Gesetzestext

 

(1) 1Im Falle des § 574 kann der Mieter verlangen, dass das Mietverhältnis so lange fortgesetzt wird, wie dies unter Berücksichtigung aller Umstände angemessen ist. 2Ist dem Vermieter nicht zuzumuten, das Mietverhältnis zu den bisherigen Vertragsbedingungen fortzusetzen, so kann der Mieter nur verlangen, dass es unter einer angemessenen Änderung der Bedingungen fortgesetzt wird.

(2) 1Kommt keine Einigung zu Stande, so werden die Fortsetzung des Mietverhältnisses, deren Dauer sowie die Bedingungen, zu denen es fortgesetzt wird, durch Urteil bestimmt. 2Ist ungewiss, wann voraussichtlich die Umstände wegfallen, auf Grund derer die Beendigung des Mietverhältnisses eine Härte bedeutet, so kann bestimmt werden, dass das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit fortgesetzt wird.

(3) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.

A. Grundsätzliches.

 

Rn 1

§ 574a entspricht § 556 II, III und VII aF und ist nicht abdingbarer Bestandteil der Sozialklausel; er regelt die Rechtsfolgen eines begründeten Mieter-Widerspruchs nach § 574.

B. Wirkung des Widerspruchs.

 

Rn 2

Aufgrund des begründeten Widerspruchs des Mieters wird das Mietverhältnis trotz der Kündigung nicht beendet; der Widerspruch hat zwar keine rechtsgestaltende Wirkung, er bewirkt nicht die Unwirksamkeit der Kündigung, sondern ist notwendig, wenn der Mieter mehr erreichen will als eine bloße Räumungsfrist. Der Widerspruch ist ein Angebot zum Abschluss einer vertraglichen Fortsetzungsvereinbarung (MüKo/Häublein § 574a Rz 3; LG Berlin ZMR 19, 494).

 

Rn 3

Bis zur Entscheidung über das Fortsetzungsbegehren des Mieters bzw Ablauf der Kündigungsfrist müssen beide Vertragsparteien weiterhin ihre Vertragspflichten erfüllen. Wird das Mietverhältnis weder durch Einigung (§ 574a I) noch durch Urt fortgesetzt, ist es zum Kündigungstermin beendet. Bei Fortsetzung des Mietverhältnisses wird kein neues begründet, sondern das ursprüngliche Mietverhältnis, ggf auf bestimmte oder unbestimmte Zeit oder/und zu veränderten Bedingungen, ohne rechtliche Unterbrechung fortgesetzt.

C. Verlängerungsanspruch auf bestimmte Zeit.

 

Rn 4

Dies ist der Normalfall nach § 574a sowohl für die einvernehmliche als auch die umstrittene Verlängerung (AG Mitte WuM 16, 568). Das Mietverhältnis soll nur für den Zeitraum verlängert werden, für den (zunächst voraussichtlich) die Härte begründenden Umstände weiterbestehen. Bei der Prognose reicht die überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass der Härtegrund in der Verlängerungszeit wegfällt.

 

Rn 5

Da es sich nur um eine Regelung für eine Übergangszeit handelt, ist das Mietverhältnis im Allgemeinen nicht für die Dauer von mehr als drei Jahren zu verlängern; ein Mindestzeitraum ist nicht vorgeschrieben, wenige Monate sind selten, es sei denn es soll nur ein kurzfristiger doppelter Umzug des Mieters verhindert werden. Bei der Bemessung der Verlängerung bleibt eine mögliche Räumungsfrist (§ 721 ZPO) unberücksichtigt. Gem § 550 bedarf die Verlängerung des Mietverhältnisses über ein Jahr hinaus nach hM der Schriftform (vgl NomosK/Hinz § 574a Rz 5). Während des Verlängerungszeitraums sind die ordentliche und außerordentliche befristete Kündigung des Mietverhältnisses für beide Seiten ausgeschlossen; das Mietverhältnis endet automatisch mit Zeitablauf. Allerdings gilt anschließend § 545.

D. Verlängerungsanspruch auf unbestimmte Zeit.

 

Rn 6

Nur bei nicht zu beseitigender Ungewissheit über den Zeitpunkt des Wegfalls der Härte kommt eine Verlängerung des Mietverhältnisses ausnahmsweise (NomosK/Hinz § 574a Rz 10) auf unbestimmte (LG München I WuM 17, 477 Rz 36) Zeit in Betracht. In dieser Zeit kann der Vermieter das Mietverhältnis jederzeit erneut kündigen, § 574c II 1; der Mieter wiederum kann dieser erneuten Kündigung gem §§ 574c II, 574 ff widersprechen. Haben sich die für die Fortsetzung des Mietverhältnisses maßgeblichen Umstände geändert, kann das Mietverhältnis nur fortgesetzt werden, wenn die erneute Kündigung ebenfalls eine Härte für den Mieter oder seine Familie bedeuten würde (§ 574c II 2). Eine Verlängerung des Mietverhältnisses auf unbestimmte Zeit kommt insb dann in Betracht, wenn Ersatzwohnraum strukturell bedingt fehlt (Stuttg NJW 69, 1070 [OLG Stuttgart 06.03.1969 - 8 W 324/68]); der Mieter kann dann, sobald er passenden Ersatzraum gefunden hat, das Mietverhältnis seinerseits mit der gesetzlichen Frist kündigen. Hat der Mieter jedoch selbst den Wohnraumwechsel angestrebt, ohne dass ihm eine Ersatzwohnung zur Verfügung steht, ist eine Verlängerung des Mietverhältnisses auf unbestimmte Zeit nicht möglich (Karlsr NJW 70, 1746 [OLG Karlsruhe 03.07.1970 - 1 REMiet 1/70]). Eine Verlängerung des Mietverhältnisses auf Lebenszeit des Mieters scheidet aus (LG Lübeck WuM 94, 22). Der Mieter hat daran mitzuwirken, dass sich das Krankheitsrisiko bei einem hierauf gestützten Fortsetzungsverlangen nicht erhöht, er muss darlegen, welcher ärztlicherseits empfohlener lebenserhaltender Maßnahme er sich unterziehen will oder bereits unterzieht (vgl BVerfG ZMR 04, 46 für die Zwangsvollstreckung).

E. Änderung der Vertragsbedingungen.

 

Rn 7

Eine Änderung der bisherigen Vertragsbedingungen kann nur der Vermieter ausnahmsweise verlangen. Die Fortset...

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