Rn 4

§ 33 III Hs 1 begrenzt die Aussetzung auf die Höhe des Unterhaltsanspruchs, den der ausgleichsberechtigte Ehegatte ohne die Kürzung hätte. Die Bestimmung korrespondiert mit I und bezieht sich daher auf den (fiktiven) gesetzlichen Unterhalt (BTDrs 16/10144, 72). Um den gebotenen Vergleich der Versorgungskürzung mit der Höhe des Unterhaltsanspruchs vornehmen zu können, muss das Familiengericht vAw den gesetzlichen Unterhaltsanspruch feststellen, der dem ausgleichsberechtigten Ehegatten ohne die Versorgungskürzung zustünde (BGH FamRZ 12, 853 Rz 25; 17, 1662 Rz 20). Selbst wenn der Unterhalt schon in einem Streitverfahren oder einer Vereinbarung der Ehegatten tituliert worden ist, wird der betroffene Versorgungsträger dadurch nicht gebunden, sodass gleichwohl noch ein Verfahren nach den §§ 33, 34 möglich ist. Daher sollte dieses Verfahren, in dem eine Beteiligung des Versorgungsträgers sichergestellt ist (§ 219 Nr 2 FamFG), vorrangig betrieben werden (Nürnbg FamRZ 16, 559, 560). Die nach § 33 ergehende Entscheidung legt jedoch im Verhältnis zwischen den Ehegatten auch nicht den geschuldeten Unterhalt verbindlich fest. Dieser ist vielmehr nach durchgeführter Aussetzung der Versorgungskürzung neu zu berechnen und ggf neu zu titulieren (Kobl FamRZ 17, 709; Borth Kap 8 Rz 28).

 

Rn 4a

Ein bereits bestehender Titel kann allerdings uU die Feststellung der Höhe des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs erleichtern (BGH FamRZ 12, 853 Rz 25). Das gilt auch dann, wenn der Unterhalt in einem gerichtlichen Vergleich oder in einer notariellen Scheidungsfolgenvereinbarung tituliert worden ist (BGH FamRZ 17, 1662 Rz 19). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Ehegatten bei der Ausgestaltung des gesetzlichen Unterhalts gem § 1585c S 1 BGB einen gewissen Spielraum haben. Nur wenn der gesetzliche Unterhalt ersichtlich überschritten wird, muss das Gericht korrigierend eingreifen (BGH FamRZ 16, 1438 Rz 9; 20, 833 Rz 15). Ein bestehender Titel kann nicht mehr zugrunde gelegt werden, wenn sich die diesem zugrunde liegenden Verhältnisse ersichtlich wesentlich geändert haben und der Titel daher auf Antrag gem §§ 238, 239 FamFG abzuändern wäre (BGH FamRZ 12, 853 Rz 25; 17, 1662 Rz 19). Das ist va dann naheliegend, wenn der Unterhaltstitel noch aus der Zeit des Erwerbslebens des ausgleichspflichtigen Ehegatten stammt und sich dessen Einkommen nach seinem Eintritt in den Ruhestand deutlich verringert hat oder wenn der Unterhalt noch ohne die durch den Versorgungsausgleich eintretenden Änderungen laufender Versorgungen berechnet worden ist. Haben die Ehegatten vertraglich einen Unterhalt vereinbart, der hinter dem gesetzlichen Anspruch zurückbleibt, ist auch die Aussetzung der Rentenkürzung auf den vereinbarten Unterhalt begrenzt (BGH FamRZ 13, 189 Rz 22; 13, 1364 Rz 14).

 

Rn 4b

Bei der Ermittlung des (fiktiven) gesetzlichen Unterhalts, der ohne die auf dem Versorgungsausgleich beruhende Versorgungskürzung bestehen würde, sind sämtliche Umstände zu berücksichtigen, die die Höhe des bisher tatsächlich bestehenden Unterhaltsanspruchs beeinflussen, also zB auch sonstige Einkünfte sowie berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten des Unterhaltsschuldners und alle unterhaltsrelevanten Einkünfte des Ausgleichsberechtigten. Außer Betracht zu lassen ist jedoch gem I die durch den Versorgungsausgleich ausgelöste Kürzung der Versorgung des ausgleichspflichtigen Ehegatten. Es ist also in die Unterhaltsberechnung eine um den (Brutto-)Betrag der vorgenommenen Kürzung erhöhte fiktive Versorgung des Ausgleichspflichtigen einzubeziehen, während die übrigen Parameter den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen. Der Unterhalt, der sich ohne die Versorgungskürzung ergäbe, muss jedoch auf Basis der Nettoversorgung des Ausgleichspflichtigen erfolgen, denn der gesetzliche Unterhalt kann nur anhand der gesamten Einkünfte berechnet werden, die – nach Abzug der unterhaltsrechtlich berücksichtigungsfähigen Belastungen – tatsächlich für den Lebensbedarf zur Verfügung stehen bzw ohne die Kürzung durch den Versorgungsausgleich zur Verfügung stehen würden (str; so auch Hamm FamRZ 16, 1773, 1774; Schlesw FamRZ 20, 1995, 1996; FamR-Komm/Wick § 33 Rz 18; MüKoBGB/Siede § 33 Rz 32; Erman/Norpoth/Sasse § 33 Rz 8; aA Ddorf FamRZ 17, 105, 106; Frankf 21.6.18 – 2 UF 362/15, juris Rz 32; Bambg FamRZ 19, 1319 (LS 3); Borth Kap 8 Rz 35; JHA/Holzwarth § 33 Rz 19).

 

Rn 4c

Da das Gericht im Verfahren nach § 33 vAw zu ermitteln hat, ob ein gesetzlicher Unterhaltsanspruch besteht, hat es auch Umstände zu berücksichtigen, die den Schluss nahelegen, dass ein geltend gemachter oder titulierter Anspruch verwirkt ist, zB dadurch, dass der bisher unterhaltsberechtigte Ehegatte seit Langem in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebt (§ 1579 Nr 2 BGB). Insoweit kommt es auch nicht darauf an, ob der bisher unterhaltspflichtige Ehegatte in der Absicht, den Versorgungsträger zu benachteiligen, von der Erhebung des Verwirkungseinwands absieht (Oldbg FamRZ 19, 284, 285; aA Erman/Norpoth/Sasse § 34 Rz 6)....

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