Leitsatz (amtlich)

1. Ein gegenständlich auf das von Art. 3 Abs. 3 EGBGB, § 25 Abs. 2 RAG-DDR erfaßte Vermögen beschränkter Erbschein darf wegen fehlenden Rechtschutzbedürfnisses nicht erteilt werden, wenn die Vermögensgegenstände, für die ein solcher Erbschein begehrt wird, nicht von der Nachlaßspaltung erfaßt werden und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, daß im Zeitpunkt des Erbfalls weiteres der Nachlaßspaltung unterliegendes Vermögen in der ehemaligen DDR vorhanden war. Ein gleichwohl erteilter Erbschein ist wegen dieses Verfahrensmangels einzuziehen.

2. Fällt in den Nachlaß lediglich der Anteil des Erblassers an einer Erbengemeinschaft nach dem BGB, die ihrerseits an einer Erbengemeinschaft nach dem BGB mit Grundbesitz in der ehemaligen DDR beteiligt war, so tritt keine Nachlaßspaltung gemäß § 25 Abs. 2 RAG-DDR i.V.m. Art. 3 Abs. 3 EGBGB n.F. ein.

 

Normenkette

BGB §§ 1936, 2353; EGBGB Art. 3 Abs. 3; RAG-DDR § 25 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Hof (Beschluss vom 31.03.1998; Aktenzeichen 2 T 145/97)

AG Hof (Beschluss vom 08.10.1997; Aktenzeichen VI 939/95)

 

Tenor

I. Auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1 werden die Beschlüsse des Landgerichts Hof vom 31. März 1998 und des Amtsgerichts Hof vom 8. Oktober 1997 aufgehoben.

II. Das Amtsgericht Hof wird angewiesen, den von ihm am 25. April 1996 verfügten und der Beteiligten zu 2 erteilten Erbschein einzuziehen.

 

Tatbestand

I.

Die 1989 im Alter von 85 Jahren verstorbene Erblasserin war deutsche Staatsangehörige. Sie wohnte zuletzt in Bayern. Aus ihrer Ehe mit dem 1974 vorverstorbenen A stammte ein Sohn, der 1987, also ebenfalls vor der Erblasserin verstorben ist. Die Erblasserin hat keine letztwillige Verfügung hinterlassen. Gesetzliche Erben entfernterer Ordnungen konnten nicht ermittelt werden.

A hatte zusammen mit zwei Brüdern und zwei Nichten seinen 1945 verstorbenen Vater B beerbt. Sein Erbteil betrug ein Viertel. Zu dem Nachlaß gehörte ein in Berlin-Marzahn (Ost-Berlin) gelegenes Grundstück. A wurde im Grundbuch zusammen mit den anderen Erben als Eigentümer in ungeteilter Erbengemeinschaft eingetragen, die Eintragung bestand auch nach seinem Tod fort. Er wurde seinerseits von der Erblasserin und dem gemeinsamen Sohn je zur Hälfte beerbt. Diese Erbfolge wurde nicht in das Grundbuch eingetragen. Nach den Angaben des Beteiligten zu 1 (Freistaat Bayern) ist das Grundstück am 28.9.1995 von den Erben verkauft und der Erwerber in das Grundbuch eingetragen worden.

Das Nachlaßgericht erließ zunächst eine öffentliche Aufforderung zur Anmeldung der Erbenrechte und stellte dann mit Beschluß vom 7.11.1995 fest, daß ein anderer Erbe als der bayerische Fiskus nicht vorhanden sei. Am 5.12.1995 erteilte es dem Beteiligten zu 1 einen Erbschein als Alleinerbe. Am 30.1.1996 beantragte der Beteiligte zu 1, den Erbschein dahin zu ergänzen, daß sich dieser auch auf das Eigentum und andere Rechte an Grundstücken und Gebäuden auf dem Gebiet der ehemaligen DDR beziehe. Daraufhin ergänzte das Nachlaßgericht den Beschluß vom 7.11.1995 und den Erbschein vom 5.12.1995 jeweils dahin, daß diese nur bezüglich des in der Bundesrepublik einschließlich West-Berlin vorhandenen Vermögens und des beweglichen Vermögens in der ehemaligen DDR einschließlich Ost-Berlin gelten. Mit Beschluß vom 13.3.1996 stellte es sodann fest, daß in bezug auf das Eigentum und andere Rechte an Grundstücken und Gebäuden auf dem Gebiet der ehemaligen DDR einschließlich Ost-Berlins ein anderer Erbe als die ehemalige Deutsche Demokratische Republik nicht vorhanden sei, und erteilte der Beteiligten zu 2 (Bundesrepublik Deutschland) auf deren Antrag am 25.4.1996 einen Erbschein dahin, daß die Erblasserin hinsichtlich dieses Vermögens durch die Deutsche Demokratische Republik allein beerbt worden sei. Mit Bescheid vom 15.1.1997 stellte die Vermögenszuordnungsstelle fest, daß die Beteiligte zu 2 gemäß Art. 22 Abs. 1 des Einigungsvertrages hinsichtlich des Grundstücks in Berlin-Marzahn Eigentümerin des Anteils der Erblasserin an der ungeteilten Erbengemeinschaft nach ihrem Ehemann geworden sei.

Der Beteiligte zu 1 hat angeregt, den der Beteiligten zu 2 erteilten Erbschein einzuziehen und ihm erneut einen Erbschein zu erteilen, wonach er alleiniger und unbeschränkter Erbe geworden sei. Er ist der Auffassung, daß der Anteil der Erblasserin an der Erbengemeinschaft nach A weder Eigentum an einem Grundstück noch ein Recht an einem Grundstück darstelle und deshalb nicht unter § 25 Abs. 2 des Rechtsanwendungsgesetzes der DDR falle. Es sei deshalb keine Nachlaßspaltung eingetreten, er, der Beteiligte zu 1, sei in vollem Umfang alleiniger Erbe geworden. Demgegenüber vertritt die Beteiligte zu 2 als Rechtsnachfolgerin der Deutschen Demokratischen Republik die Auffassung, infolge Nachlaßspaltung sei die Erbfolge hinsichtlich dieses Anteils nach dem Recht der DDR zu beurteilen, so daß diese zunächst Erbin geworden sei.

Der Rechtspfleger des Nachlaßgerichts hat mit Beschluß vom 8.10.1997 die Einziehung abgelehnt. Der Beschwerde des Beteiligt...

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