Rn 1

§ 1816 ersetzt § 1897 I u III–VI aF. Die Inhalte von § 1897 VII u VIII aF sind in das neue Betreuungsorganisationsgesetz (BtOG) verschoben worden. Der Inhalt von § 1897 II aF findet sich nunmehr in § 1819 III. Die Norm regelt die Eignung und Auswahl des Betreuers und stellt Grundsätze dazu auf, wer zum Betreuer bestellt werden soll (I-V) und welche Personen von diesem Amt ausgeschlossen sind (VI). Es gilt der Vorrang der Einzelbetreuung durch eine natürliche Person. Entscheidend für die Auswahl des Betreuers ist seine Eignung zur Betreuung (I), daneben sind aber auch die Wünsche des Betroffenen in besonderer Weise bei der Auswahl des Betreuers zu berücksichtigen (II) sowie die verwandtschaftlichen und sonstigen Bindungen des Betroffenen (III u IV). Schließlich soll ein Berufsbetreuer nur dann bestellt werden, wenn kein ehrenamtlicher Betreuer zur Verfügung steht (V). Dem BtG obliegt für den konkreten Fall die Gewichtung der einzelnen Kriterien (BayObLG FamRZ 04, 1600). Die Norm findet entspr Anwendung bei der Verlängerung einer Betreuung (Zweibr BtPrax 02, 87; BGH FamRZ 17, 748).

 

Rn 2

Der Grundsatz der Einzelbetreuung schließt nicht aus, dass für einen Betroffenen auch mehrere Betreuer bestellt werden können (§ 1817). Der Vorrang der Einzelbetreuung ist auch dann gewahrt, wenn Mitarbeiter von Betreuungsvereinen und Behörden persönlich als Einzelbetreuer bestellt werden (§ 1819 III). Wenn dies nicht möglich ist oder die Betreuung durch eine einzelne natürliche Person nicht sinnvoll ist bzw der Betroffene dies wünscht, so kann auch der Verein als solcher und subsidiär dazu die Betreuungsbehörde bestellt werden (§ 1818 I 1, IV 1). Die Bestellung mehrerer Betreuer soll nur erfolgen, wenn die Angelegenheiten des Betreuten dann besser besorgt werden können (§ 1817 I).

 

Rn 3

Entscheidend für die Auswahl des Betreuers ist die Eignung der als Betreuer vorgesehenen Person. Die Beurteilung der Eignung und die Auswahl zwischen mehreren geeigneten Personen liegen idR im Ermessen des BtG und ist eine Gesamtabwägung der für und gegen die Bestellung einer bestimmten Person sprechenden fachlichen und persönlichen Gesichtspunkte (KG FamRZ 06, 889; 09, 910; BGH FamRZ 15, 2165; 18, 206; 19, 1004; 20, 1121 21, 797). Für die Beurteilung der persönlichen Eignung (unbestimmter Rechtsbegriff) und Zuverlässigkeit (§§ 21 und 23 BtOG) ist es ausschlaggebend, ob der Betreuer in der Lage ist, die Angelegenheiten des Betreuten, in dem ihm übertragenen Wirkungskreis zu besorgen (BGH FamRZ 18, 206; 21, 797 mwN). Bei der Feststellung der Eignung durch das BtG handelt es sich um eine Prognose, ob die als Betreuer vorgesehene Person die Betreuung so zu führen in der Lage sein wird, wie es den Vorgaben nach § 1821 entspricht, dh, es kommt auf die Fähigkeit an, die Wünsche und den mutmaßlichen Willen des Betreuten zu ermitteln und adäquat umzusetzen. Absolut ungeeignet sind in jedem Fall wegen der Notwendigkeit der gesetzlichen Vertretung (§ 1823) des Betreuten geschäftsunfähige Personen. Gleiches soll nach hM (Grüneberg/Götz § 1816 Rz 2; aA für bestimmte Fallkonstellationen Jurgeleit/Jurgeleit § 1897 aF Rz 6) für beschränkt geschäftsfähige Minderjährige und Personen, die selbst unter Betreuung stehen, gelten. Auch die in VI 1 aufgezählten Personengruppen dürfen nicht zum Betreuer bestellt werden, soweit nicht eine Ausnahme nach VI 2 vorliegt. Über die in VI 1 aufgezählten typischen Abhängigkeitsverhältnisse hinaus muss entspr gelten, wenn der Ehegatte des in Aussicht genommenen Betreuers in einem derartigen Verhältnis steht (Ddorf FamRZ 94, 1416). Ungeeignet sind idR ferner Personen, die aufgrund der räumlichen Entfernung (Hambg BtPrax 94, 138) oder wegen Zeitmangels und Arbeitsüberlastung (BayObLG BtPrax 03, 270) den erforderlichen persönlichen Kontakt zum Betroffenen nicht oder nicht oft genug herstellen können, wobei die Einzelfallbeurteilung ausschlaggebend ist (Köln FamRZ 95, 1235). Auch Personen, bei denen Interessenkonflikte zum Betroffenen bestehen, sollen nicht zum Betreuer bestellt werden. Wobei nahe Verwandte als potenzielle Erben des Betreuten nicht von vornherein als Betreuer ungeeignet seien müssen (Jürgens/Jürgens § 1897 aF Rz 13; München FamRZ 08, 1115). Auch die ablehnende Haltung eines Angehörigen zu lebensverlängernden Maßnahmen führt nicht notwendig zu dessen Ungeeignetheit als Betreuer (Frankf BtPrax 07, 91). Der Interessenkonflikt muss anhand konkreter Tatsachen festgestellt werden und so schwer sein, dass das Wohl des Betroffenen erheblich gefährdet ist (Schlesw FamRZ 05, 1860; München FamRZ 08, 1115). Lediglich geringe mögliche Interessenkonflikte zwischen Betreuer und Betreuten indizieren idR noch nicht dessen Ungeeignetheit und dürfen kein Grund sein, die vom Betroffenen als Betreuer gewünschte Person zu übergehen (KG FamRZ 95, 1442). Die Kriterien für die Auswahl des Betreuers gelten auch, wenn im Zusammenhang mit der Entscheidung über die Verlängerung einer bestehenden Betreuung über einen Betreuerwechsel (BGH FamRZ 18...

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