Gesetzestext

 

(1) Hat der Schuldner einen bestimmten Gegenstand herauszugeben, so bestimmt sich von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an der Anspruch des Gläubigers auf Schadensersatz wegen Verschlechterung, Untergangs oder einer aus einem anderen Grunde eintretenden Unmöglichkeit der Herausgabe nach den Vorschriften, welche für das Verhältnis zwischen dem Eigentümer und dem Besitzer von dem Eintritt der Rechtshängigkeit des Eigentumsanspruchs an gelten, soweit nicht aus dem Schuldverhältnis oder dem Verzug des Schuldners sich zu Gunsten des Gläubigers ein anderes ergibt.

(2) Das Gleiche gilt von dem Anspruch des Gläubigers auf Herausgabe oder Vergütung von Nutzungen und von dem Anspruch des Schuldners auf Ersatz von Verwendungen.

A. Allgemeines.

 

Rn 1

Mit § 292 wird eine Mindesthaftung des auf Herausgabe verklagten Schuldners begründet, welche immer dann eingreift, wenn der Schuldner nicht nach der Art des Schuldverhältnisses (etwa § 848) oder wegen Verzugs (§ 287) weitergehend haftet, § 292 I aE. Wie bei § 291 geht es darum, dass der Schuldner, der es zum Prozess hat kommen lassen, damit verbundene Risiken trägt. Da nach § 286 I 2 mit der Klageerhebung regelmäßig auch der Verzug des Schuldners eintritt (Ausnahmen: §§ 280 I 2, 286 IV sowie die Klage auf künftige Leistung), wird auf den sich aus § 292 ergebenden Haftungsstandard (s.u. Rn 4) nur selten zurückgegriffen werden müssen; die praktische Bedeutung der Vorschrift ist daher gering (Jauernig/Stadler § 292 Rz 1). Sie folgt va aus der Verweisungskette der §§ 819 I, 818 IV (s § 818 Rn 39). Das zu § 291 (s dort Rn 2) erörterte Übergangsproblem stellt sich auch für § 292, jedoch haben sich dessen Rechtsfolgen nicht geändert, so dass hier keine Vergrößerung der praktischen Relevanz eintreten kann.

 

Rn 2

§ 292 umfasst alle schuldrechtlichen Herausgabeansprüche (s BGH NZM 09, 701 [BGH 12.08.2009 - XII ZR 76/08] Rz 21 [Rückgabe der Mietsache; Herausgabe von Nutzungen]) inkl der Bereicherungsansprüche, wie die Verweisung auf die ›allgemeinen Vorschriften‹ in § 818 IV bestätigt (§ 818 Rn 39); für dingliche Herausgabeansprüche existieren hingegen gesonderte Regelungen (etwa §§ 1065, 1227). Die Vorschrift führt zu einer Gleichbehandlung der zwischen Gläubiger und Schuldner eines rechtshängigen Herausgabeanspruchs und zwischen Eigentümer und Besitzer seit Rechtshängigkeit des Eigentumsherausgabeanspruchs bestehenden Rechtsverhältnisse (vgl NK/Schanbacher § 292 Rz 1).

B. Voraussetzungen.

 

Rn 3

§ 292 setzt eine Herausgabeverpflichtung des Schuldners voraus, die sich auf einen – nicht lediglich gattungsmäßig – bestimmten Gegenstand beziehen muss. Als Gegenstand idS gilt all das, was Objekt von Rechten sein kann (Grüneberg/Grüneberg § 292 Rz 2), also neben Sachen und Sachgesamtheiten (BGH LM § 987 Nr 3 [Apotheke]; Staud/Löwisch/Feldmann [2009] § 292 Rz 4, 12) zB auch das Eigentum an einem Grundstück (BGHZ 144, 323, 325 [Rückauflassungsanspruch als Herausgabeverpflichtung]) oder ein Patentrecht (RGZ 62, 320, 321). Je nachdem, um was für einen Gegenstand es sich handelt, fällt auch die Verpflichtung des Schuldners zur Herausgabe unterschiedlich aus: eine gekaufte Sache etwa ist zu übergeben, eine gemietete oder geliehene zurückzugeben, eine Forderung abzutreten. Die Verpflichtung zur Vorlegung von Sachen nach §§ 809, 810 unterfällt dem Begriff der Herausgabe iSv § 292 indes nicht; die Vorschrift findet hierauf keine Anwendung (Staud/Löwisch/Feldmann [2009] § 292 Rz 6).

 

Rn 4

Als weitere Voraussetzung verlangt § 292 den Eintritt der Rechtshängigkeit des Herausgabeanspruchs, der sich nach §§ 261, 253 ZPO beurteilt; für Rückabwicklungsansprüche wegen Insolvenzanfechtung gilt § 292 ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens (BAG BeckRS 14, 68696 Rz 39 f). Im Falle der Verweisung aus § 819 I tritt an die Stelle der Rechtshängigkeit der Zeitpunkt der Kenntnis vom Mangel des rechtlichen Grundes (s § 819 Rn 10).

C. Rechtsfolgen.

 

Rn 5

In der Rechtsfolge erklärt § 292 I kraft ausdrücklicher Verweisung die für das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis ab Rechtshängigkeit unmittelbar geltenden Vorschriften für anwendbar. Das bedeutet konkret, dass der Schuldner wegen einer Verschlechterung, des Untergangs oder einer anderweitigen Unmöglichkeit der Herausgabe unter den Voraussetzungen des § 989 (s § 989 Rn 1 ff) Schadensersatz zu leisten hat. Zudem folgt aus § 292 II eine Haftung des Schuldners für gezogene und schuldhaft nicht gezogene Nutzungen nach Maßgabe des § 987 (s § 987 Rn 2 ff). Ein Verwendungsersatzanspruch des Schuldners, § 292 II, beurteilt sich nach §§ 994 II, 995. Die Verwendungen müssen deshalb notwendig gewesen sein sowie nach den Regeln der GoA im Interesse des Gläubigers gelegen und seinem wirklichen oder mutmaßlichen Willen entsprochen haben (s § 994 Rn 2). Entspr anwendbar sind zudem das Wegnahmerecht des § 997 im Falle nützlicher Verwendungen sowie die aus §§ 1000 ff folgenden Befugnisse (NK/Schanbacher § 292 Rz 10).

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