Rn 19

(vgl auch Ziff 2 der Leitlinien) zählen zum unterhaltsrechtlich relevanten Einkommen, soweit sie nicht nur subsidiär gewährt werden (BGH NJW 97, 1919 [BGH 16.04.1997 - XII ZR 233/95]). Für die Beurteilung der unterhaltsrechtlichen Bedürftigkeit und Leistungsfähigkeit nach gelten teilw andere Maßstäbe als im Sozialhilferecht (BGH FamRZ 95, 537).

ALG I ist eine Entgeltersatzleistung und unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen (BGH FamRZ 09, 307; 08, 594). Für die Anrechnung ist es unerheblich, aufgrund welcher Beschäftigung das ALG gezahlt wird. Auch bei einer zuvor überobligatorischen Arbeit ist es wie Einkommen aus zumutbarer Tätigkeit zu behandeln (BGH FuR 05, 364; Köln FamRZ 06, 342), weil es ohne überobligationsmäßige Anstrengung erzielt wird. Ein Erwerbstätigenbonus, dessen Funktion allein in der Schaffung eines Erwerbsanreizes liegt (BGH FamRZ 10, 357), ist nicht zu berücksichtigen (BGH FamRZ 09, 307). Der wegen eines leiblichen Kindes gewährte erhöhte Leistungssatz des Arbeitslosengeldes ist auch im Fall der Wiederverheiratung des Pflichtigen Bestandteil seines zur Bemessung des nachehelichen Unterhalts maßgeblichen Einkommens. Der auf der Wiederverheiratung beruhende Teil des ALG ist entspr den Grundsätzen zur Berücksichtigung des Splittingvorteils aus neuer Ehe (vgl iÜ Rn 55) zu behandeln. In diesen Konstellationen ist oftmals jedoch eine Kontrollrechnung (BGH NJW 08, 3213 [BGH 30.07.2008 - XII ZR 177/06]) erforderlich. Dem Berechtigten darf jedenfalls kein höherer Anspruch zustehen als er ohne die neue Ehe des Pflichtigen hätte.

 

Rn 19a

Nach § 7 SGB II erhalten Personen zwischen dem 15. Lebensjahr und Erreichen der Altersgrenze, die erwerbsfähig und hilfebedürftig sind, ALG II. ALG II nach § 33 SGB II hat keine Lohnersatzfunktion und stellt eine bedarfsabhängige subsidiäre Sozialleistung dar (BGH FamRZ 11, 97; 09, 307). Sie dient nicht der Entlastung des Unterhaltspflichtigen und ist beim Bedürftigen stets unbeachtlich. Auch das an den Pflichtigen ausgekehrte ALG II deckt regelmäßig (nur) dessen sozialhilferechtlichen Lebensbedarf (BGH FamRZ 06, 683). Eine Leistungsfähigkeit kann sich nur ergeben, wenn noch sonstige Einkünfte, etwa in Gestalt nicht subsidiärer Sozialleistungen oder wegen Verstoßes gegen die Erwerbsobliegenheit fiktive Einkünfte, vorhanden sind (BGH FamRZ 13, 1378).

Das als Zuschuss zum ALG II gezahlte Einstiegsgeld stellt unterhaltsrechtliches Einkommen dar (Celle FamRZ 06, 1203). Das Gleiche gilt für nicht subsidiäre Leistungen nach SGB II, insb befristete Zuschläge (§ 24 SGB II), Entschädigungen für Mehraufwendungen (§ 16 SGB II) oder Freibeträge (§ 30 SGB II). Als Einkommen zu berücksichtigen sind auch das Unterhaltsgeld bei der Teilnahme an Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung, Übergangsgeld nach § 24 SGB II (München FamRZ 06, 1125), Insolvenz-, Schlechtwetter-, Streik- sowie Teilarbeitslosen- nach § 116 Nr 2 SGB III; Kurzarbeitergeld (Saarbr NJW-RR 10, 1303 [OLG Saarbrücken 12.05.2010 - 6 UF 132/09]). Ordnet ein Arbeitgeber Kurzarbeit an, wird regelmäßig für die Bemessung der Leistungsfähigkeit auf das Kurzarbeitergeld abzustellen sein und das vormals erzielte nicht fiktiv zugrunde gelegt werden können, da es an einer Verletzung der Erwerbsobliegenheit des Unterhaltsschuldners fehlt. Kurzarbeitergeld ist zwar steuerfrei (§ 3 Nr 2a EStG), unterliegt aber dem Progressionsvorbehalt (§ 32b Abs 1 S 1 Nr 1a EStG). Letztlich erhöht sich hierdurch die Einkommensteuerbelastung, sodass sich das unterhaltsrechtlich relevante verfügbare Einkommen verringert. Die Höhe des Abzugs ist konkret feststellbar erst auf der Basis des Einkommens des zurückliegenden Jahres (zu Einzelheiten Viefhues FuR 21, 334).

BAföG-Leistungen sind Einkommen, auch wenn sie als Darlehen gewährt werden (BGH NJW 80, 393; 87, 1551). Dies gilt nicht für Vorausleistungen nach §§ 36, 37 BAföG (BGH FamRZ 96, 1067; Schlesw FamRZ 06, 571) oder Bankdarlehen nach § 17 III (BVerwG NJW 12, 403). Nimmt der Gläubiger schuldhaft entspr Mittel nicht in Anspruch, ist in Höhe der möglichen Förderung fiktives Einkommen zuzurechnen (BGH FamRZ 85, 916; Brandbg NZFam 18, 660; Hamm FuR 14, 186). Regelmäßig muss der Gläubiger gegen einen ablehnenden BAföG-Bescheid jedoch kein Rechtsmittel einlegen (BGH FamRZ 89, 499; Brdbg FuR 18, 412), wenn und soweit nicht der Schuldner für die entstehenden Kosten aufkommt. Auf Seiten des Unterhaltsschuldners mindert die Bedienung von BaföG-Schulden ab Fälligkeit das unterhaltsrelevante Einkommen. Ist bei der Bewilligung von BaföG in Form von Vorausleistungen die Höhe des Einkommens der Eltern str, hat das FamG die Rechtmäßigkeit der von der zuständigen Behörde durchgeführten Einkommensermittlung zu überprüfen (BGH FamRZ 13, 1644).

 

Rn 19b

Nach dem Gesetz zur Förderung der beruflichen Aufstiegsbildung vom 23.4.96 (›Meister-BAföG‹) (BGBl I 1996, S 623) werden Leistungen zu Kosten der Lehrveranstaltung und zum Lebensunterhalt bewilligt. Der Leistungssatz entspricht grds den Beträgen der BAföG-Leistungen f...

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