Rn 9

Ein Schaden ist entstanden, wenn sich die Vermögenslage des Betroffenen durch die Schädigung im Vergleich zu seinem früheren Vermögensstand objektiv verschlechtert hat. Dafür genügt es, dass der Schaden dem Grunde nach erwachsen ist, mag auch seine Höhe noch nicht beziffert werden können (BGH 10.7.14 – IX ZR 197/12 Rz 8). Es muss nicht feststehen, dass die Vermögenseinbuße endgültig wird. Ein Schadensersatzanspruch entsteht regelmäßig schon mit dem Eintritt des ersten (Teil-)Schadens, weil dann seine Tatbestandsmerkmale vollständig verwirklicht sind und umfasst alle durch die Schädigungshandlung vorhersehbar verursachten nachfolgenden Schäden (BGH NJW 19, 1953 [BGH 07.03.2019 - III ZR 117/18] Rz 33: zum Amtshaftungsanspruch). Daher reicht es aus, dass ein endgültiger Teilschaden entstanden ist, der im Wege der Feststellungs- (dazu BGH 26.7.18 – I ZR 274/16) oder Stufenklage geltend gemacht werden kann (BGH NJW 22, 3347 [BGH 19.05.2022 - VII ZR 149/21] Rz 28; 17, 2189 Rz 17: zur Aufklärungspflichtverletzung), und mit weiteren adäquat verursachten Nachteilen gerechnet werden muss (BGHZ 114, 150, 152 f; 8.11.16 – VI ZR 200/15 Rz 15, 18; BGH NJW 18, 2056 [BGH 22.02.2018 - VII ZR 253/16] Rz 18; 15, 1007 Rz 12: zum Verzugsschaden; 2190 Rz 20: zum Steuerschaden; 11, 1594 Rz 10 f: zur Erhebung einer aussichtslosen Klage und anschließenden Einlegung eines Rechtsmittels; zu vorgerichtlichen RA-Kosten BGH 15.12.22 – VII ZR 523/21 Rz 29; sog Prinzip der Schadenseinheit). Die Unkenntnis des Schadens und damit des Ersatzanspruchs hindert den Beginn der Verjährung nicht. Der für den Verjährungsbeginn maßgebliche Eintritt eines Schadens setzt regelmäßig voraus, dass es zu einer konkreten Verschlechterung der Vermögenslage des Gläubigers gekommen ist (BGH NJW 19, 2461 [BGH 21.05.2019 - II ZR 340/18] Rz 14). Daran fehlt es, solange nur das Risiko eines Vermögensnachteils besteht, dh bei der gebotenen wertenden Betrachtung allenfalls eine Vermögensgefährdung vorliegt, ein Schaden also objektiv noch nicht vorhersehbar ist (BGH NJW 09, 685 [BGH 16.10.2008 - IX ZR 135/07] Rz 12; NJW-RR 13, 1212 [BGH 25.04.2013 - IX ZR 65/12] Rz 10). Die Möglichkeit, auch auf Feststellung einer Pflicht zur Leistung künftigen Schadensersatzes zu klagen, bestimmt nicht den Zeitpunkt der Schadensentstehung (BGH NJW 92, 2766, 2267 [BGH 02.07.1992 - IX ZR 268/91]). Anwendbar ist das Prinzip nur für einheitliche Schädigungshandlungen, auch wenn daraus verschiedene Vermögensnachteile entstehen (BGH NJW 08, 291 [BGH 14.06.2007 - I ZR 50/05] Rz 7), nicht jedoch bei Schäden aus wiederholten Handlungen (BGH NJW 08, 506 [BGH 09.11.2007 - V ZR 25/07] Rz 15 ff): Unterläuft zB einem Steuerberater in Folge der Jährlichkeit von Steuererklärungen mehrmals der gleiche Fehler, so handelt es sich um eine Fehlerwiederholung, die jeweils eine eigene haftungsausfüllende Kausalität in Gang setzt und einen eigenen Schaden in Gestalt ungünstiger Steuerbescheide bewirkt (BGH NJW-RR 13, 113 [BGH 15.11.2012 - IX ZR 184/09] Rz 7; zu mehreren Beratungs- oder Aufklärungsfehlern, die in demselben Schaden münden, 11, 842 Rz 14; NJW 12, 2113 [BGH 15.02.2012 - IV ZR 194/09] Rz 30; 10.7.13 – IV ZR 88/11 Rz 12; 17.6.16 – V ZR 134/15 Rz 8); der auf eine fehlerhafte Beratung gestützter Schadensersatzanspruch unterliegt daher einer eigenständigen Verjährung (Rn 14 aE). Die Verjährung mehrerer eigenständiger und hinreichend deutlich voneinander abgrenzbarer Pflichtverletzungsvorwürfe ist materiell-rechtlich selbstständig zu beurteilen (BGH 19.10.17 – III ZR 565/16 Rz 40: zur Anlagenberatung; BGH NJW 17, 949 [BGH 08.11.2016 - VI ZR 594/15] Rz 10: zu ärztlichen Fehlern). Auch darf das Prinzip der Schadenseinheit nicht auf Aufwendungsersatzansprüche (§§ 683, 670) erstreckt werden (BGH NJW 18, 2714 [BGH 05.07.2018 - III ZR 273/16] Rz 27). Zur vormaligen sog Sekundärhaftung vgl § 194 Rn 11.

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