Leitsatz

Verstirbt der Versicherungsnehmer, der einen Antrag auf Abschluss einer Lebensversicherung gestellt hat, nach dem im Antrag als Versicherungsbeginn genannten Zeitpunkt, so kommt der Versicherungsvertrag auch dann zustande, wenn der Versicherer den Versicherungsantrag nach dem Tod des Versicherungsnehmers unverändert annimmt und die Annahmeerklärung dessen Erben unmittelbar zugeht.

 

Normenkette

§ 130 BGB, § 150 BGB, § 2 VVG, § 4 AGBG

 

Sachverhalt

Der VN hatte bei der Bekl. einen Antrag auf Abschluss einer Lebensversicherung gestellt. Noch vor Zugang der Annahmeerklärung der Bekl. verstarb der VN. Die Kl. als Alleinerbin und die Bekl. stritten darum, ob der Vertrag wirksam zustande gekommen ist.

Das OLG entschied, dass der von dem Erblasser beantragte Lebensversicherungsvertrag wirksam zustande gekommen ist.

 

Entscheidung

Die vom Erblasser unter dem 8.3.1990 abgegebene und auf Abschluss des Versicherungsvertrages gerichtete Willenserklärung sei mit Zugang bei der Bekl. am 16.3.1990 wirksam geworden (§ 130 Abs. 1 BGB). Da der Erblasser zu diesem Zeitpunkt noch gelebt habe, komme es auf § 130 Abs. 2 BGB, wonach es auf die Wirksamkeit der Willenserklärung ohne Einfluss ist, wenn der Erklärende nach Abgabe stirbt, nicht an.

Der Antrag sei auch trotz des Versterbens des Antragstellers annahmefähig geblieben. Das folge aus § 153 BGB, der bestimme, dass das Zustandekommen des Vertrages nicht dadurch gehindert wird, dass der Antragende vor der Annahme stirbt, es sei denn, dass ein anderer Wille des Antragenden anzunehmen ist.

Die Bekl. habe den Antrag auch wirksam angenommen. Die Annahmeerklärung sei der Kl. als Alleinerbin des Antragstellers am 20.3.1990 zugegangen. Das genüge. Aus § 153 BGB folge, dass die Annahme als grundsätzlich empfangsbedürftige Willenserklärung auch noch nach dem Versterben des Antragenden wirksam gegenüber den Erben erklärt werden könne. Dabei sei es nicht erforderlich, dass die Annahmeerklärung als solche bereits an die Erben gerichtet ist. Es sei ausreichend, wenn die an den Antragenden gerichtete Erklärung in Unkenntnis von dessen Versterben dem Erben unmittelbar zugeht.

Allerdings sei im Streitfall der Versicherungsfall bereits vor Vertragsschluss eingetreten. Das sei indessen unschädlich, weil der Versicherungsschutz bereits bestanden habe. Der BGH (vgl. r + s 90, 250 = VersR 90, 729, 730) habe ausdrücklich entschieden, aus § 130 Abs. 2 BGB, § 153 BGB ergäbe sich, dass eine Rückwärtsversicherung auch dann zustande kommen könne, wenn der VN, der eine Versicherung auf den eigenen Todesfall beantragt, nach dem im Antrag als Versicherungsbeginn genannten Zeitpunkt, aber vor Annahme des Versicherungsvertrages versterbe und der Versicherer nach dem Tod den Versicherungsantrag unverändert, also auch mit dem im Antrag genannten Versicherungsbeginn annehme. Dem folge der Senat. Der Erblasser habe als Versicherungsbeginn "3/90" beantragt. Damit sei der 1.3.1990 gemeint, wie von der Bekl. auch so aufgefasst. Diesen Antrag habe sie so angenommen, denn im Versicherungsschein sei als Versicherungsbeginn ausdrücklich der 1.3.1990 genannt. Der Ansicht der Bekl., damit sei nur der technische Versicherungsbeginn gemeint gewesen, vermöge der Senat nicht zu folgen. Es komme darauf an, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der Verständnismöglichkeit des durchschnittlichen VN aufzufassen ist. Jener werde - ohne abweichenden Hinweis - davon ausgehen, dass mit dem Versicherungsbeginn auch der Versicherungsschutz einsetzt. Da bei Lebensversicherungen eine Rückbeziehung auf einen Zeitpunkt vor Antragstellung ausscheide (vgl. BGB a. a. O.), sei der Versicherungsschutz auf den frühestmöglichen Termin, nämlich den des Wirksamwerdens des Antrages zu erstrecken. Das entspreche der beachtlichen Interessenlage des Antragstellers, die aufgrund des im Antrag genannten Termins für die Bekl. auch erkennbar gewesen sei. Die davon abweichende Klausel im Bedingungswerk (§ 1 AVB), wonach der Versicherungsschutz erst beginnt, wenn die Antragsannahme schriftlich oder durch Aushändigung des Versicherungsscheins bestätigt und der Einlösungsbetrag gezahlt ist, sei wegen § 4 AGBG unbeachtlich.

 

Link zur Entscheidung

OLG Köln, Urteil vom 26.06.1996, 5 U 182/95

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