Leitsatz (amtlich)

Wird ein Fahrzeug, das unbefugt auf einem Privatgrundstück in verbotener Eigenmacht abgestellt wird, im Auftrag des Grundstücksbesitzers im Wege der berechtigten Selbsthilfe entfernt, entspricht dies dem objektiven Interesse und dem mutmaßlichen Willen des Fahrzeughalters. Er ist deshalb nach den Grundsätzen einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag zum Ersatz der für die Entfernung erforderlichen Aufwendungen verpflichtet.

 

Normenkette

BGB § 683 S. 1, § 859 Abs. 1, 3

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 03.03.2015; Aktenzeichen 83 S 78/14)

AG Berlin-Köpenick (Urteil vom 16.05.2014; Aktenzeichen 12 C 26/14)

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - das Urteil der Zivilkammer 83 des LG Berlin vom 3.3.2015 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als auf die Berufung der Beklagten die Klage i.H.v. 130 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweils geltenden Basiszinssatz ab dem 20.12.2012 und Mahnkosten i.H.v. 2,56 EUR abgewiesen worden ist.

In diesem Umfang wird die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des AG Köpenick vom 16.5.2014 zurückgewiesen.

Von den Kosten der ersten Instanz tragen die Beklagte 60 % und die Klägerin 40 %. Die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens trägt die Beklagte.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Rz. 1

Der auf die Beklagte zugelassene Pkw wurde - nicht von ihr - am 16.6.2010 auf dem Kundenparkplatz eines Verbrauchermarktes in Berlin in der Zeit zwischen 8.00 Uhr und 10.05 Uhr abgestellt. Da die durch entsprechende Schilder kenntlich gemachte Höchstparkzeit von 90 Minuten überschritten war, veranlasste ein Mitarbeiter der Klägerin die Umsetzung des Fahrzeugs. Die Klägerin war aufgrund eines zwischen ihr und der Betreiberin des Verbrauchermarktes (nachfolgend: Grundstücksbesitzerin) bestehenden Rahmenvertrages verpflichtet, unberechtigt parkende Fahrzeuge zu entfernen. Die hierfür vereinbarte Vergütung betrug 219,50 EUR. Die Ansprüche gegenüber dem unberechtigten Nutzer der Fläche bzw. gegen den Halter des entsprechenden Fahrzeuges auf Ersatz der Kosten wurden an sie abgetreten. Mit Schreiben vom 12.10.2012 forderte die Klägerin die Beklagte zur Zahlung von 219,50 EUR auf und mahnte mit weiterem Schreiben vom 13.6.2013 diesen Betrag zzgl. weiterer Kosten an.

Rz. 2

Mit der Klage hat die Klägerin von der Beklagten Zahlung von 219,50 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 20.10.2012, Kosten von 5,10 EUR für eine Halteranfrage sowie Mahnkosten von 2,56 EUR verlangt. Das AG hat der Klägerin - unter Abweisung der weitergehenden Klage - 130 EUR (110 EUR ortsübliche Abschleppkosten zzgl. 20 EUR Vorbereitungskosten) nebst Zinsen seit dem 20.12.2012 zugesprochen und die Beklagte darüber hinaus zur Zahlung der Anfrage- und Mahnkosten verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das LG die Klage auch insoweit abgewiesen. Mit der von dem LG zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, möchte die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erreichen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Rz. 3

