Rn 9

Bedient sich der Erblasser eines Dritten als Werkzeug zur Vernichtung der Urkunde, so setzt ein wirksamer Widerruf voraus, dass dem Dritten keinerlei Entschluss- oder Handlungsspielraum belassen ist und die Vernichtung zu Lebzeiten des Erblassers erfolgt (München MDR 11, 668). Handelt der Dritte eigenmächtig, so hat dies auf die Wirksamkeit des Testaments ebensowenig Einfluss wie die Unauffindbarkeit der Urkunde (BayObLG NJW-RR 92, 654; 1358; FamRZ 96, 1306). Steht die ordnungsmäßige Errichtung fest, dann kann der Testamentsinhalt ggf mit allen zulässigen Beweismitteln (zB einer Durchschrift) bewiesen werden (Kipp/Coing § 31 II 2). Die Beweislast trägt, wer sich auf einen bestimmten Inhalt beruft (BayObLG Rpfleger 80, 60; 85, 194; FamRZ 86, 1045); hat der Verfahrensgegner die Urkunde vernichtet, finden ggf die Grundsätze der Beweisvereitelung Anwendung. Ein Widerruf liegt nicht bereits darin, dass der Erblasser den vermeintlichen Untergang der Testamentsurkunde (BGH LM Nr 1 zu § 1960) oder die eigenmächtige Vernichtung durch einen Dritten formlos billigt (BGH NJW-RR 90, 516 [BGH 14.02.1990 - IV ZR 286/88]). Er muss vielmehr stets selbst nach §§ 2254, 2258 widerrufen.

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