Gesetzestext

 

(1) 1Der Pflichtteil eines Abkömmlings bestimmt sich, wenn mehrere Abkömmlinge vorhanden sind und unter ihnen im Falle der gesetzlichen Erbfolge eine Zuwendung des Erblassers oder Leistungen der in § 2057a bezeichneten Art zur Ausgleichung zu bringen sein würden, nach demjenigen, was auf den gesetzlichen Erbteil unter Berücksichtigung der Ausgleichungspflichten bei der Teilung entfallen würde. 2Ein Abkömmling, der durch Erbverzicht von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen ist, bleibt bei der Berechnung außer Betracht.

(2) Ist der Pflichtteilsberechtigte Erbe und beträgt der Pflichtteil nach Absatz 1 mehr als der Wert des hinterlassenen Erbteils, so kann der Pflichtteilsberechtigte von den Miterben den Mehrbetrag als Pflichtteil verlangen, auch wenn der hinterlassene Erbteil die Hälfte des gesetzlichen Erbteils erreicht oder übersteigt.

(3) Eine Zuwendung der in § 2050 Abs. 1 bezeichneten Art kann der Erblasser nicht zum Nachteil eines Pflichtteilsberechtigten von der Berücksichtigung ausschließen.

(4) Ist eine nach Absatz 1 zu berücksichtigende Zuwendung zugleich nach § 2315 auf den Pflichtteil anzurechnen, so kommt sie auf diesen nur mit der Hälfte des Wertes zur Anrechnung.

A. Zweck.

 

Rn 1

Die Norm knüpft an die §§ 2050 ff an, die die Ausgleichung von Zuwendungen und Leistungen zwischen Abkömmlingen bei einer Erbauseinandersetzung regeln. § 2316 bestimmt die Auswirkungen der Ausgleichung, die die Erbquoten (§ 1924 ff) verändert, auf den Pflichtteilsanspruch (BGH NJW 93, 1197 [BGH 09.12.1992 - IV ZR 82/92]). Das soll sicherstellen, dass der Berechnung des Pflichtteils der gesetzliche Erbteil in der Gestalt zugrunde gelegt wird, die er im Falle der gesetzlichen Erbfolge unter Berücksichtigung der ›Einwerfungsposten‹ nach den für die Ausgleichungspflicht geltenden Grundsätzen erhält (BGH ZEV 21, 449 [BGH 24.03.2021 - IV ZR 269/20] Rz 16). Anders als die Anrechnung (§ 2315) verringert die Ausgleichung idR nicht die Pflichtteilslast, sondern verschiebt ggf die Pflichtteile (zur Abgrenzung s § 2315 Rn 3). Anderes gilt, wenn von den vorhandenen Abkömmlingen einer sein Pflichtteilsrecht durch Ausschlagung, Entziehung oder Erbunwürdigkeitserklärung verloren hat. Dann erfolgt wie bei § 2310 nur hypothetisch eine Ausgleichung. Entspr gilt umgekehrt beim ausgleichungsberechtigten Pflichtteilsgläubiger. Die (hypothetische) Ausgleichung wirkt sich nur ent- oder belastend auf den Erben als Pflichtteilsschuldner aus. Die Ausgleichung findet nur unter Abkömmlingen statt und beschränkt sich auf den Teil des Nachlasses, der den Abkömmlingen bei gesetzlicher Erbfolge zustünde (MüKo/Lange Rz 1). § 2316 gilt – anders als § 2315 – auch zugunsten und zulasten des pflichtteilsberechtigten (enterbten) Abkömmlings sowie des in Anspruch genommenen alleinerbenden, aber pflichtteilsberechtigten Abkömmlings (BGH NJW 93, 1197 [BGH 09.12.1992 - IV ZR 82/92]; Nürnbg NJW 92, 2303 [OLG Nürnberg 25.02.1992 - 1 U 3542/91]; Cornelius ZEV 05, 286).

B. Ausgleichungspflicht.

 

Rn 2

Es müssen beim Tod des Erblassers mehrere Abkömmlinge vorhanden sein, dh neben dem Pflichtteilsberechtigten mindestens ein weiterer seitenverwandter Abkömmling des Erblassers diesen überlebt haben. Gleichgültig ist, ob der weitere Abkömmling Erbe (BGH NJW 93, 1197 f [BGH 09.12.1992 - IV ZR 82/92]) oder Pflichtteilsberechtigter geworden ist, ob er die Erbschaft ausschlug, auf (nur) den Pflichtteil verzichtete oder dieser ihm entzogen wurde, oder ob er für erbunwürdig erklärt wurde (MüKo/Lange Rz 2 f). Durch Erbverzicht von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossene Abkömmlinge sowie ggf deren Abkömmlinge (vgl § 2349) werden nicht berücksichtigt (I 2; vgl § 2310 2). Gleiches gilt, wenn ein Abkömmling einen vor dem 1.4.98 wirksam gewordenen vorzeitigen Erbausgleich vereinbarte (§ 1934d, f aF; vgl Art 227 I Nr 2 EGBGB).

 

Rn 3

Ferner muss im (ggf hypothetischen) Fall einer gesetzlichen Erbfolge eine Zuwendung (§ 2050) oder Leistung iSv § 2057a des Erblassers auszugleichen sein. Ausstattungen iSv 1624 (zur Zuwendung von Großeltern an Enkelin s Karlsr ZEV 11, 531, 533) als nach § 2050 I zwingende Ausgleichungspflichten kann der Erblasser zum Nachteil eines Pflichtteilsberechtigten ebenso wenig wie Zuwendungen iSv § 2050 II (hM, Erman/Röthel Rz 6; Staud/Otte Rz 9) ausschließen (III). Sonstige Zuwendungen sind nur bei einer Ausgleichungsanordnung des Erblassers, die grds spätestens bis zur Zuwendung deren Empfänger zugehen muss (vgl § 2315 Rn 3 f), ausgleichungspflichtig (Gottwald Rz 6).

C. Berechnung.

 

Rn 4

Zur Ermittlung des Ausgleichungspflichtteils (P) ist ein fiktiver Ausgleichungserbteil zu errechnen (Damrau/Lenz Rz 14). Dazu ist (nur) der auf die ausgleichungspflichtigen Abkömmlinge entfallende Nachlasswert (N) mit sämtlichen ausgleichungspflichtigen Zuwendungen an diese Abkömmlinge (Z) mit ihrem Wert zur Leistungszeit (§ 2055 II) unter Berücksichtigung des Kaufkraftschwundes bis zum Erbfall (Index: § 1374 Rn 13) zu addieren (§ 2055 I 2, II; Staud/Otte Rz 22 f). Der Nachlassteil, der auf den überlebenden Ehegatten entfiele, wir...

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