Nach Ansicht des Berufungsgerichts hat die Klägerin gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von 130 EUR aus einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag. Dahingestellt bleiben könne, ob es sich bei dem Abschleppen durch ein beauftragtes Unternehmen zumindest auch um ein objektiv fremdes Geschäft zugunsten des Halters handele. Es fehle jedenfalls an dem erforderlichen mutmaßlichen oder wirklichen Willen der Beklagten, ihr Fahrzeug kostenpflichtig durch Dritte umsetzen zu lassen. Der wirkliche Wille der als Zustandsstörerin anzusehenden Beklagten werde darauf gerichtet gewesen sein, dass der Fahrzeugführer als Handlungsstörer die Besitzstörung beende. Soweit der wirkliche Wille der Beklagten nicht feststellbar sei, könne auch ein mutmaßlicher Wille nicht unterstellt werden. Entscheidend sei, ob dem Geschäftsherrn die Übernahme des Geschäfts durch den Geschäftsführer zum Zeitpunkt der Geschäftsführung mehr Vorteile als Nachteile bringe, so dass von seinem Interesse auf seinen Willen geschlossen werden könne. Dies sei hier im Hinblick auf die der Beklagten allein durch die Geschäftsführung der Klägerin entstandenen Kosten nicht anzunehmen. Der fehlende Wille der Beklagten sei auch nicht gem. § 679 BGB unbeachtlich. Für deliktische Ansprüche fehle es an einem Verschulden der Beklagten. Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung schieden aus, weil die Beklagte durch das Abschleppen keinen Vermögensvorteil erlangt habe.

II.

Rz. 4

Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung im Wesentlichen nicht stand.

Rz. 5

1. Das Berufungsgericht verneint rechtsfehlerhaft die Voraussetzungen einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag. Die Klägerin hat aus abgetretenem Recht (§ 398 BGB) der Grundstücksbesitzerin gegen die Beklagte in der Hauptsache gem. § 683 Satz 1 BGB i.V.m. § 670 BGB einen Anspruch auf Zahlung der Abschleppkosten einschließlich der Vorbereitungskosten i.H.v. 130 EUR.

Rz. 6

a) Die im Auftrag der Grundstücksbesitzerin durchgeführte Umsetzung des Fahrzeugs der Beklagten stellt ein Handeln in fremdem Rechtskreis und damit eine Fremdgeschäftsführung i.S.v. § 677 BGB dar. Ein Geschäft der Beklagten war dies deshalb, weil sie als Halterin des Fahrzeugs zur Entfernung nach § 862 Abs. 1 BGB bzw. - wenn das Parken als teilweise Besitzentziehung qualifiziert wird - gem. § 861 Abs. 1 BGB verpflichtet war. Das unbefugte Abstellen eines Fahrzeugs auf einem Privatgrundstück begründet eine verbotene Eigenmacht i.S.v. § 858 Abs. 1 BGB, für die nicht nur der Fahrer, sondern ebenfalls der Halter des Fahrzeugs verantwortlich ist. Dies gilt auch dann, wenn das Parken an bestimmte Bedingungen - wie hier die Festlegung einer Höchstparkdauer von 90 Minuten - geknüpft ist und diese nicht eingehalten werden (BGH, Urt. v. 18.12.2015 - V ZR 160/14, juris Rz. 13; Urt. v. 4.7.2014 - V ZR 229/13, NJW 2014, 3727 Rz. 13; Urt. v. 21.9.2012 - V ZR 230/11, NJW 2012, 3781 Rz. 5; Urt. v. 5.6.2009 - V ZR 184/08, BGHZ 181, 233 Rz. 13). Dass die Grundstücksbesitzerin - auf den Willen der nur im Auftrag handelnden Klägerin kommt es nicht an - auch im eigenen Interesse tätig geworden ist, schließt ihren Fremdgeschäftsführungswillen nicht aus (sog. "auch fremdes Geschäft", vgl. BGH, Urt. v. 27.5.2009 - VIII ZR 302/07, NJW 2009, 2590 Rz. 18 m.w.N.).

Rz. 7

b) Die Übernahme des Geschäfts entsprach dem Interesse der Beklagten.

