Rn 2

Die Übernahme der GoA muss dem Interesse und dem Willen des Geschäftsherrn entsprechen, anderenfalls findet § 684 Anwendung. Die Genehmigung des Geschäftsherrn führt zu § 683 zurück (§ 684 2). Das Risiko einer falschen Beurteilung im Hinblick auf Interesse und Willen des Geschäftsherrn liegt beim Geschäftsführer. Auf Verschulden kommt es nicht an.

 

Rn 3

Die Übernahme der Geschäftsführung ist im Interesse des Geschäftsherrn, wenn sie objektiv nützlich, also sachlich vorteilhaft ist (ganz hM BGHZ 16, 12). Ein vermögensrechtliches Interesse ist nicht erforderlich (BGHZ 33, 251). Bei der Beurteilung sind die gesamten Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen (zB Vermögens- und Familienverhältnisse; Begleichung einer einredefreien Verbindlichkeit des Geschäftsherrn: BGHZ 47, 370; Entsprechendes gilt, wenn ein Grundstückseigentümer eine Eigentumsbeeinträchtigung selbst beseitigt; Schlüsselnotdienst bei betreuter Person, BGH NJW 15, 1020; anders bei Einreden: BGHZ 98, 235). Auf diesem Wege gelangen auch subjektive Elemente in das maßgebende Interesse (Köln VersR 95, 1319; Behandlungskosten von Polizeibeamten, OLG Hamm NJW 12, 1088). Unvorteilhafte Geschäfte können in der konkreten Situation des Geschäftsherrn ebenfalls nützlich sein (zB bei dringendem Geldbedarf: Staud/Bergmann § 683 Rz 10). Unsachgemäße oder überflüssige Maßnahmen entsprechen aber idR nicht dem Interesse des Geschäftsherrn. Das gilt auch, falls das mit der Maßnahme verbundene Risiko in keinem Verhältnis zum angestrebten Erfolg steht (Ddorf VersR 73, 826: Bergung eines Modellflugzeugs; ferner Bergrettung durch Unerfahrene: BGHZ 79, 35; Abmahnungen nach Erlass einer Verbotsverfügung: BGH MDR 10, 583; Wettbewerbsverstoß: Hambg GRUR-RR 15, 250; Parallelimporteur von Arzneimitteln: Frankf GRUR 16, 623). Wird ein Fahrzeug, das unbefugt auf einem Privatgrundstück in verbotener Eigenmacht abgestellt wird, im Auftrag des Grundstücksbesitzers im Wege der berechtigten Selbsthilfe entfernt, entspricht dies regelmäßig dem objektiven Interesse (BGH NJW 16, 2407 [BGH 11.03.2016 - V ZR 102/15]; auch die Kosten für die sichere Verwahrung). Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung ist die Übernahme des Geschäfts (Frankf NJW-RR 96, 1337 [OLG Frankfurt am Main 10.01.1995 - 22 U 198/93; 9 O 166/92]).

 

Rn 4

Bei der Feststellung des Willens ist in erster Linie auf den wirklichen Willen des Geschäftsherrn bei Übernahme des Geschäfts abzustellen (Ausnahme: §§ 683 2, 679). Eine spätere Korrektur ist unbeachtlich. Dem mutmaßlichen Willen kommt lediglich hilfsweise Bedeutung zu. Das bloße Einverständnis mit den Vorteilen genügt nicht (BGHZ 82, 323; NJW 55, 747).

 

Rn 5

Der wirkliche Wille des Geschäftsherrn muss nach außen erkennbar geworden sein (ausdrücklich oder konkludent). Eine Zielrichtung auf den Geschäftsführer oder dessen Kenntnis ist nicht erforderlich (BGH NJW 55, 747; BeckOKBGB/Gehrlein § 683 Rz 3). Der wirkliche Wille ist auch maßgebend, wenn er den objektiven Interessen widerspricht oder unvernünftig ist (BGHZ 138, 281; Saarbr, 4 U 103/08 Rz 34, 4 U 103/08, Rz 56). Ein Verbot des Geschäftsherrn ist ebenso zu beachten (zB Rückzahlung von Schulden: MüKo/Schäfer § 683 Rz 5) wie ein abgelehnter Vertragsschluss (BGH NJW 55, 747) oder Andeutungen in nichtigen Verträgen (BGH WM 93, 217 [BGH 28.10.1992 - VIII ZR 210/91]). Interesse und Wille müssen grds gemeinsam vorliegen (BGH NJW 16, 2407 [BGH 11.03.2016 - V ZR 102/15], bejaht für das Entfernen des unberechtigt auf einem Privatgrundstück abgestellten Fahrzeugs). Der wirkliche Wille bestimmt jedoch idR das Interesse im Einzelfall (BeckOKBGB/Gehrlein § 683 Rz 3; Grüneberg/Sprau § 683 Rz 4; Medicus BürgR Rz 422).

 

Rn 6

Der mutmaßliche Wille ist anhand aller Umstände der Geschäftsführung zu ermitteln (BGHZ 55, 128). Dabei ist ein objektiver Maßstab anzulegen, der idR zu den gleichen Erwägungen führt wie bei der Ermittlung des Interesses. Hätte der Geschäftsherr danach bei Übernahme zugestimmt, liegt eine berechtigte GoA vor (München NJW-RR 88, 1013 [OLG München 10.12.1987 - 19 U 6312/86]). Liegt die Geschäftsführung im sachlichen Anwendungsbereich eines Einwilligungsvorbehalts (§ 1825), kommt es auf den mutmaßlichen Willen des Betreuers an (München BeckRS 19, 22075). Zweimal auf denselben Rechtsverstoß hingewiesen zu werden, entspricht nicht dem mutmaßlichen Willen (BGH NJW 10, 1208).

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