Rn 4

Der in Art 3a II überführte ehemalige Art 3 III, der 1986 den Art 28 aF ablöste, ordnete eine bedingte Sonderanknüpfung für bestimmte Fragen des Internationalen Familien- und Erbrechts an. Trotz rechtspolitischer Kritik ist diese Sonderregelung als geltendes Recht zu respektieren. Da die EuErbVO in ihrem Art 30 selbst eine Bestimmung zur Sonderanknüpfung enthält, konnte die Sonderanknüpfung des Art 3a nach dem Inkrafttreten der EuErbVO auf das Familienrecht beschränkt werden.

I. Gesamtstatut.

 

Rn 5

Im Internationalen Familienrecht (Dritter Abschnitt des EGBGB) werden regelmäßig ganze Vermögensmassen einheitlich einem Recht unterstellt, zB das gesamte Vermögen der Eheleute dem Güterrechtsstatut des Art 15 (BGH NJW 69, 369) oder dem Lebenspartnerschaftsstatut des Art 17b I oder die Verwaltung des gesamten Vermögens von Kindern dem Eltern-Kind-Statut des Art 21. Auf die Belegenheit der zu der Vermögensmasse gehörenden Gegenstände nimmt ein solches ›Gesamtstatut‹ keine Rücksicht.

 

Rn 6

Gesamtstatute idS gibt es zwar auch in anderen Rechtsgebieten, doch beschränkt II seinen Anwendungsbereich ausdrücklich auf Verweisungen des Familienrechts. Er findet daher keine Anwendung auf das Gesellschaftsstatut (MüKo/Sonnenberger Rz 23; Kegel/Schurig § 12 II 2b aa bbb; Dörner IPRax 04, 520; BRHP/Lorenz Rz 7; Lüderitz Rz 168 Fn 38). – Hinsichtlich des Ausgleichs von Versorgungsanwartschaften wird II jedenfalls durch den spezielleren Art 17 III 2 verdrängt (MüKo/Sonnenberger Rz 24; BRHP/Lorenz Rz 7).

II. Einzelstatut.

 

Rn 7

Eine Anwendung von II kommt in Betracht, soweit die Verweisung nicht zum Recht des Belegenheitsstaates führt (MüKo/Sonnenberger Rz 15). II macht dann im Wege einer ›bedingten Verweisung‹ gewisse Zugeständnisse an das Recht des Belegenheitsstaates, weil nur in diesem die Herrschaft über den Vermögensgegenstand ausgeübt werden kann und internationaler Entscheidungseinklang daher von besonderer Bedeutung ist (BTDrs 10/504, 36; BGHZ 131, 29; krit Kegel/Schurig § 12 II 2b cc). Soweit das Belegenheitsrecht für die betreffenden Gegenstände besondere familienrechtliche (MüKo/Sonnenberger Rz 14) Vorschriften vorsieht, sind dann statt des Gesamtstatuts diese Vorschriften als sog ›Einzelstatut‹ anzuwenden.

III. Besondere Vorschriften.

 

Rn 8

Um ›besondere‹ Vorschriften iSe solchen Einzelstatuts handelt es sich aber nur, wenn der Belegenheitsstaat des betreffenden Vermögensgegenstandes gerade die Zusammenfassung der Vermögensgegenstände zu einer Einheit nicht anerkennt (Staud/Dörner Neubearb 2007 Art 25 Rz 522; Junker Rz 212), gewisse Vermögensgegenstände also aussondert und einem ggü dem sonst anwendbaren Familien- oder Erbrecht besonderen Regime unterwirft. Als besondere Vorschriften kommen zunächst sachrechtliche Vorschriften in Frage, die einzelne Vermögensgegenstände dem allg privaten Vermögensrecht entziehen und einer besonderen Ordnung unterwerfen. Nach einer Ansicht ist zusätzlich zu fordern, dass der Sonderbehandlung wirtschafts- oder gesellschaftspolitische Erwägungen zugrunde liegen (BGHZ 50, 64; Kegel/Schurig § 12 II 2b, die in II eine Sonderregel zur Anknüpfung ausl Eingriffsnormen, dazu s.o. Art 3 EGBGB Rn 30, sehen, während nach zutreffender Ansicht ausreicht, wenn hinter der besonderen Ordnung zugleich oder ausschl Regulierung im Privatinteresse steht, etwa die Zusammenhaltung von Familiengut, wie dies im common law gelegentlich noch der Fall ist (MüKo/Sonnenberger Rz 9 f).

 

Rn 9

Unter ›Vorschriften‹ versteht die hM nicht nur Sach-, sondern auch Kollisionsnormen, so dass auch die ua in Frankreich, England und den USA vorkommende kollisionsrechtliche Vermögensspaltung erfasst ist (BRDrs 222/83 3 f; BTDrs 10/504 3 f; BGH FamRZ 93, 1065; BayObLG FamRZ 97, 287; Celle IPRspr 02, 287; MüKo/Sonnenberger Rz 11; Lüderitz Rz 168; aA Kegel/Schurig § 12 II 2b cc, die das Kollisionsrecht nur für die Frage heranziehen, ob das Belegenheitsrecht sein sachrechtlich geschaffenes Sondervermögen auch selbst – in der Art einer Eingriffsnorm, s.o. Rn 8 – international durchsetzt, dazu s.u. Rn 11). Danach ist grds eine Spaltung des Güterstatuts (so Grüneberg/Thorn Rz 6) bzw eines Scheidungsfolgenstatus (aA Hamm FamRZ14, 947 bzgl Immobilie in England, wo beides nicht feststellbar sei) zu beachten. Dies dürfte auch auf die Zugewinnberechnung nach deutschem Güterstatut durchschlagen (offengelassen Hamm FamRZ 14, 947; aA Ludwig DNotZ 00, 663); denn bei der Wertermittlung handelt es sich um eine Vorfrage (zu deren Anknüpfung s Art 3 Rn 46 ff).

IV. Gegenstände.

 

Rn 10

Unter ›Gegenstände‹ iSd II sind bewegliche und unbewegliche Sachen sowie unkörperliche Vermögensgüter, wie Forderungen, Immaterialgüterrechte und Miterbenanteile, zu verstehen (BayObLG IPRax 00, 309 m zust Aufs Andrae 300 f; München WM 87, 809; LG Traunstein IPR 86 Nr 111; MüKo/Sonnenberger Rz 22; Looschelders Art 3 Rz 24). Wo diese Gegenstände belegen sind, ist nach deutschem Recht zu entscheiden (BayObLG IPRax 00, 309 [BayObLG 29.09.1998 - 1 Z BR 67/98] m zust Aufs Andrae 300 f; KG IPRspr 35–44 Nr 227; MüKo/Sonnenberger Rz 22).

V. Einschränkungen bzgl der Rechtsfolge.

 

Rn 11

II bestimmt zur Rec...

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