Rn 35

Für die Geltendmachung des Anspruchs gilt die Regelung des § 766 nicht. Der Anspruch sollte zu Beweiszwecken dennoch schriftlich geltend gemacht werden (umgangssprachlich: Die Bürgschaft wird ›gezogen‹). Bei der Geltendmachung sind ggf die im Bürgschaftsvertrag vereinbarten Voraussetzungen darzulegen, zB bei einer Ausfallbürgschaft der Ausfall des Hauptschuldners. Bei einer befristeten Bürgschaft ist darauf zu achten, dass die Willenserklärung zur Inanspruchnahme dem Empfänger rechtzeitig und in nachweisbarer Form zugeht: per Einschreiben/Rückschein oder per Telefax iVm einem anschließenden, umgehend schriftlich durch Vermerk dokumentierten Anruf, in dem sich ein Zeuge (also nicht der Anspruchsteller selbst, vgl §§ 373 ff ZPO im Gegensatz zu §§ 445 ff ZPO) den Zugang des Telefaxes bestätigen lässt. Die Nutzung der elektronischen Form wird meist bereits wegen des fehlenden Einverständnisses (vgl § 126a Rn 7) des Bürgen ausscheiden.

 

Rn 36

Der Anspruch aus Bürgschaft unterliegt der allg dreijährigen Verjährung aus §§ 195, 199 I und verjährt grds selbstständig (zB Stuttg NZBau 10, 761 [OLG Stuttgart 22.09.2009 - 12 U 93/09]). Der Bürge kann dem Gläubiger aber nach § 768 ggf eine kürzere Verjährungsfrist der Hauptschuld entgegenhalten, s § 768 Rn 6. Der Anspruch entsteht mit der Fälligkeit der Hauptschuld (BGH NZBau 13, 30 Erw 11–12 mit zust Anm Bräuer S 148 ff für die selbstschuldnerische Bürgschaft, WM 08, 1731, 1732 für die Bürgschaft auf erstes Anfordern, sofern nichts anderes vereinbart ist). Die Hemmung der Verjährung der Hauptschuld nach § 203 1 und § 205 hemmt nicht auch die Verjährung der Bürgenschuld (zur Hemmung der Verjährung der Hauptschuld s § 768 Rn 15). Bei insolvenzrechtlich anfechtbarer Leistung leben die Forderung und die Bürgschaft bei Rückzahlung ex tunc wieder auf (§ 144 InsO). Verjährungsrechtlich ist jedoch auf den Zeitpunkt der Rückzahlung abzustellen (Münch EWIR 09, 561 f). Verjährt die Hauptschuld später, kann die Auslegung der Bürgschaft eine Anpassung der Verjährungsfrist an die längere Verjährung der Hauptschuld gebieten (Grüneberg/Ellenberger § 195 Rz 3), wenn dies nicht bereits ausdrücklich vereinbart ist (zB ›Verjährung nach § 195, frühestens aber drei Monate nach Verjährung der Hauptschuld‹). Die Inanspruchnahme des Bürgen ist keine Voraussetzung für den Beginn der Verjährung (BGHZ 175, 161, 169; NJW-RR 09, 378 ff; ZfBR 13, 28, 30 f). Danach muss der Gläubiger darüber wachen, dass er den Bürgen rechtzeitig (und beweisbar: s Rn 35) binnen drei Jahren ab Fälligkeit der Hauptschuld in Anspruch nimmt: Der Bürge kann zahlen oder die Hemmung der Verjährung des Bürgschaftsanspruchs durch Erhebung der Einrede der Vorausklage bewirken, § 771 2 (s § 771 Rn 12 zu praktischen Problemen). Die Parteien können von der gesetzlichen Rechtslage abweichen und den Beginn der Verjährung von der Inanspruchnahme des Bürgen durch den Gläubiger abhängig machen (BGH NJW 13, 1803 zum alten Verjährungsrecht von 30 Jahren mit krit Anm Peters NJW 13, 2942; s einschränkend München BeckRS 12, 13146 unter II 1.a.aa. (3); eine entsprechende AGB muss hinreichend bestimmt sein (s BGH NJW 13, 1803, 1804 [BGH 26.02.2013 - XI ZR 417/11]). Das vermeidet das ›Ping Pong‹ von pünktlicher Inanspruchnahme und Einredeerhebung nach § 771 1. Das Risiko des Bürgen lässt sich über einen objektiven Endzeitpunkt für die Bürgschaftsverjährung oder eine Gestaltung als Bürgschaft auf Zeit (§ 777) mindern. Zur Unterbrechung der Verjährung durch Anerkenntnis s § 767 Rn 14.

 

Rn 37

Bei der selbstschuldnerischen Bürgschaft ist wegen § 768 I auch die Verjährung der Hauptschuld im Auge zu behalten (s § 768 Rn 6) und ggf Hauptschuldnerklage zu erheben oder die Verzichtserklärung des Bürgen einzuholen; ein Verjährungsverzicht des Hauptschuldners genügt nicht (s § 768 Rn 14); Ausnahme: Untergang des Hauptschuldners (s § 767 Rn 10).

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