Gesetzestext

 

Ein Unterhaltsanspruch ist zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes grob unbillig wäre, weil

1. die Ehe von kurzer Dauer war; dabei ist die Zeit zu berücksichtigen, in welcher der Berechtigte wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes nach § 1570 Unterhalt verlangen kann,
2. der Berechtigte in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebt,
3. der Berechtigte sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten oder einen nahen Angehörigen des Verpflichteten schuldig gemacht hat,
4. der Berechtigte seine Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt hat,
5. der Berechtigte sich über schwerwiegende Vermögensinteressen des Verpflichteten mutwillig hinweggesetzt hat,
6. der Berechtigte vor der Trennung längere Zeit hindurch seine Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, gröblich verletzt hat,
7. dem Berechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten zur Last fällt oder
8. ein anderer Grund vorliegt, der ebenso schwer wiegt wie die in den Nummern 1 bis 6 aufgeführten Gründe.

A. Norminhalt.

 

Rn 1

Nach der Vorschrift ist ein Unterhaltsanspruch zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, soweit die Inanspruchnahme des Unterhaltspflichtigen auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes grob unbillig wäre, weil gewisse innovativ aufgeführte Härtegründe erfüllt ist. Es muss also einer der alternativ aufgeführten Härtegründe der Nr 1 bis 7 vorliegen und außerdem aufgrund einer umfassenden Billigkeitsabwägung aller Umstände eine Inanspruchnahme des Unterhaltsverpflichteten grob unbillig sein.

B. Anwendungsbereich.

 

Rn 2

Die Vorschrift ist anzuwenden beim nachehelichen Unterhalt sowie gem § 1361 III für den Trennungsunterhalt mit Ausn der kurzen Ehedauer gem § 1579 Nr 1. Die Verwirkungsvorschriften gelten neben den Begrenzungsbestimmungen der §§ 1573 V, 1578 I 2. Die Einwendung gilt auch für den gegen den Erben nach Tod des Unterhaltsverpflichteten gerichteten Unterhaltsanspruchs gem § 1586b. Die Vorschrift ist nicht anzuwenden bei einem Anspruch nach § 1576. Sie gilt ebenfalls nicht auf Unterhaltsansprüche nach §§ 58 ff EheG bei Altehen (BGH FamRZ 91, 1040).

C. Verwirkungstatbestände.

I. Kurze Ehedauer gem Nr 1.

 

Rn 3

Der Härtegrund ist anzuwenden, wenn die Ehe von kurzer Dauer war. Die Dauer der Ehe bemisst sich nicht nach der Zeit des tatsächlichen Zusammenlebens, sondern es gilt die Zeit von Eheschließung bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages (BGH FamRZ 95, 1405).

1. Zeitrahmen für eine kurze Ehedauer.

 

Rn 4

Hat die Ehe nicht länger als zwei Jahre bestanden, ist sie idR als kurz zu beurteilen (BGH FamRZ 99, 710; 95, 1405). Dies gilt auch bei vorgerücktem Alter der Eheleute (BGH FamRZ 82, 894). Bei einer Ehedauer ab drei Jahren ist im Regelfall nicht mehr von einer kurzen Ehedauer zu sprechen, weil die Eheleute ihre Lebenspositionen in der Ehe bereits aufeinander abgestimmt haben (BGH FamRZ 99, 710; 95, 1405). Bei Vorliegen besonderer Umstände kann im Einzelfall auch noch bei einer Ehedauer von knapp fünf Jahren von einer kurzen Ehedauer gesprochen werden, wenn sich die Eheleute in ihrer Lebensführung nicht aufeinander eingestellt haben (BGH FamRZ 99, 710). Hier dürfte insbesondere auch die Surrogatsrechtsprechung des BGH von Bedeutung sein. Bei einer Ehedauer zwischen zwei und drei Jahren hängt die Beurteilung davon ab, ob die Eheleute sich bereits in wechselseitiger Abhängigkeit auf ein gemeinschaftliches Lebensziel ausgerichtet haben (BGH FamRZ 81, 140 [BGH 26.11.1980 - IVb ZR 542/80]).

2. Kurze Ehe bei Kinderbetreuung.

 

Rn 5

Nach bisherigem Wortlaut stand die Ehedauer der Zeit gleich, in welcher der Berechtigte wegen Betreuung eines gemeinschaftlichen Kindes nach § 1570 Unterhalt beanspruchen kann. Dies bedeutet, dass man im Falle der Kinderbetreuung immer eine 15-jährige und damit eine lange Ehe hätte. Deswegen musste auch bei der Kinderbetreuung zunächst auf die tatsächliche Ehedauer abgestellt werden (BVerfG FamRZ 89, 941) ansonsten würde der Verwirkungstatbestand faktisch leerlaufen. War die tatsächliche Ehedauer als kurz zu bezeichnen, war iRd Billigkeitsabwägung zu prüfen, inwieweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten auf ungekürzten Unterhalt auch unter Wahrung der Belange des zu betreuenden Kindes grob unbillig ist und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit widerspricht (BGH FamRZ 90, 492). Durch die geänderte Formulierung soll diese Prüfungsreihenfolge nunmehr aus dem Gesetz abzuleiten sein.

II. Verfestigte Lebensgemeinschaft gem Nr 2.

 

Rn 6

Grds stellt allein der Umstand, dass der Unterhaltsberechtigte nach der Scheidung eine intime Beziehung oder eine nicht eheliche Lebensgemeinschaft mit einem neuen Partner eingeht, noch keinen Härtegrund dar (BGH FamRZ 89, 487). Auch die Tatsache, dass er mit dem Unterhalt einen Dritten unterhält ist unerheblich (BGH FamRZ 88, 930). Es müssen besondere Umstände vorliegen, die dazu führen, dass die Un...

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