Rz. 8

aa) Die Übernahme einer Geschäftsführung liegt dann im Interesse des Geschäftsherrn, wenn sie ihm objektiv vorteilhaft und nützlich ist (vgl. BGH, Urt. v. 20.4.1967 - VII ZR 326/64, BGHZ 47, 370, 372 ff.; Urt. v. 28.10.1992 - VIII ZR 210/91, NJW-RR 1993, 200; s. aus der Literatur BeckOGK/Thole, BGB, Stand: 1.10.2015, § 683 Rz. 7; Seiler in MünchKomm/BGB, 6. Aufl., § 683 Rz. 4). Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH gilt die Tilgung einer einredefreien Schuld grundsätzlich als vorteilhaft und damit als interessegemäß (BGH, Urt. v. 20.4.1967 - VII ZR 326/64, BGHZ 47, 370, 372 ff.; Urt. v. 20.6.1968 - VII ZR 170/66, WM 1968, 1201). Entsprechendes gilt, wenn ein Grundstückseigentümer eine Eigentumsbeeinträchtigung selbst beseitigt. Der Störer wird von der ihm gem. § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB obliegenden Pflicht frei, so dass die Übernahme des Geschäfts auch in seinem objektiven Interesse liegt und er - wenn die weiteren Voraussetzungen einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag vorliegen - verpflichtet ist, dem Eigentümer gem. § 683 BGB die zu der Störungsbeseitigung erforderlichen Aufwendungen zu erstatten (vgl. BGH, Urteil vom 8.3.1990 - III ZR 81/88, BGHZ 110, 313, 314 ff.; s. auch BGH, Urt. v. 4.2.2005 - V ZR 142/04, NJW 2005, 1366 ff.; Urt. v. 13.1.2012 - V ZR 136/11, NJW 2012, 1080, Rz. 6). Der Umstand, dass der Geschäftsherr Aufwendungsersatz schuldet, kann naturgemäß seinem Interesse nicht schon von vornherein und generell entgegenstehen, weil § 683 BGB sonst nie erfüllt wäre (BeckOGK/Thole, BGB, Stand: 1.10.2015, § 683 Rz. 7).

Rz. 9

bb) Unter Beachtung dieser Grundsätze und der hiernach gebotenen objektiven Betrachtung stellt sich die Entfernung des Fahrzeugs für die Beklagte als vorteilhaft dar. Sie ist durch die Umsetzung, zu der die Grundstücksbesitzerin gem. § 859 Abs. 1 und 3 BGB berechtigt war, von ihrer Verpflichtung gem. § 862 Abs. 1 Satz 1 BGB bzw. gem. § 861 Abs. 1 BGB frei geworden. Andere, für die Beklagte kostengünstigere und vorteilhaftere Möglichkeiten, diesen Anspruch zu erfüllen, bestanden nicht. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass die Grundstücksbesitzerin von der Beklagten die sofortige Beseitigung der Störung verlangen und den Anspruch auch im Wege der Selbsthilfe durchsetzen konnte. Zu einer sofortigen Beseitigung waren jedoch weder die Beklagte noch der Fahrer des Fahrzeugs in der Lage, da sie sich in dem maßgeblichen Zeitpunkt der Geschäftsübernahme weder bei dem Fahrzeug befanden noch binnen kurzer Zeit ermittelt werden konnten. Die einzige Möglichkeit, den rechtswidrigen Zustand unmittelbar zu beseitigen, bestand deshalb in dem Umsetzen des Fahrzeugs. Demgegenüber war die Grundstücksbesitzerin nicht verpflichtet, die Störung so lange hinzunehmen, bis der Fahrer das Fahrzeug selbst von dem Parkplatz entfernte oder aber die Beklagte nach entsprechender Halterermittlung und Unterrichtung über die Störung durch die Grundstücksbesitzerin dies veranlasste. Aus der Sicht eines verständigen, sich rechtstreu verhaltenden Fahrzeughalters entsprach das Abschleppen deshalb seinem Interesse, weil nur auf diese Weise der Beseitigungsanspruch zu der geschuldeten Zeit erfüllt werden konnte.

Rz. 10

c) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts liegen die subjektiven Voraussetzungen eines Anspruchs nach § 683 BGB ebenfalls vor. Das Abschleppen des Fahrzeugs entsprach dem mutmaßlichen Willen der Beklagten.

Rz. 11

aa) Dazu, welchen wirklichen Willen die Beklagte hatte, hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. Seine Überlegung, der Wille der Beklagten werde darauf gerichtet gewesen sein, dass der Fahrzeugführer die Besitzstörung beende, ist zum einen spekulativ. Zum anderen besagt sie nichts zu der hier entscheidenden Frage, welchen Willen die Beklagte für den Fall hatte, dass der Fahrer zu der geschuldeten sofortigen Beseitigung der Besitzstörung nicht in der Lage war.

