Gesetzestext

 

(1) Das Betreuungsgericht bestellt einen anerkannten Betreuungsverein zum Betreuer, wenn der Volljährige dies wünscht, oder wenn er durch eine oder mehrere natürliche Personen nicht hinreichend betreut werden kann. Die Bestellung bedarf der Einwilligung des Betreuungsvereins.

(2) Der Betreuungsverein überträgt die Wahrnehmung der Betreuung einzelnen Personen. Vorschlägen des Volljährigen hat er hierbei zu entsprechen, wenn nicht wichtige Gründe entgegenstehen. Der Betreuungsverein teilt dem Betreuungsgericht alsbald, spätestens binnen zwei Wochen nach seiner Bestellung, mit, wen er die Wahrnehmung der Betreuung übertragen hat. Die Sätze 2 und 3 gelten bei einem Wechsel der Person, die die Betreuung für den Betreuungsverein wahrnimmt, entsprechend.

(3) Werden dem Betreuungsverein Umstände bekannt, aus denen sich ergibt, dass der Volljährige durch eine oder mehrere natürliche Personen hinreichend betreut werden kann, so hat er dies dem Betreuungsgericht mitzuteilen.

(4) Kann der Volljährige weder durch eine oder mehrere natürliche Personen noch durch einen Betreuungsverein hinreichend betreut werden, so bestellt das Betreuungsgericht die zuständige Betreuungsbehörde zum Betreuer. Die Absätze 2 und 3 gelten entsprechend.

(5) Die Entscheidung über die Einwilligung in eine Sterilisation darf weder einem Betreuungsverein noch einer Betreuungsbehörde übertragen werden.

A. Betreuung durch eine juristische Person.

 

Rn 1

Normzweck. § 1818 übernimmt § 1900 aF mit nur geringfügigen Änderungen. Es gilt wie bisher der Nachrang der Vereinsbetreuung. Kann der Betroffene durch eine (oder mehrere) natürliche Personen nicht hinreichend betreut werden, so hat das Gericht vorrangig einen anerkannten Betreuungsverein, subsidiär die zuständige Betreuungsbehörde, zum Betreuer zu bestellen (idR am gewöhnlichen Aufenthaltsort des Betroffenen: Hambg BtPrax 94, 138). Dies soll im Hinblick auf das verstärkt zu beachtende Selbstbestimmungsrecht von Personen, die eine Betreuung benötigen, als weitere Ausnahme nunmehr auch dann gelten, wenn der Volljährige dies wünscht. Es soll dem Betroffenen ermöglichen, wenn keine Anghörigen oder Personen im sozialen Umfeld vorhanden sind, in einer Betreuungsverfügung auch einen Betreuungsverein zu benennen (BTDrs 19/24445, 242 f). Die Ermittlung des Wunsches des Volljährigen erfolgt nach den Grundsätzen des § 1816 II 1 u 2.

B. Vereinsbetreuung.

 

Rn 2

Der Verein darf nur zum Betreuer bestellt werden, wenn entweder der Volljährige dies wünscht oder die Betreuung des Betroffenen durch natürliche Personen nicht hinreichend wahrgenommen werden kann, sei es, dass keine geeignete natürliche Person gefunden werden kann, die bereit und in der Lage wäre, die Betreuung zu übernehmen oder weil für den konkreten Fall die Betreuung des Betroffenen durch eine oder mehrere Personen nicht sinnvoll ist (I). Möglich ist dies zB, wenn so zunächst herausgefunden werden soll, welcher Vereinsmitarbeiter die Betreuung übernehmen soll oder wenn der Betreute wegen seines Krankheitsbildes unfähig ist, eine Vertrauensbeziehung zu Einzelpersonen aufzubauen (Jürgens/Jürgens § 1900 aF Rz 2). Nur ein anerkannter Betreuungsverein kann zum Betreuer bestellt werden. Für die Einwilligung in eine Sterilisation (V) ist die Bestellung eines Vereins oder der Behörde als Betreuer ausgeschlossen, da hier dem Vorhandensein eines Einzelbetreuers als Ansprechpartner für den Betreuten eine besondere Bedeutung zukommt (vgl § 1817 Rn 5). Der Betreuungsverein muss sich außerdem zur Übernahme der Betreuung bereit erklären (I 2). Die Einwilligung ist an keine bestimmte Form gebunden (Soergel/Zimmermann § 1900 aF Rz 6). Verweigert er die Bestellung, muss entweder ein anderer Betreuungsverein gesucht werden oder es ist die zuständige Betreuungsbehörde zu bestellen (Staud/Bienwald § 1900 aF Rz 26). Zur Durchführung der Betreuung überträgt der Verein die Wahrnehmung intern auf einzelne Mitarbeiter (II). Die Auswahl der einzelnen Personen obliegt den satzungsgemäß zuständigen Organen des Vereins (MüKo/Schwab § 1900 aF Rz 6). Stehen keine wichtigen Gründe entgegen, hat der Verein Vorschlägen des Betreuten dazu, wer innerhalb des Vereins die Betreuungsaufgaben wahrnehmen soll, zu folgen (II 2). Die konkret ausgewählte Person ist dem Gericht alsbald nach Übertragung der Betreuung (II 2) zu benennen.

C. Behördenbetreuung (IV).

 

Rn 3

Nur ausnahmsweise, wenn der Betroffene weder durch eine natürliche Person noch durch einen anerkannten Betreuungsverein hinreichend betreut werden kann, ist die Bestellung der zuständigen Behörde als Betreuer zulässig (Hambg BtPrax 94, 138; LG Hamburg FamRZ 20, 1773). Dies ist auch jeweils bei Verlängerung der Betreuung erneut zu prüfen (Staud/Bienwald § 1900 aF Rz 26). Da es sich hier um einen Auffangtatbestand handelt, der für den Fall eines quantitativen oder qualitativen Mangels an anderen Betreuern gedacht ist (BayObLG FamRZ 93, 1248), um sicherzustellen, dass in jedem Fall eine qualifizierte Betreuung gewährleistet ist, ist eine Zustimmung der Behörde zur Übernahme der Betreuung nicht erforderlich (MüKo/Schwab § 1900 aF Rz 1...

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