Gesetzestext

 

(1) Hat ein Wohnungseigentümer sich einer so schweren Verletzung der ihm gegenüber anderen Wohnungseigentümern oder der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer obliegenden Verpflichtungen schuldig gemacht, dass diesen die Fortsetzung der Gemeinschaft mit ihm nicht mehr zugemutet werden kann, so kann die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer von ihm die Veräußerung seines Wohnungseigentums verlangen.

(2) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 liegen insbesondere vor, wenn der Wohnungseigentümer trotz Abmahnung wiederholt gröblich gegen die ihm nach § 14 Absatz 1 und 2 obliegenden Pflichten verstößt.

(3) Der in Absatz 1 bestimmte Anspruch kann durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer nicht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden.

(4) 1Das Urteil, durch das ein Wohnungseigentümer zur Veräußerung seines Wohnungseigentums verurteilt wird, berechtigt zur Zwangsvollstreckung entsprechend den Vorschriften des Ersten Abschnitts des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung. 2Das Gleiche gilt für Schuldtitel im Sinne des § 794 der Zivilprozessordnung, durch die sich der Wohnungseigentümer zur Veräußerung seines Wohnungseigentums verpflichtet.

A. Inhalt.

 

Rn 1

§ 17 I gibt das nach § 17 III durch Vereinbarung nicht einschränkbare oder auszuschließende Recht, bei einer schweren Verletzung (Rn 4) von einem WEigtümer nach einem entspr Beschl (Rn 10) die Veräußerung seines Wohnungseigentums (§ 1 II) zu verlangen. Ziel ist es, künftige Störungen zu verhindern und den Hausfrieden wiederherzustellen (BGH NZM 17, 37 Rz 15) sowie nicht vergangenes Handeln zu sanktionieren (LG Hambg ZMR 16, 487). Art 14 GG steht § 17 zwar nicht entgegen; das Verlangen darf seinetwegen aber nur als letztes Mittel eingesetzt werden (BGH NZM 18, 1024 Rz 14; ZMR 18, 525 Rz 9).

B. Verpflichteter und Berechtigter.

 

Rn 2

Anspruchsgegner ist ein (ggf werdender) WEigtümer (Vor §§ 1–49 Rn 1). Steht ein Wohnungseigentum mehreren gesamthänderisch zu und stört nur einer von ihnen, kann die Veräußerung des Wohnungseigentums von allen verlangt werden (BGH NZM 18, 1024 Rz 8; LG Köln ZMR 02, 227); bei Bruchteilseigentum soll nichts anderes gelten (BGH NZM 18, 1024 Rz 12). Der nicht störende Miteigentümer soll aber berechtigt sein, die Wirkungen des Entziehungsurteils bis zur Erteilung des Zuschlags dadurch abzuwenden, dass er den Miteigentumsanteil des störenden Miteigentümers selbst erwirbt, den störenden Miteigentümer dauerhaft und einschränkungslos aus der WE-Anlage entfernt und alle Kosten ersetzt, die der GdW durch die Führung des Entziehungsrechtsstreits und die Durchführung eines Zwangsversteigerungsverfahrens zur Durchsetzung des Entziehungsanspruchs entstanden sind (BGH NZM 18, 1024 [BGH 14.09.2018 - V ZR 138/17] Rz 12).

 

Rn 3

Nach § 17 berechtigt ist die GdW. Sie handelt insoweit als Treuhänderin und nach § 9a II Fall 1.

C. Schwere Verletzung (§ 17 I 1, II).

I. Generalklausel (§ 17 I).

1. Schwere und unzumutbare Verletzung.

a) Überblick.

 

Rn 4

WEigtümer treffen eine Reihe geschriebener und ungeschriebener Pflichten. Verletzt ein WEigtümer eine oder mehrere dieser Pflichten, muss für ein Veräußerungsverlangen untersucht werden, ob die Verletzung schwer und eine Fortsetzung der Gemeinschaft unzumutbar ist. Dies kann nicht abstrakt beantwortet werden, sondern ist idR Gegenstand einer Gesamtabwägung (LG Hambg ZMR 16, 487). Wie bei §§ 543 I 1, 569 II BGB (§ 569 BGB Rn 12) entzieht sich der Begriff einer Definition und ist stets das Ergebnis einer – sorgfältigen – wertenden Betrachtung (BGH NZM 10, 408 Rz 8; s.a. NJW 14, 2566 [BGH 04.06.2014 - VIII ZR 289/13] Rz 15).

b) Vorgehen bei Prüfung.

 

Rn 5

Herauszuarbeiten ist, was jew für die andere Seite spricht. Bei der Abwägung spielt ua eine Rolle, ob die Verletzung schuldhaft ist, ob sie sich wiederholt, aus welcher Sphäre sie stammt, wie eng die WEigtümer zusammenleben, wie lange die Pflichtverletzung zurückliegt usw. Das Verhalten des Störers darf nicht isoliert bewertet werden (BGH NZM 10, 408 Rz 8). Das vorgeworfene Verhalten darf auch nicht ›provoziert werden oder das Verlangen sich sonst als treuwidrig darstellen‹ (BGH NZM 10, 408 Rz 10; sa NJW 14, 2566 Rz 23). Da es sich um einen Eigentumseingriff handelt, sind die Begriffe eng auszulegen (BVerfG NJW 94, 241). Unzumutbarkeit ist nur dann anzunehmen, wenn weniger einschneidende Maßnahmen erfolglos geblieben sind (BGH NJW 07, 1353 Rz 12). Ein Verschulden ist nicht zwingend (BVerfG NJW 94, 24; LG Hambg ZMR 16, 487). Soweit eine Verletzung nicht schuldhaft ist, müssen aber wieder besondere Gründe für das Verlangen nach § 17 vorliegen (BVerfG NJW 94, 241 [BVerfG 14.07.1993 - 1 BvR 1523/92]).

 

Rn 6

Besteht keine Wiederholungsgefahr, kann eine Verpflichtung zur Veräußerung zulässig sein, wenn die einmalige Verletzung von einer besonderen Schwere ist (BVerfG NJW 94, 241 [BVerfG 14.07.1993 - 1 BvR 1523/92]). Die Gründe müssen aus der Sphäre des Auszuschließenden kommen, können aber auch durch Haushalts- oder Familienangehörige bzw Mieter eines WEigtümers verursacht werden; die Zurechnung folgt aus § 278 BGB. Bei Fehlverhalten Dritter kann ein eigenes Fehlverhalten des WEigtümers darin liegen, dass er gravierende Störungen zB des Hausfriedens hinnimmt ...

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