Rz. 12

bb) Da sich hiernach der wirkliche Wille der Beklagten nicht feststellen lässt, kommt es entscheidend auf ihren mutmaßlichen Willen an. Das ist derjenige Wille, den der Geschäftsherr bei objektiver Beurteilung aller Umstände im Zeitpunkt der Übernahme geäußert haben würde. Mangels anderer Anhaltspunkte ist als mutmaßlicher Wille der Wille anzusehen, der dem Interesse des Geschäftsherrn entspricht (vgl. BGH, Urt. v. 20.4.1967 - VII ZR 326/64, BGHZ 47, 370, 374; Urt. v. 7.3.1989 - XI ZR 25/88, NJW-RR 1989, 970; s. aus der Literatur MükoBGB/Seiler, 6. Aufl., § 683 Rz. 10; Palandt/Sprau, BGB, 75. Aufl., § 683 Rz. 5; für den Fall des Abschleppens eines Fahrzeugs a.A. Lorenz, NJW 2009, 1025, 1027, der aber die Voraussetzungen des § 679 BGB bejaht). Da die Entfernung des Fahrzeuges im objektiven Interesse der Beklagten lag, war auch ihr mutmaßlicher Willen hierauf gerichtet. Sie wurde durch die Geschäftsführung von ihrer Verpflichtung zur sofortigen Störungsbeseitigung befreit, die nur durch ein Umsetzen des Fahrzeugs bewirkt werden konnte.

Rz. 13

d) Das Berufungsurteil kann deshalb im Hinblick auf die Abweisung der auf Zahlung von 130 EUR gerichteten Klage keinen Bestand haben und unterliegt der Aufhebung (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil es keiner weiteren Feststellungen bedarf und die Sache zur Entscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Berufung der Beklagten ist in Höhe des Betrages von 130 EUR zurückzuweisen.

Rz. 14

aa) Aufgrund der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag kann die Grundstücksbesitzerin, auf deren Recht sich die Klägerin stützt, gem. § 683 Satz 1 BGB i.V.m. § 670 BGB Ersatz der Aufwendungen verlangen, die sie den Umständen nach für erforderlich halten durfte. Hat ein Grundstücksbesitzer - wie hier - ein Unternehmen umfassend mit der Beseitigung der Besitzstörung gegen Zahlung einer vertraglich festgelegten Pauschalvergütung beauftragt, stellt das Eingehen einer solchen Verbindlichkeit nach der ständigen Rechtsprechung des Senats nur insoweit eine ersatzfähige Aufwendung dar, als die am Ort der Besitzstörung üblichen Kosten für das Abschleppen fremder Fahrzeuge und die Kosten für vorbereitende Maßnahmen nicht überschritten werden (vgl. BGH, Urt. v. 4.7.2014 - V ZR 229/13, NJW 2014, 3727 Rz. 16, 23 und 41; Urt. v. 2.12.2011 - V ZR 30/11, NJW 2012, 528 Rz. 11, jeweils zu der Frage der Ersatzfähigkeit der Aufwendungen im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs des Grundstücksbesitzers). Auf dieser Grundlage ist der von dem AG unter Berücksichtigung der Ortsüblichkeit als angemessen angesehene Betrag von 130 EUR (110 EUR reine Abschleppkosten zzgl. 20 EUR Vorbereitungskosten) nicht zu beanstanden.

Rz. 15

bb) Obwohl die Grundstücksbesitzerin von der Beklagten gem. § 257 Satz 1 BGB nur Freistellung von der Verbindlichkeit gegenüber der Klägerin verlangen könnte, ist die Beklagte zur Zahlung von 130 EUR verpflichtet. Wird nämlich - wie hier - ein Befreiungsanspruch an den Gläubiger der eingegangenen Verbindlichkeit (hier: an die Klägerin) abgetreten (§ 398 BGB), wandelt er sich in einen Zahlungsanspruch um (BGH, Urteil vom 2.12.2012 - V ZR 30/11, NJW 2012, 528 Rz. 14 m.w.N.).

