Rn 8

Der Abfindungsanspruch setzt das ersatzlose Ausscheiden des Gesellschafters aus der fortbestehenden GbR voraus und richtet sich gegen die Gesellschaft. Bei Vereinbarung über das Ausscheiden eines Gesellschafters bei gleichzeitigem Eintritt eines Dritten ist durch Auslegung zu ermitteln, ob es sich nicht tatsächlich um eine Übertragung des Gesellschaftsanteils handelt (MüKo/Schäfer § 738 Rz 15). Der Abfindungsanspruch richtet sich als Anspruch aus dem Gesellschaftsverhältnis gegen die GbR (Sozialverpflichtung der GbR). Wegen ihrer akzessorischen Haftung haften die Mitgesellschafter aber neben der GbR persönlich mit (BGH NJW 01, 2718 [BGH 02.07.2001 - II ZR 304/00]; 01, 1056 [BGH 29.01.2001 - II ZR 331/00]).

 

Rn 9

Der Abfindungsanspruch entsteht mit Ausscheiden und ist auf diesen Zeitpunkt zu berechnen. Ob er erst mit Feststellung der Abfindungsbilanz oder schon mit Ausscheiden oder mit Ablauf der nach den Umständen erforderlichen Zeit (§ 271 I) ab dem Ausscheiden fällig ist, ist umstr. Stellte das RG noch auf die Feststellung der Abfindungsbilanz ab, ist nach vordringender Auffassung auf den Zeitpunkt des Ausscheidens zzgl der für die Erstellung der Abfindungsbilanz notwendigen Zeit abzuheben (MüKo/Schäfer § 738 Rz 20 mwN). Unstr Mindestbeträge können jedenfalls schon ab Ausscheiden durchgesetzt werden (BGH WM 81, 487; 87, 1280, 1281). Zinsen sind mangels abw Vereinbarung erst ab Fälligkeit und Mahnung des Ausgeschiedenen (§§ 286 I, 288) zu leisten.

 

Rn 10

Der Abfindungsanspruch ist durch Aufstellung und Feststellung einer Abfindungsbilanz zu ermitteln. Für die Aufstellung sind die geschäftsführenden Gesellschafter verantwortlich (BGH WM 79, 1330), wobei der Ausgeschiedene mitwirkungsberechtigt ist und dabei anzugeben hat, welche Ansätze er für unrichtig hält (BGH [31.5.65] DB 65, 1438). Die Feststellung ist die verbindliche Einigung auf die Abfindungsbilanz, die eine Bindungswirkung entspr der Feststellung nach § 779 bewirkt und daher unwirksam ist, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass beide Seiten von einem unzutr Sachverhalt ausgegangen sind und sie bei Kenntnis die Vereinbarung nicht getroffen hätten (BGH WM 72, 1443, 1444). Die Aufstellung der Abfindungsbilanz kann durch Leistungsklage durchgesetzt werden, die sich nach Eintritt der Fälligkeit (Rn 9) im Wege der Stufenklage gleichzeitig auch auf die Zahlung richten kann (Karlsr BB 77, 1475). Die Bilanzaufstellung durch das Gericht ist ausgeschlossen (BGH NJW 58, 57). Verjährung gem § 195 (BGH WM 21, 1437 Rz 8 ff).

 

Rn 11

Mangels abw Bestimmung ist die Abfindungsbilanz unter Zugrundelegung der tatsächlichen Werte des Gesellschaftsvermögens zu erstellen. Wie die tatsächlichen Werte zu ermitteln sind, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (BGH NJW 93, 2101, 2103). § 738 II eröffnet den Weg der Schätzung, im Streitfall durch die Gerichte (§ 287 II ZPO). IdR wird eine Bestimmung durch Sachverständigengutachten notwendig sein (BGH NJW 85, 192 [BGH 24.09.1984 - II ZR 256/83]). Ist die GbR unternehmerisch tätig, ist auf den wirklichen Wert des lebenden Unternehmens abzustellen, wie er sich bei einem Verkauf als Einheit ergeben würde (BGH NJW 74, 312). Dies ist idR der Ertragswert der werbend fortgesetzten GbR (BGH NJW 93, 2101, 2103; 92, 892, 895; Hülsmann ZIP 01, 450). Weil der Ausgeschiedene so gestellt werden soll, als hätte er an einer Liquidation der GbR teilgenommen, kommt es auf den anteiligen Ertragswert des Unternehmens und nicht etwa auf den Wert seines (idR nicht ohne Weiteres übertragbaren) Anteils an (BGH NJW 92, 892). Der Liquidations- oder Substanzwert (unter Aufdeckung stiller Reserven) ist nur maßgeblich, wenn es sich um nicht betriebsnotwendige Vermögensgegenstände handelt oder das Unternehmen der GbR unrentabel ist (Staud/Habermeier § 738 Rz 18 mwN) oder er den Ertragswert erheblich übersteigt (BGH DB 06, 999 f).

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