verzugsbegründende Mahnung ist auch nicht aus anderen Gründen entbehrlich. Auf Grund der Fälligkeitsvorschrift des § 1612 Abs. 3 BGB tritt nämlich bei einer Unterhaltsrente kein automatischer Verzug nach § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB ein. Zwar ist nach § 1612 Ab. 3 Satz 1 BGB die Rente monatlich im Voraus zu zahlen. Das bedeutet zunächst, dass die Rente in Monatsbeträgen zu bemessen ist. Dies führt jedoch nicht zu einem generellen Verzug des Unterhaltsschuldners wegen Kalendarfälligkeit nach § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB, weil ansonsten die Vorschrift des § 1613 Abs. 1 BGB überflüssig wäre. Sie schränkt vielmehr - ebenso wie § 1585b Abs. 2 S. 1 BGB für die dort geregelten Sachverhalte - die Verzugsbestimmungen dahingehend ein, dass Verzug erst in Betracht kommt, wenn der gesetzliche Unterhaltsanspruch nach Höhe und Beginn konkretisiert wurde. § 1613 Abs. 1 BGB (wie § 1585b Abs. 2 BGB) beruht auf dem Gedanken, dass Unterhalt seinem Wesen nach zur Bestreitung des laufenden Lebensbedarfs dient und die Befriedigung der Bedürfnisse einer zurückliegenden Zeit an sich nicht möglich ist, so dass grundsätzlich keine Notwendigkeit besteht, darauf beruhende Ansprüche fortgelten zu lassen. Soweit der Bedürftige nichts verlangt, ist davon auszugehen, dass er sie selbst decken kann bzw. konnte. Zugleich soll der Pflichtige in die Lage versetzt werden, sich auf die ihn zukommenden Belast...

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