Rz. 16

2. Erfolg hat die Revision auch, soweit das Berufungsgericht - von seinem Ausgangspunkt folgerichtig - die Klage auf Verzinsung der Hauptforderung und auf Zahlung vorgerichtlicher Mahnkosten i.H.v. 2,56 EUR abgewiesen hat. Diese Ansprüche sind unter dem Gesichtspunkt des Verzugs begründet (§ 280 Abs. 1 und 2 BGB i.V.m. § 286 BGB).

Rz. 17

3. Die Kosten für die Ermittlung des Halters i.H.v. 5,10 EUR kann die Klägerin jedoch nicht ersetzt verlangen. In diesem Umfang ist die Revision unbegründet.

Rz. 18

a) Ein Aufwendungsersatzanspruch gem. § 683 Satz 1 BGB i.V.m. § 670 BGB besteht nicht. Zwar sind im Zusammenhang mit dem Abschleppen eines unbefugt abgestellten Fahrzeugs - anders als bei der Vorbereitung der Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen gegen den Halter - (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 18.12.2015 - V ZR 160/14, juris Rz. 32) Fallgestaltungen denkbar, in denen die Ermittlung des Halters nicht ausschließlich im Interesse des Anspruchstellers erfolgt, sondern auch dem Interesse und dem mutmaßlichen Willen des Halters entspricht. So kann es insb. liegen, wenn der Halter keine Kenntnis davon hat, wo sich sein Fahrzeug nach dem Abschleppen befindet und er den Standort erst aufgrund der durch die Halteranfrage ermöglichten Kontaktaufnahme des Anspruchstellers erfährt.

Rz. 19

Einen solchen Sachverhalt hat die Klägerin aber nicht vorgetragen. Nach den von dem LG in Bezug genommenen Feststellungen des AG hat sie die Forderung erstmalig am 12.10.2012 und damit über zwei Jahre nach dem Abschleppen des Fahrzeugs geltend gemacht und nicht - wie es in der Praxis häufig vorkommt (vgl. BGH, Urteil vom 2.12.2011 - V ZR 30/11, NJW 2012, 528 Rz. 1; Urt. v. 4.7.2014 - V ZR 229/13, NJW 2014, 3727 Rz. 2) - die Bekanntgabe des Standorts des Fahrzeugs von der vorherigen Begleichung der Abschleppkosten abhängig gemacht. Hieraus folgt, dass der Beklagten der Standort des Fahrzeugs bereits vor der Kontaktaufnahme durch die Klägerin bekannt sein musste und eine Halteranfrage nicht ihrem mutmaßlichen Willen entsprach.

Rz. 20

b) Ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 858 Abs. 1 BGB ist ebenfalls nicht gegeben. Es fehlt an dem erforderlichen Verschulden der Beklagten, weil sie nach den Feststellungen des Berufungsgerichts das Fahrzeug nicht selbst verbotswidrig abgestellt hat und die Klägerin keine Umstände vorgetragen hat, aus denen sich ergibt, dass die verbotene Eigenmacht durch den Fahrzeugführer für die Beklagte konkret vorhersehbar war (vgl. auch BGH, Urt. v. 18.12.2015 - V ZR 160/14, juris Rz. 14).

Rz. 21

c) Schließlich scheidet auch ein Bereicherungsanspruch aus, weil die Beklagte durch die Halteranfrage nichts erlangt hat, was ihr Vermögen vermehrt hätte.

III.

Rz. 22

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 9397922

NJW 2016, 2407

JR 2018, 97

JurBüro 2016, 501

NZM 2016, 602

ZfIR 2016, 427

BWV 2016, 208

DAR 2016, 387

JZ 2016, 441

MDR 2016, 764

NZV 2016, 468

VRS 2016, 179

VersR 2016, 996

NJW-Spezial 2016, 489

NPA 2017

RÜ 2016, 486

BBB 2016, 52

FMP 2016, 187

GreifRecht 2016, 4

Jura 2016, 1219

LL 2016, 457

Verkehrsjurist 2016, 34

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