Rn 20

Befindet sich ein einzelkaufmännisches Unternehmen im Nachlass, geht das vererbliche Handelsgeschäft nach § 1922, die Firma nach § 22 I HGB auf die Miterben als Rechtsträger in gesamthänderischer Verbundenheit über. Die Miterben können das Handelsgeschäft als Kaufleute fortführen, obwohl es ihnen an der eigenen Rechtspersönlichkeit fehlt (RGZ 132, 138). Es kann nach hM in ungeteilter Erbengemeinschaft als werbendes Unternehmen zeitlich unbegrenzt fortgeführt werden (BGH 85, 136; KG FamPrax 99, 27). Solange noch zwei Miterben verbleiben, steht der Fortführung auch das Ausscheiden einzelner Miterben nicht entgegen (KG JW 39, 565). Wird das Unternehmen nur durch einen oder einzelne Miterben fortgeführt, haften die Übrigen nach § 27 I HGB nur, wenn sie zumindest konkludent der Geschäftsführung zugestimmt haben (BGH NJW 60, 959 [BGH 10.02.1960 - V ZR 39/58]). Dagegen ist in der Übernahme des Geschäfts durch einen Miterben mit Zustimmung der übrigen eine Teilauseinandersetzung mit Zuweisung des Geschäfts an den Miterben zu sehen (Staud/Löhnig § 2032 Rz 20).

 

Rn 21

Die Erbengemeinschaft kann in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit als Kaufmann im Handelsregister eingetragen werden (KG KGJ 15, 6). Sie muss nach § 31 I Alt 2 HGB die Unternehmensträgerschaft im Handelsregister eintragen lassen und, wenn sie eine neue Firma wählt, diese durch einen Zusatz anpassen, aus dem sich die Unternehmensträgerschaft ergibt, § 19 II HGB (NK-BGB/Ann § 2032 Rz 18). Die Miterben können das Geschäft auch unter der alten Firma mit oder ohne Nachfolgezusatz fortführen, nicht aber mit einem bereits bestehenden Inhabervermerk (Hamm RPfleger 86, 18).

 

Rn 22

Im Innenverhältnis können die Rechtssätze der OHG auf ihre Rechtsbeziehungen untereinander angewendet werden (BGHZ 17, 299). Da die Unternehmensfortführung der Gemeinschaftsverwaltung nach § 2038 unterliegt, muss die Entscheidung einstimmig von allen Miterben getroffen werden. Hat allerdings der Erblasser die Firmenfortführung unter Lebenden oder letztwillig untersagt, ist sie nicht zulässig.

 

Rn 23

Wird der Prokurist ein Miterbe, erlischt seine Prokura (BGH NJW 59, 2114 [BGH 24.09.1959 - II ZR 46/59]); iÜ kann ein Miterbe nicht zum Prokuristen bestellt werden (KG JW 39, 565), die Erteilung einer Vollmacht ist aber möglich.

 

Rn 24

Die Beteiligung einer Erbengemeinschaft als solcher an einer OHG oder KG ist nicht möglich (BGHZ 22, 192).

 

Rn 25

Die Miterben haften für die aus dem Betrieb eines einzelkaufmännischen Unternehmens stammenden Verbindlichkeiten nicht nur erbrechtlich nach den §§ 2058, 2059, sondern auch handelsrechtlich, wobei eine Beschränkung nach § 2059 I nicht möglich ist (allg Ansicht, GK-HGB/Hüffer § 27 Rz 37). Eine Beschränkung der Haftung auf den Nachlass kann nur durch Vereinbarung mit dem Vertragspartner erreicht werden (Frankf BB 75, 1319 [OLG Frankfurt am Main 19.12.1974 - 5 U 81/74]). Für von den Miterben begründete Neuschulden haften die Miterben nach allgemeinen Vorschriften persönlich und unbeschränkt mit ihrem ganzen Vermögen, § 128 HGB (KG JW 37, 2599). Entspr gilt für die Altschulden (vgl Rn 21). Die unbeschränkte Haftung kann nur nach § 27 II HGB vermieden werden, indem sie innerhalb der Dreimonatsfrist des § 27 II HGB ihre Geschäftstätigkeit einstellen, dh keine nach außen gerichtete unternehmerische Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht mehr entfalten, so bei Veräußerung, Vermietung, Verpachtung oder Stilllegung (MüKo/Lieb § 27 HGB Rz 52; aA RGZ 56, 196). Dies gilt nicht bei Abwicklungstätigkeiten. Teilstilllegungen müssen den ›wesentlichen Teil‹ des Unternehmens einschließen (NK-BGB/Ann § 2032 Rz 21).

 

Rn 26

Besteht die Erbengemeinschaft aus minderjährigen Kindern und ihren Eltern, haften auch die Kinder als Mitinhaber für die Verbindlichkeiten, die ihre Eltern als ihre gesetzlichen Vertreter unter der Firma des fortgeführten Unternehmens eingegangen sind (Grüneberg/Weidlich § 2032 Rz 6). Allerdings können die Kinder nach Eintritt der Volljährigkeit ihre Haftung nach §§ 1629a, 1793 II für Verbindlichkeiten, die während ihrer Minderjährigkeit aufgrund des Erwerbs von Todes wegen entstanden sind, auf den Bestand ihres Vermögens zu diesem Zeitpunkt beschränken (Bittner FamRZ 00, 325). Verlangt der nunmehr Volljährige nicht innerhalb von 3 Monaten die Auseinandersetzung, wird nach § 1629a IV vermutet, dass die Verbindlichkeiten erst nach Vollendung seines 18. Lebensjahres entstanden sind (MüKo/Gergen § 2032 Rz 44). Da es sich lediglich um eine Vermutung handelt, kann der Volljährige mit geeigneten Beweisen das Gegenteil nachweisen. Beruft sich der volljährig gewordene Miterbe innerhalb der Frist auf die Haftungsbeschränkung, gelten nach § 1629a I die §§ 1990, 1991 über die Beschränkung der Erbenhaftung entsprechend.

 

Rn 27

Werden nachlasszugehörige Unternehmungen über die Auseinandersetzung hinaus fortgeführt, ist dies nur in den Gesellschaftsformen des Handelsrechts möglich (NK-BGB/Ann § 2032 Rz 22).

 

Rn 28

Die Umwandlung des einzelkaufmännischen Handelsgeschäfts ...

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