Rn 10

Nr 2 will das in §§ 320, 273 verankerte Gebot vertraglicher Abwicklungsgerechtigkeit gewährleisten (Frankf NJW 86, 1618 [OLG Frankfurt am Main 28.11.1985 - 6 U 167/84]) und sichert dem Kunden das mit dem Weigerungsrecht verbundene wirtschaftliche Druckmittel zur vollständigen Leistungserbringung durch den Verwender (BGH NJW 95, 1554 [BGH 14.02.1995 - XI ZR 218/93]). Von Nr 2 geschützt wird nur, was dem Kunden durch das dispositive Recht gewährt wird; darüber hinaus kann die Frage der Wirksamkeit der Klausel dahingestellt bleiben (insb beim Teilleistungsrecht Stuttg VuR 96, 277).

I. Schutz des Leistungsverweigerungsrechts (Nr 2a).

 

Rn 11

Nr 2a untersagt jede Änderung oder Einschränkung des Leistungsverweigerungsrechts aus § 320, das dem Kunden ggü dem Verwender nach dispositivem Recht ohne die Klausel zustehen würde. Ein Kunde, der grundlos oder endgültig die Leistung verweigert, wird dagegen nicht geschützt (BGH NJW 68, 1873 [BGH 16.05.1968 - VII ZR 40/66]). Das Verbot der Nr 2a gilt auch bei der Rückabwicklung von Verträgen nach § 348 und in ähnlichen Fällen (BGH NJW 80, 1632 [BGH 21.03.1980 - V ZR 72/78]). Nicht anwendbar ist Nr 2a bei einer gesetzlichen Vorleistungspflicht des Kunden, § 320 I 1 (hM; BGH NJW 85, 851 [BGH 23.05.1984 - VIII ZR 27/83]).

1. Unzulässige Beschränkung des § 320.

 

Rn 12

Unzulässig sind Beschränkungen, wenn das Leistungsverweigerungsrecht auf die Geltendmachung vom Verwender anerkannter oder rechtskräftig festgestellter Mängel (BGH NJW 92, 2163 [OLG Koblenz 16.01.1992 - 6 U 963/91]) oder auf die voraussichtlichen Mangelbeseitigungskosten begrenzt wird (Grüneberg/Grüneberg § 309 Rz 12; U/B/H/Schäfer § 309 Nr 2 Rz 11). Gleiches gilt, wenn die Ausübung des Leistungsverweigerungsrechts von der schriftlichen Anzeige (Celle WuM 90, 111 [OLG Celle 29.12.1989 - 2 U 200/88]; Erman/Roloff § 309 Rz 20; aA U/B/H/Schäfer § 309 Nr 2 Rz 11) oder einem Anerkenntnis (Grüneberg/Grüneberg § 309 Rz 12; W/L/P/Dammann § 309 Nr 2 Rz 41) abhängig gemacht wird. Unzulässig sind Klauseln, wonach zum Nachweis der gesicherten Finanzierung eine unwiderrufliche Zahlungsgarantie der Bank vorzulegen ist (BGH NJW 93, 3264 [BGH 16.09.1993 - VII ZR 206/92]), die Schecksperrung für den Fall der Fehllieferung untersagt ist (BGH NJW 85, 857 [BGH 06.12.1984 - VII ZR 227/83]) oder Abschlagzahlungen per unwiderruflicher Banklastschrift zu leisten sind (BGH NJW-RR 86, 959 [BGH 21.04.1986 - II ZR 126/85]). Unzulässig ist die Klausel in Bauträgervertrag, wonach die letzte Rate vor Abnahme auf Notaranderkonto zu zahlen ist (Hambg NJW-RR 21, 90; Schlesw NZBau 20, 371 [OLG Schleswig 21.02.2020 - 1 U 19/19]).

2. Vorleistungspflicht.

 

Rn 13

Wegen seiner weiten Ausgestaltung muss das Verbot der Nr 2a restriktiv interpretiert werden (MüKo/Wurmnest § 309 Nr 2 Rz 6, 10 f), so dass nicht jede Statuierung einer Vorleistungspflicht des Kunden unzulässig ist. Nur wenn die formularmäßige Vereinbarung der Vorleistungspflicht des Kunden einzig der Umgehung des Klauselverbots der Nr 2a dient, ist Nr 2 und nicht § 307 Maßstab (BGH NJW 01, 294 [BGH 27.09.2000 - VIII ZR 155/99]; 87, 1932 [BGH 12.03.1987 - VII ZR 37/86]). Vorleistungsklauseln sind zulässig, wenn sachlich berechtigte Gründe gegeben sind und überwiegende Belange des Kunden nicht entgegenstehen (BGH aaO). Das ist der Fall beim Kauf von Eintrittskarten (MüKo/Wurmnest § 309 Nr 2 Rz 11; Grüneberg/Grüneberg § 309 Rz 13), bei Briefmarkenauktionen (BGH NJW 85, 850 [BGH 23.05.1984 - VIII ZR 27/83]), bei der Heiratsvermittlung (BGH NJW 83, 2819 [BGH 25.05.1983 - IVa ZR 182/81]) und uU bei Erschließungskosten (Hamm NJW-RR 92, 22), aber nicht beim Kauf von Möbeln usw (BGH NJW 99, 2182 [BGH 08.03.1999 - II ZR 159/98]).

 

Rn 14

Die Unzulässigkeit der Klausel ergibt sich auch aus Umfang oder Zeitpunkt der Vorleistungspflicht. Die Vorauszahlung des Kunden kann somit unzulässig sein beim Heimvertrag (Zweibr NJW-RR 98, 1753 [OLG Zweibrücken 29.05.1998 - 2 U 8/98]), Vertrag über Wirtschaftsinformationsdienst (LG Aachen NJW-RR 94, 60 [LG Aachen 07.07.1993 - 7 S 74/93]), Sport-/Fitnessclubvertrag (Ddorf MDR 99, 735; Hamm NJW-RR 92, 244 [OLG Karlsruhe 29.05.1991 - 4 U 293/90]), Wartungsvertrag (München OLGZ 91, 356) sowie bei der Schneebeseitigung (KG NJW-RR 94, 1266 [KG Berlin 10.05.1994 - 5 U 3166/93]), Steuerberatung (MüKo/Wurmnest § 309 Nr 2 Rz 15) oder Telefonbucheintragung (BGH NJW-RR 03, 834 [BGH 24.09.2002 - KZR 38/99]). Bei Werkverträgen ist die Abschlagzahlung nach § 632a zulässig, diese darf aber nicht in eine Vorleistungspflicht des Bestellers umgewandelt werden (BGH NJW 93, 3264 [BGH 16.09.1993 - VII ZR 206/92]; Zweibr NJW-RR 02, 274 [OLG Zweibrücken 04.10.2001 - 4 U 115/00]). Beim Reisevertrag gilt § 651r.

II. Schutz des Zurückbehaltungsrechts (Nr 2b).

 

Rn 15

Nr 2b schützt, anders als § 273, nur Ansprüche aus demselben Vertragsverhältnis, derentwegen dem Kunden die Zurückbehaltung seiner Leistung untersagt oder eingeschränkt werden soll. Erweitert eine Klausel dagegen das Zurückbehaltungsrecht des Verwenders, ist sie an § 307 zu messen, nicht an Nr 2b (MüKo/Wurmnest § 309 Nr 2 Rz 18). Unzulässig sind Ausschlussklauseln beim Rücktritt vom Eigenheimbewer...

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