Rdn 2608

 

Literaturhinweise:

S. die Hinw. bei → Berufung, Allgemeines, Teil B Rdn 640, bei → Rechtsmittel, Allgemeines, Teil R Rdn 2582, und bei → Revision, Allgemeines, Teil R Rdn 2661.

 

Rdn 2609

1.a) Nach § 335 Abs. 1 kann ein Urteil, gegen das die Berufung zulässig ist, auch mit der Revision angefochten werden. Da die Entscheidung über das "richtige" Rechtsmittel i.d.R. erst nach Kenntnis von den Urteilsgründen getroffen werden kann, wird nach allgemeiner Meinung in Rspr. und Lit. in Erweiterung des § 335 auch die unbestimmte Anfechtung des Urteils als zulässig angesehen (vgl. u.a. BGHSt 6, 206; Meyer-Goßner/Schmitt, § 335 Rn 2 m.w.N.).

 

Rdn 2610

b) In welcher Form die unbestimmte Anfechtung erfolgt, kann der Verteidiger frei entscheiden: Er kann innerhalb der Berufungsfrist Rechtsmittel einlegen, ohne dieses (zunächst) näher zu bezeichnen, er kann sich aber auch die spätere Benennung des Rechtsmittels ausdrücklich vorbehalten (BGHSt 13, 388, 393; Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O.; vgl. a. das Muster Teil R Rdn 2614). Bestehen Zweifel, ist anzunehmen, dass das Rechtsmittel nicht endgültig gewählt ist (u.a. BGHSt 25, 321, 324).

 

☆ Bei der Einlegung des Rechtsmittels und in begleitenden Schriftsätzen sollte der Verteidiger besonders sorgfältig auf seine Ausführungen achten , um nicht ggf. konkludent eine Rechtsmittelwahl zu treffen. Das hat das OLG Stuttgart (vgl. Beschl. v. 25.1.2012 – 6 Ss 741/11) zwar z.B. für Einlegung eines Rechtsmittels und begleitender Ausführung: Die Begründung der Revision erfolgt ggf. in einem weiteren Schriftsatz verneint, Vorsicht ist aber dennoch geboten. Es ist auch zu berücksichtigen, dass das unbestimmte Rechtsmittel gegen das amtsgerichtliche Urteil nicht auch die Kostenbeschwerde nach § 464 Abs. 3 enthält bzw. dahin ausgelegt werden kann (OLG Stuttgart Justiz 2003, 451; LG Freiburg RVGreport 2016, 319). Ggf. muss deren Anfechtung also ausdrücklich erklärt werden.achten, um nicht ggf. konkludent eine Rechtsmittelwahl zu treffen. Das hat das OLG Stuttgart (vgl. Beschl. v. 25.1.2012 – 6 Ss 741/11) zwar z.B. für Einlegung eines "Rechtsmittels" und begleitender Ausführung: "Die Begründung der Revision erfolgt ggf. in einem weiteren Schriftsatz" verneint, Vorsicht ist aber dennoch geboten. Es ist auch zu berücksichtigen, dass das unbestimmte Rechtsmittel gegen das amtsgerichtliche Urteil nicht auch die Kostenbeschwerde nach § 464 Abs. 3 enthält bzw. dahin ausgelegt werden kann (OLG Stuttgart Justiz 2003, 451; LG Freiburg RVGreport 2016, 319). Ggf. muss deren Anfechtung also ausdrücklich erklärt werden.

 

Rdn 2611

2.a) Hat der Verteidiger ein unbestimmtes Rechtsmittel eingelegt, wodurch die Rechtskraft des angefochtenen Urteils gem. §§ 316 Abs. 1, 343 Abs. 1 gehemmt wird, muss er nach Zustellung des angefochtenen Urteils entscheiden, welches Rechtsmittel nun endgültig durchgeführt werden soll. Die endgültige Wahl kann/muss bis zum Ablauf der Revisionsbegründungsfrist getroffen werden (st.Rspr.; vgl. BGHSt 25, 321, 324; OLG Düsseldorf NStZ 1983, 471; OLG Köln, Beschl. v. 29.9.2017 – 1 RVs 179717, StV 2019, 842 [Ls.]; OLG München StRR 2009, 202 [Ls.]). Werden innerhalb der Revisionsbegründungsfrist des § 345 Abs. 1 die Revisionsanträge oder deren Begründung überhaupt nicht oder nicht in der der nach § 345 Abs. 2 genügenden Form gestellt, wird das Rechtsmittel auch dann als Berufung behandelt, wenn es ausdrücklich als Revision bezeichnet worden ist (u.a. BGHSt 2, 63, 70; OLG Bamberg NStZ-2018, 56; OLG Hamm StraFo 1999, 382). Bezeichnet der Angeklagte sein Rechtsmittel nicht, wird eine ggf. vom Nebenkläger eingelegte Revision ebenfalls als Berufung behandelt (KG, Beschl. v. 6.3.2019 – 121 Ss 22/19).

 

Rdn 2612

Der Verteidiger kann die Frist vollständig ausschöpfen (OLG Frankfurt am Main NStZ 1991, 506 f.). Während des Laufes der Frist darf das Berufungsverfahren nicht durchgeführt werden. Geschieht das dennoch, geht das Wahlrecht zwar verloren, dieser Verlust kann aber mit der Revision gerügt werden (OLG Frankfurt am Main, a.a.O.). Hat die Revision Erfolg, wird die Wahlmöglichkeit mit der noch verbliebenen Frist wiederhergestellt (OLG Frankfurt am Main, a.a.O.).

 

☆ Die Bestimmung des Rechtsmittels muss der Verteidiger davon abhängig machen, ob im Interesse des Mandanten auf die Berufungsinstanz als zweite Tatsacheninstanz verzichtet werden kann (vgl. zu den Überlegungen →  Rechtsmittel, Allgemeines , Teil R Rdn  2582 ).Bestimmung des Rechtsmittels muss der Verteidiger davon abhängig machen, ob im Interesse des Mandanten auf die Berufungsinstanz als zweite Tatsacheninstanz verzichtet werden kann (vgl. zu den Überlegungen → Rechtsmittel, Allgemeines, Teil R Rdn 2582).

Trifft der Verteidiger keine Wahl, wird das Rechtsmittel automatisch als Berufung durchgeführt (BGHSt 40, 395). Entsprechendes gilt bei einer nicht eindeutigen Erklärung (OLG Hamm NJW 2003, 1469; Meyer-Goßner/Schmitt, § 335 Rn 5 m.w.N.), und zwar auch bei unterschiedlichen Rechtsmittelerklärungen mehrerer (Wahl)Verteidiger (OLG Jena StraFo...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge