Rn 10

Ein Einsichtsrecht besteht auch in Urkunden, die ein Rechtsverhältnis zwischen dem, der die Einsicht verlangt (Vorlegungsberechtigten), und einem anderen festhalten. Anders als bei § 810 Alt 1 kommt es hier auf den objektiven Inhalt der Urkunde und nicht auf deren Zweck an. Der andere muss nicht notwendig der Besitzer der Urkunde sein. Der Anspruchsteller muss allerdings an dem Rechtsverhältnis beteiligt sein, wobei es unerheblich ist, ob das Rechtsverhältnis noch fortbesteht und ob es gültig war oder nicht. Eine Beurkundung des gesamten Geschäfts ist nicht erforderlich (BGHZ 55, 201, 203).

 

Rn 11

 
Praxis-Beispiel

Beispiele:

Eine Vorlegungspflicht besteht für Vertragsurkunden, Schuldscheine, Quittungen (sofern sie Vertragsurkunden sind nach § 810 Alt 2, sofern nur ein einseitiges Empfangsbekenntnis § 810 Alt 1) sowie Handakten des Rechtsanwalts (RGRK/Steffen Rz 16). Erfasst ist hiervon auch das Recht dessen, der am Gewinn einer Handelsgesellschaft beteiligt ist, in Geschäftsbücher und Bilanzberichte Einsicht zu nehmen, wobei darauf abzuheben ist, ob sie unmittelbar über Geschäftsvorgänge zwischen den beteiligten Parteien Auskunft geben (BGH WM 63, 990). Umfasst ist auch das Recht des früheren Vorstands einer AG auf Einsichtnahme in die Bücher zur Entkräftung der gegen ihn erhobenen Vorwürfe der Verletzung aktienrechtlicher Pflichten (RG Warn 08, 465) sowie das Recht des Bürgen auf Vorlage der Geschäftsbücher des Gläubigers, aus denen sich die angeblichen Zahlungen des Hauptschuldners ergeben (BGH NJW 88, 906, 907 [BGH 10.12.1987 - IX ZR 269/86]; 95, 2161, 2162; aA BGH NJW 14, 3312 [BGH 27.05.2014 - XI ZR 264/13]: konkrete Urkunde bezeichnen), das Recht desjenigen, der an den Einkünften eines anderen beteiligt ist, zur Einsicht in dessen Steuererklärungen, Steuerbescheide und Prüfungsberichte (BGH BB 66, 99), das Recht des ausgeschiedenen Gesellschafters einer OHG, KG oder stillen Gesellschaft (sowie seiner Erben) in die Geschäftsbücher, die während seiner Zugehörigkeit geführt wurden (s.o. Rn 7), zur Prüfung des Abfindungsanspruchs (BGH NJW 89, 3272, 3273 [BGH 17.04.1989 - II ZR 258/88]; Bambg OLGR 00, 275: stiller Gesellschafter; LG Karlsruhe NZG 01, 654: Gemeinschaftspraxis), das Recht des ausgeschiedenen Gesellschafters einer GmbH in die Bilanzen und Geschäftsbücher bis zum Ende des Jahres des Ausscheidens, um seine Abfindung zu überprüfen (BGH NJW 89, 225, 226 [BGH 11.07.1988 - II ZR 346/87]) sowie das Recht des ausgeschiedenen Mitglieds einer Genossenschaft auf Einsicht (Schlesw 5.9.18 – 9 U 43/18, juris). Nicht erfasst sind dagegen die Geschäftsbücher, die lediglich internen Betriebszwecken dienende Eintragungen enthalten sowie Akten von Behörden, sofern sie nicht im Rahmen rein privatrechtlicher Tätigkeit angelegt wurden (RGRK/Steffen Rz 17). Der Gesellschafter einer GmbH kann sein Einsichtsrecht lediglich nach § 51a GmbHG geltend machen (Saarl GmbHR 11, 33). Ein Anspruch aus § 810 kann lediglich dem aus der GmbH ausgeschiedenen Gesellschafter zustehen.

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