Rn 9

Das AGG ist über § 2 I Nr 7 AEntG nF (ex § 7 I Nr 7 AEntG) bei Beschäftigung im Inland zwingend anzuwenden (ErfK/Franzen § 2 AEntG Rz 5; vgl Calliess/Renner/Renner Art 9 Rz 25); iÜ hat zum AGG die Diskussion erst begonnen (Junker 30; Schrader/Straube NZA 07, 184; Mansel FS Canaris I 809), viel spricht für Eingriffsnormcharakter (umfassend Lüttringhaus Grenzüberschreitender Diskriminierungsschutz [10]; vgl a Thon IPRax 19, 301, 305).

 

Rn 10

Regeln des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes können Eingriffsnormen sein (zum österr und deutschen Recht öst OGH JBl 09, 788; in Dtld aber Hennecke ZESAR 17, 63 ff), für § 9 Nr 1 AÜG aF soll dies entgegen aA nicht gelten, BAG 9 AZR 228/21, RIW 22, 776, 783 m abl Anm Brors 724, 726 f – insges zum Arbeitsrecht unten Rn 26.

 

Rn 11

Außenwirtschaftsrechtliche Verbote in AWG und AWV (Erman/Stürner Art 9 Rz 14; Beyer GRUR 21, 1008, 1016) sowie KrWaffKontrG stellen Eingriffsnormen dar (Remien RabelsZ 90, 431 ff; MüKo/Martiny Art 9 Rz 61 ff). Die Rechtsunwirksamkeit bei Fehlen einer erforderlichen Genehmigung regelt § 15 AWG (zur Vertragsgestaltung bei Unternehmenserwerb Mohamed JZ 19, 766, 775 f); allerdings beschäftigen derartige Fälle eher die Straf- als die Zivilgerichte (zur Vermittlung eines Vertrags über außerhalb des Bundesgebiets befindliche Kriegswaffen BGH NStZ 94, 135). Auch die EU VO 428/2009, 1504/04 und 1334/00 über Technologien und Güter mit doppeltem Verwendungszweck sind zu nennen, ferner spezielle Embargo-VO (zu Libyen Gericht Budapest Gf. 40608/2017/12 bei Nagy in Guinchard 258). Neue Sanktionen werfen erneut Fragen auf (kurz Kessedjian Clunet 14, 809; zu Iran-Sanktionen Frankf ZIP 11, 1354). Die durch DVO 2020/402 angeordnete Untersagung der Ausfuhr bestimmter Produkte ist Eingriffsnorm (so a Lorenz in: Schmid, aaO, § 1 Rz 83; s.a. MüKo/Martiny Rz 58c). Der Ukrainekonflikt hat zu bereits mehreren Sanktionspaketen geführt (ab VO 2022/260, ABl L 421, bzgl Krim ua schon VO 692/2014.

 

Rn 12

Berufsrechtliche Regelungen sind zT als Eingriffsnormen anerkannt worden (Soergel/v Hoffmann Art 34 Rz 41 ff; krit Martiny FS Heldrich 907 ff), so das Verbot des Erfolgshonorars bzw quota litis durch § 49b BRAO (Frankf RIW 01, 374; Grüneberg/Thorn Art 9 Rz 10; aA Ferrari/Staudinger Art 9 Rz 28) und Vorschriften des RBerG (Staud/Magnus Art 9 ROM I Rz 159 ff; Reithmann/Martiny/Zwickel Rz 5.80f; vgl BGH ZIP 07, 282) und heute RDG (MüKo/Martiny Art 9 Rz 96), das in §§ 1 I, II und 15 seinen Anwendungsbereich regelt (eingehend Ahrens, FS Geimer [17], 1 ff). Die Mindestsatzregelung des alten § 4 HOAI beanspruchte wegen ihrer ordnungspolitischen Ziele für einen grenzüberschreitenden Architekten- oder Ingenieurvertrag für ein inländisches Bauvorhaben Geltung (BGH NJW 03, 2020 [BGH 27.02.2003 - VII ZR 169/02]; aA etwa Staud/Magnus Art 9 ROM I Rz 161), die Neufassung der HOAI gilt nach § 1 nur noch bei Sitz im Inland (MüKo/Martiny Art 4 Rz 60; Ferrari/Staudinger Art 9 Rz 27), der EuGH sieht sie wegen Inkohärenz mangels Eignungsanforderungen aber im Widerspruch zur DienstleistungsRL 2006/123 (EuGH C-377/17, NJW 19, 2529 = ECLI:EU:C:2019:562, Anm Oriwol NVwZ 19, 1123 ff), aber ohne Zivilrechtswirkung (EuGH C 261/20 = ECLI:EU:C:2022:33, Aufs Remien GPR 23, 3 ff). Zur AMPreisV besteht Streit (Mand GRUR-Int 05, 637). Für die summenmäßige Begrenzung der Haftung der Abschlussprüfer in § 323 HGB wird die Qualifikation als Eingriffsnorm erwogen (Ebke ZVglRWiss 10, 397, 416 ff; BeckOGK/Maultzsch Art 9 Rz 243).

 

Rn 13

Bodenverkehrsvorschriften sind international zwingend (Staud/Magnus Art 9 ROM I Rz 152; Reithmann/Martiny/Limmer Rz 21.26). Die Formvorschrift des § 311b I (ex 313) BGB soll keine Eingriffsnorm sein (Köln, MDR 93, 315; Staud/Magnus Art 9 ROM I Rz 153). Vorschriften der MaBV werden als international zwingend genannt (Staud/Magnus Art 9 ROM I Rz 168).

 

Rn 14

Datenschutzbestimmungen im BDSG und TMG kommen als Eingriffsnormen in Betracht (VG Schleswig K&R 13, 280; krit. Steinrötter, MMR 13, 691, 693), allerdings enthält § 1 V BDSG eine Sondernorm (Piltz, K&R 2013, 413). Nun wird dies für die DSGVO gelten, s.u. Rn 29.

 

Rn 15

Devisenrecht hat klassischerweise Eingriffsnormencharakter (s BGH RIW 81, 194), ist heute aber weithin durch die Freiheit des Kapital- und Zahlungsverkehrs nach Art 63 ff AEUV verdrängt. Der BGH hat die Bereitschaft zur Berücksichtigung des Devisenrechts der ehemaligen DDR angedeutet (BGH ZEV 05, 170 [BGH 10.12.2004 - V ZR 120/04]).

Art VIII 2b) Bretton Woods-Abk (u Rn 48) hindert nicht an der Anwendung des eigenen Devisenrechts des Forums als Eingriffsnorm (OGH, ÖBA 94, 641 m Anm Schurig = ZR vgl 93, 124 f). Im Währungsrecht war früher § 3 1 WährG von erheblicher Bedeutung, der nun durch das liberale PrKG ersetzt ist.

 

Rn 16

Die Sittenwidrigkeitsgeneralklausel des § 138 soll keine Eingriffsnorm sein (BGHZ 135, 124; auch LG Dortmund RIW 02, 69 – Verzugszinsen nach tschechischem Recht –; LG Bielefeld NZM 99, 721 [LG Bielefeld 27.05.1999 - 20 S 185/98]; Mankowski RIW 96, 8; Erman/St...

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