Am 13.6.2014 ist das "Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechte-Richtlinien" in Kraft getreten. Seitdem gelten umfassende Neuregelungen im Verbraucherrecht, die sich auch auf das Mietrecht auswirken. Das Gesetz räumt Verbrauchern Widerrufsrechte in Verträgen mit Unternehmern dann ein, wenn bestimmte Arten von Verträgen vorliegen. Das gilt besonders für Verträge außerhalb von Geschäftsräumen gemäß § 312b BGB (früher "Haustürwiderrufsgeschäft") oder Fernabsatzverträge gemäß § 312c BGB. Wird der Verbraucher über sein Widerrufsrecht belehrt, betägt die Widerrufsfrist 14 Tage ab Erhalt der Belehrung. Wird der Verbraucher erst nach Vertragsabschluss belehrt, beträgt die Widerrufsfrist einen Monat. Fehlt die Widerrufsbelehrung, verlängert sich die Widerrufsfrist auf ein Jahr und 14 Tage.

Fernabsatzvertrag

Beim Fernabsatzvertrag erfolgt der Vertragsabschluss ausschließlich mittels Fernkommunikation wie Brief, Telefax, E-Mail oder SMS. Hier ergibt sich die Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers aus der "Unsichtbarkeit" des Vertragspartners und des Produkts.[1] Der Gesetzgeber will den Verbraucher vor übereilten Schritten schützen. In § 312 Abs. 4 BGB ist geregelt, dass die Verbraucherrechte auch für Mietverträge gelten.

Dabei ist Verbraucher jeder, der nicht gewerblich oder selbständig tätig ist.

Wann ist ein Vermieter Unternehmer?

Das Widerrufsrecht des Mieters als Verbraucher besteht, wenn der Vermieter als "Unternehmer" handelt. Ein Vermieter, der lediglich eine Wohnung vermietet, handelt regelmäßig nicht gewerblich, sondern betreibt lediglich Vermögensverwaltung. Ab welcher Anzahl von Wohnungen auch ein privater Vermieter als Unternehmer eingestuft wird, ist strittig:

  • Das LG Köln stuft einen Vermieter von 7 Wohnungen bereits als Unternehmer i. S. d. § 312 BGB ein.[2]
  • Nach Ansicht des LG Waldshut-Tiengen ist der Vermieter von 8 Wohnungen noch nicht zwangsläufig Unternehmer.[3]
  • Das AG Neukölln sieht den Vermieter von 12 Wohnungen nicht als Unternehmer i. S. d. § 312 BGB, wenn die Immobilie der privaten Vermögensverwaltung dient.[4]
  • Dagegen kommt das AG Lichtenberg zu dem Schluss, dass bereits die Vermietung einer einzigen Eigentumswohnung zum Zwecke der Gewinnerzielung den Begriff des Unternehmers erfülle.[5]
  • Der BGH verlangt ein planmäßiges und dauerhaftes Angebot von Dienstleistungen gegen Entgelt. Auf den Umfang und die Regelmäßigkeit komme es dabei nicht an.[6]
 
Wichtig

Vermieter als Unternehmer

Da die Rechtsprechung zur Unternehmereigenschaft des privaten Vermieters unklar ist, sollte im Zweifel angenommen werden, dass jeder Vermieter Unternehmer i. S. d. § 312 BGB ist.

Fernabsatzgeschäft

Ein Fernabsatzgeschäft liegt vor, wenn der Vertrag ausschließlich durch die Verwendung von Brief/Fax/E-Mail etc. zustande gekommen ist und ein für den Fernabsatz organisiertes Vertriebs- und Dienstleistungssystem vorliegt (§ 312c BGB). Nach dem BGH unterliegen alle traditionellen Kommunikationsmittel uneingeschränkt dem Anwendungsbereich des Fernabsatzes. Die Kommunikation mit den Mietern per Post stuft der BGH regelmäßig als Fernabsatzgeschäft ein.[7]

Mietverträge können nur widerrufen werden, wenn die Wohnung vor Abschluss des Mietvertrags nicht besichtigt wurde (§ 312 Abs. 4 BGB). Findet eine Besichtigung statt, kann der Mieter den Mietvertrag nicht widerrufen. Ohne Besichtigung der Mietwohnung steht dem Mieter ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB zu, wenn der Mietvertrag außerhalb der Geschäftsräume des Vermieters geschlossen wird. Der private Vermieter verfügt i. d. R. über keine Geschäftsräume, sodass der Vertragsabschluss "außerhalb von Geschäftsräumen" stattfindet.

 
Praxis-Tipp

Umgang mit dem Widerrufsrecht

Eine Wohnung sollte nur nach einer vorherigen Besichtigung vermietet werden. Ist das ausnahmsweise nicht möglich, muss der Vermieter seiner Informationspflicht nachkommen und den Mieter auf sein Widerrufsrecht hinweisen. Die Informationspflicht wird i. d. R. erfüllt sein, wenn ein gängiges Mietvertragsformular verwendet wird, wobei ergänzend auf das Kündigungs- und Gewährleistungsrecht des Mieters hinzuweisen ist.

Es wird dringend geraten, die Belehrung vom Mieter zu Beweiszwecken unterzeichnen zu lassen. Außerdem sollte der Mietvertrag möglichst mehr als 14 Tage vor der Wohnungsübergabe abgeschlossen werden, damit der Mieter den Vertrag nicht nach bereits erfolgter Wohnungsübergabe widerruft.

Das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz hat einen Mustertext für eine Widerrufsbelehrung veröffentlicht.[8]

[1] Palandt § 312c BGB, Rz. 1.
[2] LG Köln, Urteil v. 12.3.2009, 1 S 202/07, WuM 2009 S. 730.
[3] LG Waldshut-Tiengen, Urteil v. 30.4.2008, 1 S 27/07, ZMR 2009 S. 372.
[4] AG Berlin-Neukölln, Urteil v. 3.3.2016, 16 C 135/15, DWW 2016 S. 301.
[8] BGBl. v. 27.9.2013, BGBl. 2013 I Nr. 58 S. 3663 ff..

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