I. Voraussetzung.

 

Rn 5

Die Reise muss durch den Mangel vereitelt oder erheblich beeinträchtigt worden sein (BGH NJW 05, 1047). Vereitelt wurde die Reise, wenn sie nicht angetreten werden konnte (LG Düsseldorf RRa 03, 163 [LG Düsseldorf 16.05.2003 - 22 S 667/01]), zB aufgrund Überbuchung (BGH NJW 18, 3173 [BGH 29.05.2018 - X ZR 94/17] Rz 9), oder sogleich zu Anfang abgebrochen werden musste, zB weil der Reisende nicht im vereinbarten oder einem genehmigungsfähigen Hotel untergebracht wurde (BGH NJW 05, 1047 [BGH 11.01.2005 - X ZR 118/03]), oder wenn sie mit so erheblichen Mängeln behaftet ist, dass sie dem Reisenden nicht nützt.

 

Rn 6

Die Reise ist wie bei § 651l I (vgl BGH NJW 13, 3170 Rz 34) erheblich beeinträchtigt, wenn sie oder ein Teil (Köln NJW-RR 08, 1588, 1590 [OLG Köln 14.07.2008 - 16 U 82/07]) iRe Gesamtwürdigung aus Sicht eines Durchschnittsreisenden orientiert am Reisezweck und Reisecharakter unter Würdigung aller Umstände aufgrund der Art und Schwere des Mangels als ganz oder teilw vertan erscheint (BGH NJW 18, 3174 Rz 14). Ab einer Minderungsquote von 50% ist das idR zu bejahen (Ddorf NJW-RR 03, 59 [OLG Düsseldorf 28.05.2002 - 20 U 30/02]; Frankf NJW-RR 03, 1139 [OLG Frankfurt am Main 24.04.2003 - 16 U 164/00]; 95, 1462 [OLG Frankfurt am Main 06.04.1995 - 16 U 47/94]; RRa 03, 255; Köln aaO; LG Frankfurt RRa 11, 169, 170). Eine bestimmte Minderungsquote ist aber nicht Voraussetzung (BGH NJW 18, 789 [BGH 21.11.2017 - X ZR 111/16] Rz 13, 18). Ein Ausgleich ist stets geboten, wenn sich die Reiseleistung, gemessen an ihrem Ziel und ihrer vertraglich vereinbarten Ausgestaltung, so weit von demjenigen entfernt, um dessentwillen der Reisende die Urlaubszeit aufgewendet hat, dass die Erreichung des Vertragszwecks als vereitelt oder jedenfalls quantitativ oder qualitativ erheblich beeinträchtigt angesehen werden muss (BGH NJW 13, 3170 [BGH 14.05.2013 - X ZR 15/11] Rz 35, 40) und nicht bereits mit der Minderung hinreichend abgegolten sind. Relevant ist idR nur die Zeit, in der die Beeinträchtigung besteht. Nach hM wird der Erholungswert der vorausgegangenen mangelfreien Reise nicht durch einen späteren Mangel genommen (LG Frankfurt NJW-RR 93, 1330 [LG Frankfurt am Main 23.08.1993 - 2 S 394/92]; LG Düsseldorf NJW-RR 01, 50 [LG Düsseldorf 11.06.1999 - 22 S 334/98]; zu Recht aA Ddorf NJW-RR 90, 187 [BGH 19.09.1990 - VIII ZR 172/90] [Salmonellenvergiftung]). Im Einzelfall, insb in Bagatellfällen, kann von der Zuerkennung einer Entschädigung abzusehen sein (BGH NJW 05, 1047 [BGH 11.01.2005 - X ZR 118/03]; 92, 1043 [BGH 14.01.1992 - VI ZR 120/91]). Bei vollständiger Vereitelung ist die sich daraus ergebende (immaterielle) Beeinträchtigung idR geringer als im Falle grober Mängel der Reiseleistung; auch ist dann für einen Anspruch auf Erstattung von Kosten für eine ersatzweise Herbeiführung des Reiseerfolgs auf schadensersatzrechtlicher Grundlage kein Raum (BGH NJW 18, 3173 [BGH 29.05.2018 - X ZR 94/17] Rz 18, 30).

 

Rn 7

Mit der Vereitelung der Reise steht der haftungsausfüllende Tatbestand der vertanen Urlaubszeit fest. Den immateriellen Entschädigungsanspruch (EuGH NJW 02, 1255) können auch Hausfrauen (BGH NJW 83, 35 [BGH 23.09.1982 - VII ZR 22/82]), Schüler (BGH NJW 83, 218 [BGH 21.10.1982 - VII ZR 61/82]), Studenten und Rentner haben (BTDrs 8/786, 30; BGH NJW 05, 1047 [BGH 11.01.2005 - X ZR 118/03]). Für Kleinkinder (zum Fünfjährigem LG Frankfurt RRa 11, 63, 65) soll es darauf ankommen, ob für sie ein erhöhter Reisepreis zu zahlen war (LG Bremen NJW-RR 05, 282 [LG Bremen 06.10.2004 - 4 S 201/04]).

 

Rn 8

Der Anspruch aus § 651n II ist kein höchstpersönlicher (vgl BGH NJW 10, 2950, 2951 [BGH 26.05.2010 - Xa ZR 124/09]; aA NJW 89, 2750 [BGH 15.06.1989 - VII ZR 205/88]). Da bei Gruppenreisen (§ 651a Rn 14) idR Mitreisende in den Reisevertrag einbezogen sind und dieser Schutzwirkung entfaltet, haben auch sie den Entschädigungsanspruch (LG Rostock 9.10.20 – 1 O 259/20).

II. Höhe.

 

Rn 9

Sie ist einzelfallabhängig und hat in einer angemessenen Beziehung zum Umfang der Beeinträchtigung und zum Reisepreis, der zeigt, wie viel Geld der mit der geplanten Reise verbundene immaterielle Gewinn dem Reisenden wert war (BGH NJW 05, 1047 [BGH 11.01.2005 - X ZR 118/03]: zu Pauschalreisen; LG Frankfurt RRa 07, 69, 73), zu stehen. Auf sein Nettoeinkommen kommt es nicht an (Frankf 14.4.14 – 16 U 12/14). Es gilt kein starrer Maßstab. So kann bei einer vereitelten Reise die Hälfte des Preises zu bemessen sein. Bei durchgeführter, aber so erheblich beeinträchtigter Reise, dass ein zusätzlicher Ausgleich gefordert ist, kann für jeden gänzlich vertanen Urlaubstag die zeitanteilige Quote des vollen Reisepreises anzusetzen sein (Preis/Dauer*vertane Tage*Minderungsquote). Der Reisende kann dann den Preis zurückverlangen (§§ 326 I 1, 812) und den gleichen Betrag als Entschädigung nach II fordern (erwägend BGH aaO). Man kommt idR zu ähnl Ergebnissen, wird die Entschädigung nach den Umständen des Einzelfalls, dh neben der (primär maßgeblichen) Höhe des Reisepreises zB nach der...

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